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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mich um und rannte los. Die Objektivtasche knallte gegen mein Bein, und jeder Schlag schien zu rufen: Wach auf! Wach auf! Weg hier! Weg hier! Ich riss die Wagentür auf und hörte das leise Klingeln, mit dem angezeigt wird, dass man den Schlüssel im Zündschloss hat stecken lassen. Mir fiel ein alter Film ein, in dem William Powell und Myrna Loy an der Rezeption eines vornehmen Hotels stehen und Powell auf die Klingel drückt, damit jemand kommt. Schon komisch, was einem in solchen Augenblicken durch den Kopf schießt. Auch in unserem Kopf gibt es ein Tor, davon bin ich fest überzeugt. Ein Tor, das verhindert, dass der Wahnsinn in uns den Intellekt überflutet. In kritischen Momenten öffnet es sich, und dann braust die seltsamste Scheiße durch die Bresche.
    Ich ließ den Motor an und drehte das Radio auf, richtig laut. Rockmusik röhrte aus den Lautsprechern. The Who, das weiß ich noch. Und dass ich die Scheinwerfer anwarf. Als sie aufstrahlten, schienen mir die Steine richtig entgegenzuspringen . Ich hätte fast losgeschrien. Aber es waren acht, ich habe sie gezählt, und acht ist sicher.
    [Wieder langes Schweigen, das fast eine Minute dauert.]
    Meine nächste Erinnerung ist, dass ich auf der Route 117 war. Keine Ahnung, wie ich hinkam. Habe ich gewendet, oder bin ich rückwärts raus? Auch wie lange es gedauert hat, weiß ich nicht. Nur dass das Stück von den Who vorbei war und inzwischen die Doors liefen. Gott steh mir bei, es war ausgerechnet »Break On Through to the Other Side«. Ich schaltete das Radio ab.
    Ich glaube nicht, dass ich Ihnen noch mehr erzählen kann, Doc. Zumindest heute nicht. Ich bin total geschafft.
    [Man sieht es ihm an.]
    [NÄCHSTE SITZUNG]
     
    Eigentlich dachte ich, dass sich die Wirkung dieses Ortes auf der Fahrt verflüchtigt – ein schlechter Moment im Wald, nichts weiter. Dass alles wieder in Ordnung sein wird, sobald im Wohnzimmer die Lichter brennen und ich vor dem Fernseher sitze. Aber so war es nicht. Wenn überhaupt, dann verstärkte sich noch diese böse Ahnung, fast ein anderes Universum berührt zu haben, das unserer Welt feindlich gesinnt ist. Ich konnte die Vorstellung nicht abschütteln, dass ich in diesem Steinkreis ein Gesicht erblickt hatte – schlimmer noch, die Ahnung eines riesigen reptilartigen Körpers. Ich hatte das Gefühl … mich angesteckt zu haben. Angesteckt von den eigenen Gedanken. Und das Gefühl, dass von mir eine Gefahr ausging – als könnte ich allein durch meine Gedanken dieses Wesen heraufbeschwören. Allerdings nicht als einziges. Dieser ganze andere Kosmos würde zu uns durchbrechen wie Erbrochenes durch den durchweichten Boden einer Papiertüte.
    Ich ging durchs Haus und verriegelte alle Türen. Plötzlich packte mich die Vorstellung, dass ich ein oder zwei vergessen hatte, und so prüfte ich alle nach. Diesmal zählte ich: Eingang, Hintertür, Speisekammer, Keller, Garage vorn und hinten. Sechs insgesamt, und mir fiel ein, dass sechs eine gute Zahl war. So wie acht eine gute Zahl ist. Es sind freundliche Zahlen. Warm. Nicht kalt wie fünf oder … na ja, sieben. Ich entspannte mich ein bisschen, machte aber trotzdem nochmal einen Rundgang. Immer noch sechs. »Sechs ist fix«, murmelte ich vor mich hin. Einigermaßen beruhigt ging ich zu Bett, aber ich konnte nicht schlafen. Nicht mal mit einer Ambien-Tablette. Ständig sah ich den Sonnenuntergang über dem Androscoggin vor mir, der den Fluss in eine riesige rote Schlange verwandelte. Die Nebelschwaden, die sich wie Zungen aus dem Gras erhoben. Und das Wesen zwischen den Steinen. Das vor allem.
    Ich stand auf und zählte alle Bücher im Schlafzimmerregal. Es waren dreiundneunzig. Das ist eine schlechte Zahl, und nicht nur weil sie ungerade ist. Wenn man dreiundneunzig durch drei teilt, erhält man einunddreißig: rückwärts gelesen, dreizehn. Also holte ich ein zusätzliches Buch aus dem Regal im Flur. Aber vierundneunzig ist nicht viel besser, weil neun und vier zusammen wieder dreizehn ergeben. Doc, Sie haben ja keine Ahnung, wie häufig man in der Welt auf die Dreizehn stößt. Auf jeden Fall stellte ich sechs weitere Bücher in das Schlafzimmerregal. Ich musste sie hineinquetschen, aber dann waren sie drin. Hundert ist okay. Sehr gut sogar.
    Als ich mich wieder hinlegen wollte, fiel mir das Bücherregal im Flur ein. Hatte ich vielleicht, um ein Loch zu stopfen, ein anderes aufgerissen? Also kontrollierte ich es, und das Ergebnis war in Ordnung: sechsundfünfzig. Die Quersumme elf ist

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