Susan Andersen
bei ihr genauso. Sie wusste nicht, was dieses Einschmelzen ihrer Gehirnfunktionen ausgelöst hatte. Aber sie hätte den Kuss sowieso abgebrochen, wenn ihr der Detective nicht zuvorgekommen wäre.
Dessen war sie sich fast hundertprozentig sicher. „Kein Problem“, erwiderte sie mit einer Sorglosigkeit, die sie nicht empfand, während sie sich zu einem Lächeln zwang. „Was Küsse betrifft, war das wohl kaum einer, für den man sich entschuldigen müsste.“
Wenn man den nuklearen Effekt einmal außer Acht lässt. Bei diesem Gedanken stählte sie ihr Rückgrat. Denn genau das würde sie tun. Sie würde ihn mit jedem einzelnen Atom ihres Daseins außer Acht lassen.
Zu ihrer Befriedigung sah sie, wie seine Augen sich zu Schlitzen verengten, was Poppy bei diesem Weltmeister des Botox-Gesichtsausdrucks als heftigen Verdruss interpretierte. Gut. Sollte er sich ärgern. Sie selbst fühlte sich momentan auch nicht gerade toll.
Ohne ein weiteres Wort trat Poppy an ihm vorbei, sammelte ihre Sachen auf und begann, sie in ihre große Umhängetasche zu stopfen. Dabei warf sie ihm über die Schulter ein gleichgültiges „Wir sehen uns morgen“ zu. Ihn zu sehen, konnte sie leider Gottes nicht umgehen.
Und das würde sie auch nicht, selbst wenn sie könnte. Hey, sie war mindestens genauso professionell wie Robocop hier.
Wirklich.
Da er nicht antwortete, konzentrierte sie sich auf das Packen ihrer Tasche. Trotzdem konnte sie ihn noch immer hinter sich stehen fühlen. Dann sagte er barsch „Ja. Morgen“ und verschwand.
Kaum war er außer Sicht, als Poppy innehielt und scharf ausatmete. Sie sah sich hastig um und stellte erleichtert fest, dass keiner ihrer Kunden ihren idiotischen Ausrutscher gesehen hatte. „Völlig bescheuert, bescheuert, bescheuert!“, stieß sie hervor, wobei sie sich bei jedem Wort mit der Faust gegen die Stirn hämmerte. Dann richtete sie sich auf und steuerte auf ihr Auto zu.
Kaum hatte sie sich hineingesetzt und die Tür zugeknallt, als sie auch schon ihr Handy aus der Tasche zerrte und auf die Kurzwahltaste hieb.
„Hey“, sagte sie heiser. „Ich könnte jetzt ein bisschen Unterstützung der Schwesternschaft brauchen.“
Sie trafen sich in der Villa. Jane war bereits im Salon, als Poppy ankam. Sie einfach nur vor dem Kamin stehen zu sehen, wie ihr Haar im Licht schimmerte, während sie sich über einen Tisch voller antiker Vasen beugte, löste etwas von der Anspannung in ihren Schultern.
„Hey“, murmelte Poppy leise, während sie sich zwischen den wertvollen Stücken hindurchschlängelte, die noch immer im ganzen Raum verteilt waren. „Ich bin froh, dass du vorgeschlagen hast, uns hier zu treffen. Ich hatte in letzter Zeit so viel zu tun, dass ich gar nicht mehr vorbeischauen konnte.“
„Wem sagst du das, Fremde!“ Jane lächelte ihr zu. „Ich habe dich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.“
„Ich weiß. Es ist fast zwei Wochen her, dass wir uns eine anständige Mädchenzeit gegönnt haben.“ Von den vielen Vasen auf dem Tisch erregte eine große grüne ihre Aufmerksamkeit. Sie nahm sie hoch und drehte sie in den Händen, um voller Bewunderung den darauf gemalten Rosenstrauch zu betrachten. „Die ist traumhaft schön. Ich kann mich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben.“
„Das ist eine Lamartine.“
„Wirklich wunderschön. Findest du nicht, dass sie auf meiner Anrichte fantastisch aussehen würde?“
Jane betrachtete die Vase einen Moment prüfend und nickte dann. „Allerdings – sie würde perfekt dorthin passen.“
„Vielleicht kann ich sie von meinem Anteil aus dem Vermögen kaufen. Was würde die denn kosten?“
„Irgendwas zwischen zweitausendfünfhundert und dreitausend Dollar.“
Vor Schreck hätte Poppy die Vase beinahe fallen lassen. Mit hämmerndem Herz konnte sie sie gerade noch gegen den Magen drücken, bevor sie auf den Boden fiel. Vorsichtig stellte sie sie wieder auf den Tisch.
„Heilige Maria Mutter Gottes.“ Sie atmete laut aus und sah, wie ihre Freundin sie angrinste. „Janie, du musst mir vorher sagen, dass ich dieses wertvolle Zeug nicht anfassen soll. Um Himmels willen, du kannst doch nicht zulassen, dass ich so was in die Hand nehme. Ich hätte das Teil beinahe fallen lassen!“
Ava rauschte mit einer kleinen weißen Pappschachtel ins Zimmer. „Hallo, meine Schwestern.“ Sie schleuderte ihren Mantel, den dünnen Schal und ihre Kate-Spade-Handtasche auf die Couch. „Ich habe euch etwas mitgebracht.“ Sie hob den Deckel
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