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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gehabt. Die eine, die ich unter meinem Sofa erspähte, war Punch. Judy war nirgends zu finden, aber Punch genügte mir. Diese schwarzen Augen, die mich zwischen den Wollmäusen hervor anstarrten, weckten in mir ein schrecklich flaues Gefühl der Verzweiflung. Ich angelte die Puppe heraus und hasste den Staubstreifen, den sie hinterließ. Ein Ding, das eine Spur hinterlässt, ist ein reales Ding, ein Ding mit Gewicht. Gar keine Frage.
    Ich legte Punch und die restlichen Sachen in den kleinen Besenschrank gleich neben der Kochnische, und dort blieben sie. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob sie das tun würden, aber sie taten es.
     
    Meine Mutter hat einmal behauptet, wenn ein Mann sich den Hintern abwische und Blut am Klopapier sehe, würde er die folgenden dreißig Tage lang im Dunkeln scheißen und das Beste hoffen. Sie benutzte dieses Beispiel, um ihre Überzeugung zu untermauern, der Eckstein männlicher Philosophie sei: »Ignoriert man etwas, gibt es sich vielleicht von selbst.«
    Ich ignorierte die Dinge, die ich in meiner Wohnung gefunden hatte, ich hoffte aufs Beste, und die Situation besserte sich tatsächlich etwas. Ich hörte die im Besenschrank flüsternden Stimmen kaum noch (außer spätnachts), tendierte jedoch mehr und mehr dazu, meine Recherchen außer Haus anzustellen. Bis Mitte November verbrachte ich meine Tage meistens in der New York Public Library. Ich bin mir sicher, dass die Löwen sich daran gewöhnten, mich dort mit meinem PowerBook zu sehen.
    Dann, kurz vor Thanksgiving, ging ich eines Tages aus dem Haus und begegnete Paula Robeson – der holden Maid, die ich durch Drücken des Neustartknopfs ihres Airconditioners gerettet hatte -, als sie eben hereinkam.
    Ohne die geringste vorherige Überlegung – hätte ich Zeit gehabt, darüber nachzudenken, hätte ich bestimmt kein Wort herausgebracht – fragte ich sie, ob ich sie zum Mittagessen einladen und etwas mit ihr besprechen könne.
    »In Wahrheit«, sagte ich, »habe ich ein Problem. Vielleicht könnten Sie meinen Neustartknopf drücken.«
    Wir standen in der Eingangshalle. Der Portier Pedro saß in der Ecke und las die Post (und belauschte ganz sicher jedes Wort – tagsüber lieferten seine Hausbewohner ihm die interessantesten Dramen). Sie bedachte mich mit einem Lächeln, das freundlich und nervös zugleich war. »Ich schulde Ihnen einen Gefallen, glaube ich«, sagte sie, »aber … Sie wissen, dass ich verheiratet bin, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte ich, ohne hinzuzufügen, dass sie mir die falsche Hand gegeben hatte, damit mir der Ring kaum hatte entgehen können.
    Sie nickte. »Klar, Sie müssen uns ein paarmal miteinander gesehen haben, aber er war in Europa, als ich all diese Probleme mit dem Airconditioner hatte, und er ist jetzt wieder in Europa. Edward, so heißt er. In den letzten zwei Jahren ist er mehr in Europa als hier gewesen, und obwohl mir das nicht gefällt, bin ich trotzdem sehr verheiratet.« Dann fügte sie hinzu, als wäre ihr das nachträglich eingefallen: »Edward ist im Import-Export-Geschäft.«
    Ich war in der Versicherungsbranche, aber dann ist die Firma eines Tages explodiert, lag es mir auf der Zunge. Zuletzt brachte ich doch etwas heraus, das ein wenig vernünftiger klang.
    »Ich will nicht mit Ihnen anbändeln, Ms. Robeson.« Genauso wenig, wie ich es darauf anlegte, dass wir uns mit Vornamen ansprachen, und war das eine Spur von Enttäuschung, die ich in ihrem Blick sah? Bei Gott, das glaubte ich wirklich. Aber wenigstens überzeugte sie das. Ich war weiterhin ungefährlich .
    Sie stemmte die Arme in die Hüften und musterte mich mit gespielter Verzweiflung. Oder vielleicht mit nicht so sehr gespielter. »Schön, was wollen Sie also?«
    »Nur jemanden, mit dem ich reden kann. Ich hab’s bei mehreren Seelenklempnern versucht, aber die sind … ausgebucht.«
    »Alle?«
    »Scheint so.«
    »Falls Sie Probleme mit Ihrem Sexleben haben oder den Drang verspüren, durch die Stadt zu rennen und Männer mit Turbanen zu ermorden, will ich nichts davon hören.«
    »Es geht um nichts dergleichen. Ich werde Sie nicht erröten lassen, Ehrenwort.« Was nicht ganz dasselbe war, wie wenn ich gesagt hätte: Ich verspreche, Sie nicht zu schockieren oder Sie werden mich nicht für verrückt halten. »Nur Lunch und einen guten Rat, mehr will ich nicht. Also, was sagen Sie dazu?«
    Ich staunte – war geradezu platt – über die eigene Überzeugungskraft. Hätte ich dieses Gespräch im Voraus geplant, hätte ich das Ganze

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