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Super Sad True Love Story

Super Sad True Love Story

Titel: Super Sad True Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Flaggen der Vereinigten Arabischen Emirate, ChinaWeltweit und der Europäischen Union.
     
    HIER ENTSTEHT EINE EXKLUSIVE TRIPLEX-WOHNANLAGE FÜR NICHT-US-BÜRGER
    Verkauf über StaatlingImmobilien
     
    Sieben DREIGESCHOSSIGE Wohneinheiten zu Preisen ab 20   000   000   Nordeuro/​33   000   000   Yuan
     
    «Zwanzig Millionen Euro!», sagte ich zu Eunice. «Das sind fünfzig meiner Jahresgehälter. So viel Geld haben nicht mal mehr Ausländer!»
    «Ist das nicht die Stelle, wo dieser Typ immer scheißt?», fragte Euny nonchalant, offenbar an die Eigenheiten meines
quartiers
gewöhnt. Ich las weiter:
     
    ACHTUNG AUSLÄNDISCHE MITBÜRGER! KAUFEN SIE HEUTE EINE DREIGESCHOSSIGE WOHNEINHEIT UND BEKOMMEN SIE DAFÜR
Freistellung von Leibesvisitationen, Daten- und Hausdurchsuchungen der Amerikanischen Restaurarationsregierung (ARR)
Preisgekrönte Sicherheit durch WapachungKrise
EXKLUSIVE Unsterblichkeitshilfe durch unsere Abteilung Posthumane Dienstleistungen
Sechs Monate frei Parken
     
    Bewerbungen bitte erst ab einer Bonität von 1500
    GESAMTE Gegend für Schadensreduzierung vorgesehen
     
    «EXKLUSIVE Unsterblichkeitshilfe»? Wie bitte? Bei den Posthumanen Dienstleistungen musste man
nachweisen
, dass man würdig war, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Nur 18   Prozent der Bewerber kamen für unser Produkt in Frage. So hatte Joshie es auch beabsichtigt. Daher die Gespräche, die ich in der Aufnahme führen sollte. Daher die Spracherkennungstests und die Aufsätze darüber, wie es sein würde, die eigenen Kinder zu überleben. Daher – die ganze Philosophie. Und jetzt wollten sie die Unsterblichkeit einer Horde fetter, ölig glänzender Milliardäre aus Dubai hinterherwerfen, die sich eine «dreigeschossige Wohneinheit» von StaatlingImmobilien leisten konnten?
    Ich wollte gerade zu einer energischen Standpauke zum Thema «Die Welt im Allgemeinen» ansetzen (ich glaube, Eunice lässt sich neue Sachen ganz gern von mir erklären), als ich einen vertrauten Krakel in der Ecke des Schildes entdeckte.
    In einem an den Rändern verlaufenden Schablonenstil,der zur Jahrhundertwende cool war, erblickte ich – nein, das konnte doch nicht wahr sein! – eine pseudokünstlerische Version von Jeffrey Otter, meinem Inquisitor in der U S-Botschaft in Rom, mit seinem dämlichen rot-weiß-blauen Halstuch, und auf seiner haarigen Oberlippe befand sich ein Fleck, der so etwas wie ein Herpesbläschen sein mochte. «Oh», sagte ich und wich tatsächlich zurück.
    «Kokiri?»
, fragte Eunice. «Was ist denn los, Nerd?»
    Ich atmete hörbar.
    «Panikattacke?», fragte sie.
    Ich hob die Hand und signalisierte eine Auszeit. Mein Blick wanderte an diesem Graffito auf und ab, als könnte ich es in eine andere Dimension wischen. Der Otter starrte zurück: üppig, eigentümlich sexuell, lebensprall, das Fell zu kleinen schwarzbraunen Hügeln geglättet, die eindeutig warm und weich wirkten. Er erinnerte mich an Fabrizia. An meinen Verrat. Was hatte ich ihr angetan? Was hatten
sie
ihr angetan? Wer hatte das hier gemalt? Was wollte man mir sagen? Ich sah Eunice an. Sie nutzte meine vierzig Sekunden Auszeit, um sich in ihre Äppärätdaten zu versenken. Was tat ich hier eigentlich mit diesem aalglatten digitalen Wesen? Zum ersten Mal, seit sie in mein Leben getreten war, glaubte ich mich gründlich geirrt zu haben.
    Aber der Tag war noch nicht mit mir fertig.
     
    Als wir ins Cervix kamen, war es meine Freundin Grace, die Einspruch erhob.
    «Sie ist zu jung für dich», flüsterte sie mir zu, nachdem Eunice sich von uns abgewandt hatte, um bei AssLuxury zu shoppen. Das war gar nicht mal besonders ungesellig von ihr – die Jungs schauten auf ihren Äppäräten den Besuch des chinesischen Zentralbankchefs Wangsheng Li in Washington an, und Noahs Freundin Amy stellte geradeHandcremes und andere Sponsorenprodukte für ihren Livestream «Amy Greenbergs Hüftgoldstunde» auf.
    Eine Sekunde dachte ich, Grace sei eifersüchtig auf Eunice, was mir auch sehr recht gewesen wäre, denn um ehrlich zu sein, war ich immer ein bisschen verknallt in Grace. Sie war nicht besonders hübsch, ihre Augen standen zu weit auseinander, die untere Zahnreihe sah wie eine Massenkarambolage aus, und wenn das überhaupt möglich ist, war sie von der Hüfte aufwärts zu dünn, sodass sie bei allem, was sie tat, wie ein Vogel wirkte, selbst beim Treppensteigen oder wenn sie einem eine Brieplatte reichte. Aber sie war lieb – so lieb und aufrichtig, so gebildet und

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