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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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Axt über der Schulter, ans Feuer und stand bei ihnen und wärmte sich.
    Es hielt aber eine Magd, die vorbeikam, und sagte zu ihm: ›Woher kenne ich dich?‹
    Und er zog die Hände zurück vom Feuer, rieb sie und hielt sie nochmals hin. Und antwortete ihr:
    ›Ich kenne dich nicht.‹
    Und sie sagte: ›Gehörst du nicht zum Brandstifter, nach dem sie suchen?‹
    Joseph aber antwortete: ›Ich kenne ihn nicht.‹
    Da sprach einer der Diener zur Magd: ›Weißt du es nicht? Den sucht man nicht mehr. Mitverbrannt soll er sein, der Kerl, als er legte die Feuer.‹
    Und die Magd sah Joseph scharf an: ›Ich kenn dich woher.‹
    Joseph aber nahm langsam die Axt von der Schulter, die war schwer ihm geworden.
    Da sprach sie: ›Warte, mir fällt’s noch ein.‹
    Als Joseph aber zurückging zum Baum, aufzunehmen die Arbeit, rief sie ihm nach:
    ›Woher kommst du?‹
    Er aber tat, als habe er’s nicht gehört, trat auf die andere Seite des Baums und schlug in die Kerbe.
    Und der, den er abgelöst hatte, kehrte zum Kohlenfeuer und hörte die Magd, die nachrief dem Joseph:
    ›Nun sag schon, woher stammst du?‹
    Da trat ans Feuer, wo Joseph gestanden, der, den er abgelöst hatte, und sprach zur Magd grinsend: ›Wärm ihm das Lager, dann zeigt er dir seinen Stamm.‹
    Und unterm Gelächter der Diener zog sie davon. Joseph aber ahnte, daß die Magd wiederkäme und es nicht würde ruhen lassen.
    Und als er im Wechsel mit anderen schlug die Axt in den Baum, blies ein Wind durch die Krone und trug den Schlag ihrer Äxte weithin über die Trümmer. Denn nichts stand hier mehr, nur noch der Baum. Und das Maß der Zerstörung war sichtbar noch in der Nacht. Denn es fachte der Wind, wo er strich, Glut, daß sie aufglühte zundrig aus dem Dunkel der Flur, aus dem Spiegel der Felder ringsum, als hätte sternenglühender Nachthimmel sich darin vergraben.
    ›Sie wird es nicht ruhen lassen‹, sprach Joseph bei sich, als der Wind unruhig das Laub in der Krone bewegte, hierhin fuhr, dorthin. ›Denn sie hat mich gesehen, die Magd. Und mit jedem Schlag der Axt, den sie hört, den der Wind weithin trägt, wird sie der Erinnerung näher rücken.
    Denn mit dem Schlag der Axt hab ich losgeschlagen den Sklaven. Der hing am Baum, als sie mich schlagen sah, damals. Und mit dem Schlag der Axt auch geschlagen den Aufseher. Der stürmte her auf mich, als sie mich schlagen sah jenen Schlag, der schlug in die Kehle.
    Und nicht wird sie ruhen, solange der Wind nicht ruht und die Schläge noch trägt dieser Axt. Denn sah sie mich nicht mit der Axt stehen am Feuer, stehen beim Baum und zuschlagen mit der Axt meinen Schlag?‹
    Da wälzte der Wind sich groß durch die Blätter des Baums, sie hochhin durchwirbelnd letztmals.
    Und ausrufend laut, die Äxte abziehend unterm Ächzen des Baums, traten Joseph und die anderen Arbeiter zur Seite.
    Da brach herab in Richtung zur Mauer, tosend an ihnen vorbei – wie Flügelschlag tosenden Schwarms – der Baum. Und donnerte zu Boden im Fall, daß Wind, von der Mauer zurückgestoßen, über die Kohlen des Beckens hinfuhr. Und sie auffachten hell, feuerten hell, sprühende Augenpracht.
    Danach aber ließ der Hauptmann lagern die Arbeiter und versprach ihnen Bezahlung und Arbeit für morgen.
    Joseph aber setzte die Axt in den Stumpf und ging längs des Baums, als bräche er sich noch Zweige und Laub für sein Lager.
    Und stieg über den unteren Ast hinweg des Gefällten, daran der gepeitschte Sklave gehangen. Und im Überschritt trat hinein in den Baum.
    Da ging er bald voran zwischen breiteren Ästen, stieg auf manchen dahin wie auf laubverhangenen Stegen, sich haltend an Zweigen, die seilgleich führten, nachgaben auch, wo er hindrang durch sie. Und allesamt waren sie warm noch vom Feuer, und an Stellen gloste das Laub. Bis er trat in die Tiefe des Kronlaubs, darin ihn niemand mehr sah.
    Denn auch er sah hier nicht mehr hinaus, sah keines der Lichter, die er zuvor gesehen.
    Und trotz der Not kam ihn an eine Freude. Die war, wie Kinder empfinden, die vorwärts sich tasten, tiefer und höher, steigend auf Ästen, die sicher sie halten.
    Denn er wollte sich hintasten an einen Ort, wo er vorläufig sicher wäre, wo Äste und Laub den Mann überwölbten, Schutz gäben Joseph vor Kälte der Nacht. Und glaubte zu hören, je tiefer er stieg, das Flüstern der Säfte des Baums, die von der Wurzel getrennt sich zu retten suchten, unruhig sich sammelnd, wohin ihnen Joseph folgte.
    Und da er sich nachtastete ins Innerste hin

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