Susan Andersen
krähte sie strahlend. „Diese drei waren schwieriger, als ich es gewohnt bin, aber ich denke, es hat ganz gut hingehauen. Und Hut ab, Detective. Sie sind mir nicht ansatzweise so auf die Nerven gegangen, wie ich befürchtet hatte.“
Er sah sie mit erhobenen Augenbrauen an und trat unwillkürlich einen Schritt näher. „Wie war das mit der anständigen Ausdrucks weise ?“
„Pfffft. Jetzt sind wir allein, Kumpel – ich muss keinen guten Einfluss auf Sie ausüben.“
Er aber auch nicht, und so kam er noch ein wenig näher, bis er die topasfarbenen Sprenkel in ihren dunkelbraunen Augen sehen konnte. Die Farbe erinnerte ihn an die Steine, die er versucht hatte zu klauen, als er neben seinem Bruder, Dad und Pops dem berüchtigten Familienunternehmen beitreten wollte.
„An Ihrer Stelle würde ich mir nicht allzu viel darauf einbilden“, riet er ihr trocken. „Heute lief es ganz okay, aber das Ganze ist trotzdem eine blöde Idee. Tausend Dinge können noch schiefgehen, und glauben Sie mir, Blondie, sie werden schiefgehen. Vermutlich in der Sekunde, in der dieses sogenannte Programm Ihre Miniganoven langweilt.“
„Ah, genau hier irren Sie sich, de Sanges.“ Mit leidenschaftlichem Blick und glühenden Wangen sah sie zu ihm auf. „Hier gibt es nichts Sogenanntes – meine Programme funktionieren. Und je länger ich mit diesen Kids zusammenarbeiten kann, umso besser. Zumindest haben das die letzten beiden Gruppen und das momentane Programm, das ich im CD leite, bewiesen. Meiner Erfahrung nach brauchen die meisten Teenager nur jemanden, der ein wenig Interesse an ihnen zeigt und ihnen etwas zu tun gibt, was ihnen Spaß macht. Ich gebe zu, dass bei dieser speziellen Gruppe der erste Teil des Programms nicht sonderlich viel Spaß macht. Aber falls Kunst ihr Ding ist, wird ihnen der zweite Teil gefallen. Und dann habe ich sie fest am Haken und kann sie schön langsam an Land ziehen.“
Als er die wilden Locken sah, die sich explosionsartig aus dem Gummiband gelöst hatten, überkam ihn das plötzliche starke Bedürfnis, sie um seine Hände zu wickeln und ein wenig an ihnen zu ziehen. Hastig rückte er von Poppy ab und rieb seine prickelnden Handflächen an der Hose. Himmel, de Sanges, dachte er genervt. Du bist nicht wie Dad oder Joe auf Bewährung draußen und auf der Jagd nach willigen Frauen.
Diese beschissenen Familiengene würden irgendwann seinen Untergang bedeuten. Er schüttelte den Gedanken ab, um sich wieder auf das Gespräch mit Poppy zu konzentrieren.
„Wir müssen davon ausgehen, dass Taggen für diese Kids eine kreative Ausdrucksform ist“, sagte sie gerade. „Ich kann ihnen dafür eine gesellschaftlich akzeptiertere Möglichkeit bieten und gleichzeitig ein ehrliches Interesse an ihnen zeigen. Ich mag Teenager.“ Sie zog einen Mundwinkel nach oben. „Was Ihrer Ansicht nach bestimmt daran liegt, dass ich mich selbst noch wie einer verhalte.“
Jase wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Er sah die Überzeugung in ihrem Gesicht und merkte, wie all seine Vorurteile über sie ins Wanken gerieten.
Was er zu ignorieren versuchte, weil er sich nicht gern irrte. Verdammt, wenn man die Regeln befolgte, irrte man sich üblicherweise auch nicht. Und genau daran hielt er sich, seit er vierzehn war und Murph ihn erwischt hatte, als er seine langen Finger nach Edelsteinen ausstreckte. Poppy hatte sich heute ähnlich verhalten wie Murphy damals, und nach allem, was sie ihm gerade erklärt hatte, begann er, an seiner ersten Einschätzung zu zweifeln. Dazu kam das nicht gerade schicke und nicht besonders sichere Gebäude, in dem sie lebte. Wegen all dieser Dinge fragte er brüsk: „Wer sind Sie?“
„Auf jeden Fall nicht das reiche Mädchen, für das Sie mich halten, soviel steht mal fest.“
Er war sich so sicher gewesen ... aber jedes einzelne Detail bis auf eines deutete darauf hin, dass er vollkommen falsch gelegen hatte.
Scheiße.
Und doch. Er rieb sich den Nacken. „Diese Villa ...“
Trotz ihres lauten und übertriebenen Seufzens antwortete sie ruhig: „Ava, Jane und ich haben Agnes Wolcott kennengelernt, als wir zwölf waren – bei einer Abendgesellschaft von Avas Eltern. Sie war eine faszinierende Frau, und wir haben uns lange mit ihr unterhalten. Dann hat sie uns eines Tages in die Wolcott-Villa zum High Tea eingeladen.“
„High Tea, was soll das sein? Tee, den man hoch oben auf einer Leiter trinkt?“
„Sehr witzig, Detective de Sanges. Albern, aber witzig. Um genau zu sein
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