Susan Andersen
liebevoll, dann fuhr sie finster fort: „Damit hätte ich mir gern noch Zeit gelassen. Aber ich schätze, wenn ich länger mit de Sanges zu tun habe – was sich kaum vermeiden lässt –, werde ich einen ziemlich schmerzlichen Tritt in den Hintern bekommen.“
„Aber du hast doch selbst gesagt, dass es nur ein kurzer Kuss war“, unterbrach Ava sie.
„Das ist ja das Problem, Av. Er war so kurz, dass er ihm offenbar nichts bedeutet hat. Für mich jedoch war das überhaupt nicht ‚nur‘ ein Kuss. Ich habe so etwas noch nie erlebt.“
„Na und? Warum sollte das noch mal ein Problem sein?“
„Weil er mich von sich geschoben hat, als ob ich Nuklearmüll über seine tollen Schuhe gekippt hätte. Und dann sagte er ...“ Sie senkte die Stimme, um ihn zu imitieren: „Bitte entschuldigen Sie, Ms. Calloway.“
Jegliche Belustigung schwand aus den Gesichtern ihrer Freundinnen. Ava stierte sie an. „Er hat gesagt, dass der Kuss em Fehler war?“
Poppy nickte. Na also, sie wussten, was sie meinte – nicht umsonst waren sie ihre besten Freundinnen.
Avas Blick wurde finster. „Also dieses miese, verrottete, kleine ...“
„Schwein“, spuckte Jane aus.
Mit einem Mal spürte Poppy, wie ihr Selbstbewusstsein zurückkehrte. Sie fühlte sich zwar immer noch gedemütigt und war nicht gerade begeistert von der Aussicht, diesen tollen Ich-mach-alles-richtig-Typen wiederzusehen. Aber sie hatte die treuesten Freundinnen der Welt. Und das machte selbst die größten Tiefschläge, die das Leben zu bieten hatte, erträglich.
„Warum zum Teufel hat dieser Depp dich dann überhaupt geküsst?“, fragte Jane.
„Das ist eine gute Frage“, erwiderte Poppy langsam. Und zum ersten Mal, seit Jason sie weggestoßen hatte, dachte sie über sein Verhalten nach. Wie er ihre Hände an seinen Hals gezogen hatte, wie seine dunklen Augen ausgesehen hatten, als er den Mund auf ihre Lippen senkte. Nachdenklich sagte sie: „Es hat ihm nicht besonders gefallen, als ich sagte, dass das kaum etwas war, wofür er sich entschuldigen müsse.“
Darauf prusteten Ava und Jane los.
„Also, warum hat er mich geküsst?“, überlegte Poppy laut und schenkte sich und Ava Wein nach. „Ist der Brie schon so weit? Ich glaube, wir brauchen etwas, das dieses zweite Glas aufsaugt.“ Dann sah sie abwechselnd ihre beiden Freundinnen an und kam auf das Thema zurück. „Wisst ihr was ? Vielleicht sollte ich ihn das einfach fragen. Meint ihr nicht?“
Ava und Jane tauschten einen Blick. Dann lächelten sie Poppy an.
Und streckten ihre Daumen in die Luft.
8. KAPITEL
Verdammt! Ich wollte um alles in der Welt nicht noch einmal vierzehn sein. Cory bricht mir das Herz.
V ollkommen durcheinander steuerte Jase direkt zum Polizeirevier, wo er einige Anrufe machte.
Warum zur Hölle hast du sie geküsst? Diese Frage tauchte immer wieder in seinem Hinterkopf auf, wenn er weiterverbunden wurde und warten musste. Und auch später, als er die Videos aus den Überwachungskameras der überfallenen Juweliere ansah, beschäftigte sie ihn. Von allen bescheuerten, hirnverbrannten Spontanhandlungen hatte er ausgerechnet eine Zivilistin, mit der er zusammenarbeiten sollte, bedrängt und geküsst ?
Na super. Vielleicht sollte er eine Postkarte in den Knast schreiben, damit sein alter Herr erfuhr, dass die Gene der Familie nach all den Jahren nun doch triumphiert hatten.
Aber er weigerte sich, das zu glauben. Er weigerte sich, das Opfer seines Familienerbes zu sein. Er hatte die Wahl, verdammt noch mal.
Warum also hatte er Poppy geküsst? Sicher, sie war heiß, wie Henry festgestellt hatte. Aber er war auch früher bei heißen Frauen in Versuchung geraten – hatte ihr aber jederzeit ohne Bedauern widerstanden, wenn es zeitlich nicht passte oder die Situation unangemessen war. Was also war an dieser einen so unwiderstehlich?
David Hohn schob einen Stuhl in den Raum, in dem Jase die Videos durchsah. „Irgendwas Neues?“
„Nein.“ Froh über die Ablenkung richtete er sich ein wenig auf. „Auf jedem Video ist dasselbe zu sehen – nur ein Typ, durchschnittlich groß, gebaut wie ein Bodybuilder in dunkler Jacke, dunklen Hosen und mit einer dunklen ninjaartigen Kapuze. Er hält den Kopf gesenkt und schießt Schaumspray auf die Kamera, um sie außer Gefecht zu setzen. Aber zwischen dem Auslösen des Alarms und der Ankunft der Polizei bleibt einfach nicht genug Zeit, um allein den ganzen Laden auszuräumen.“
„Das finden wir schon noch raus. Früher oder
Weitere Kostenlose Bücher