Supervision - Grundlagen, Techniken, Perspektiven
Beratungstätigkeit bei der
Polizei
liegen mehrerePublikationen vor (z.B. Ricken 1994). Diese Berufsgruppe ist ja in besonderem MaÃe psychischen Belastungen und sozialem Druck ausgesetzt. Polizeibeamte sehen sich oft mit Situationen konfrontiert, für welche es keine klaren Vorgaben gibt, aber starker Handlungsdruck besteht. Damit steigt die Notwendigkeit, als
Person
und gleichzeitig in der
Berufsrolle
zu agieren. Supervision bietet dabei eine gute Möglichkeit der Reflexion. Auch Mitglieder von âSondereinsatzkommandosâ (SEK) der Polizei erhalten supervisionsähnliche Beratung während und nach kritischen Einsätzen; beispielsweise nach Geiselnahmen bzw. Schusswaffengebrauch.
Im Jahre 1995 kam es in Köln zu einer Geiselnahme, bei welcher der Geiselnehmer von einem Sondereinsatzkommando der Polizei erschossen wurde. Einige Polizeibeamte äuÃerten danach, dass es bei ihnen zu âpersönlichen Problemenâ gekommen sei. âDurch eine Supervision, die Polizeibeamte aus anderen Städten geleitet hatten, sei das Problem nun zunächst beigelegt worden.â
Was Polizeibeamte nach Unfällen und Gewalttaten teilweise psychisch mit sich herumschleppen müssen, ist beachtlich.
Beispielsweise erhalten eine Polizeibeamtin und ein Polizeibeamter einer Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern mit Hilfe von Supervisionsgesprächen eine Entlastung. Sie könnten sonst schwer den Druck und die eigenen Aggressionen, die durch den täglichen Umgang mit sexuellem Missbrauch von Kindern entstanden sind, abbauen
.
Oft hilft ein einfaches entlastendes Gespräch, um von Zweifeln, ob man ârichtigâ gehandelt habe, oder von quälenden Schuldgefühlen befreit zu werden.
Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Supervision im
kirchlichen Bereich
. So ist die Tätigkeit von Gemeindepfarrern nicht nur vielseitig, sondern sie enthält auch die Gefahr von Ãberforderung und Rollenüberlastung. Neben den Gottesdiensten, Hausbesuchen, Taufen, Beerdigungen ist noch Kommunions- bzw. Konfirmandenunterricht, die Aufsicht über einen Kindergarten, ein Jugend- oder Gemeindezentrum und die Führungeines Gemeindebüros zu leisten. Viele Pfarrer sind darin nicht ausgebildet. Ursprünglich an theologischen Fragen interessiert, finden sie sich nun in Rollen als Sozialarbeiter, Therapeut, Lehrer und Manager wieder. Auch der Umgang mit dem Gemeindevorstand und der kirchlichen Hierarchie will gelernt sein. Zunehmend wird die Supervision im seelsorgerischen Bereich deshalb als âpastoralpsychologischer Dienstâ verstanden. Supervision soll der âinneren Ermüdungâ, also den Folgen des
Burn-out
(S. 63f.), entgegenwirken. Deswegen haben einige Landeskirchen schon Richtlinien zur Supervision und Weiterbildung von Pfarrern sowie anderen kirchlichen Mitarbeitern erlassen. Supervisorisch ausgebildete Pfarrer sollen dabei anderen Geistlichen beratend zur Seite stehen. Im diakonischen Bereich wird auch eine eigenständige Supervisions-Weiterbildung für theologische Berufe diskutiert.
Auch im
selbstständigen Mittelstand
wird Supervision wahrgenommen. Unternehmer im mittelständischen Bereich erkennen, dass sie es zunehmend mit speziellen nichtfachlichen Problemen auf der psychologischen und organisatorischen Ebene zu tun haben. Im Vergleich zu den groÃen Industriebetrieben mangelt es diesen einzeln arbeitenden Selbstständigen an Kollegen und spezialisierten Fortbildungsmöglichkeiten, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Gerade die Angehörigen akademisch ausgebildeter Berufe meinen, dass fachliches Können allein ausschlaggebend für den beruflichen Erfolg sei. Wenn sie die kommunikative und organisatorische Seite ihrer Tätigkeit übersehen oder gering schätzen, werden sie eventuell auch Opfer ihrer hochgradigen Spezialisierung.
Nach vielen Jahren in der Klinik lässt sich ein Facharzt in freier Praxis nieder. Er ist jetzt zwar sein âeigener Herrâ, sieht sich allerdings mit vielen neuen und ungewohnten Aufgaben konfrontiert: Organisation einer groÃen Praxis, Führung mehrerer Arzthelferinnen sowie den groÃen Diskrepanzen zwischen eigenem Anspruch, medizinisch helfend tätig zu sein, und der Tatsache, dass Patienten mit Problemen kommen, die eigentlich keiner medizinischen Hilfe bedürfen. Diese reichen vom Wunsch âkrankzufeiernâ bis zum Bedürfnis
Weitere Kostenlose Bücher