Susan Andersen
zusammen. „Ach, Scheiße. Das ist ’ne himmelschreiende Schande. Mit welchem Fall hat sie denn genau zu tun?“
„Es handelt sich nicht direkt um einen Fall ...“
Darauf bedachte Murph ihn mit demselben geraden Blick, den er so erfolgreich angewendet hatte, als Jase noch ein Teenager gewesen war. „Woran liegt es dann?“
In die Defensive geraten, als ob er irgendetwas falsch gemacht hätte, sagte Jase: „Sie ist diejenige, die ihre Beziehungen beim Bürgermeister hat spielen lassen, damit ich mich um dieses alberne Projekt mit den Taggern kümmere.“ Nur dass sich inzwischen herausgestellt hatte, dass es überhaupt nicht albern war.
Murphy setzte sich gerade hin. „Das Babe? Das war das Babe ?“
Er zuckte zustimmend mit den Schultern.
„Wer hätte das gedacht.“
„Es kommt noch schlimmer“, fuhr Jase missmutig fort. „Wie sich herausgestellt hat, ist sie ein verdammt gutes Mädchen.“ Was seiner Ansicht nach alles sagte.
Doch offenbar hatte er Murphys Intelligenz haushoch überschätzt, denn sein langjähriger Freund und Mentor entgegnete: „Na und?“
„Ich bitte dich, Murph. Ich bin absolut der Falsche für sie.“
„Weil sie ein gutes Mädchen ist? Was zum Teufel soll das überhaupt bedeuten?“
„Das bedeutet, dass sie nur so tut, als ob sie tough wäre. Alles nur Show. In Wahrheit ist sie ein gottverdammter Marshmallow. Sie plant hundertprozentig Richtung weiße Hochzeit und Kinder und nicht Richtung lass uns das Hirn rausvögeln und dann ohne Bedauern auseinandergehen. Poppy ist ... anders. Ihr gehen Kinder über alles. Und sie bedankt sich mit selbst gekochtem Essen.“ Das zu erwähnen tat weh, weshalb er blitzschnell das Thema wechselte. „Sie ist eines von diesen guten Mädchen, Himmelherrgott noch mal.“
„Sagtest du nicht, sie wäre einfach nur reich und versnobt?“
„Ja, das sagte ich.“ Ein freudloses Lachen begleitete seine Antwort. „Ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr ich mich geirrt habe. Sie ist in einer verflixten Hippiekommune aufgewachsen, und wie es aussieht, kommt sie mit ihrem Geld gerade so zurecht. Ihre ganze Wohnung ist ungefähr so groß wie mein Wohnzimmer, und sie fährt eine Rostlaube, die gar nicht zugelassen sein dürfte.“
„Ich frage jetzt mal nicht, woher du das alles weißt. Aber du magst sie“, bemerkte Murphy scharfsinnig. „Und ich schätze mal, dass sie dich auch mag, sonst hätte ich euch beide gerade nicht gestört. Also, warum entspannst du dich nicht einfach und wartest mal ab, wie es weitergeht?“
„Weil sie ein gutes Mädchen ist!“
„Und du bist ein guter Junge“, brüllte Murphy.
„Ich bin ein beschissener de Sanges. Ich habe mit ungefähr acht aufgehört, ein guter Junge zu sein.“
„Das ist doch Bockmist. Du warst auf dem falschen Weg, als ich dich kennenlernte. Aber du warst damals schon ein guter Junge, und heute bist du ein guter Mann.“ Murph rieb sich mit den Händen über Wangen und Kinn, dann legte er sie auf seine Knie. „Du liebe Zeit“, seufzte er verärgert. „Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so hart wie du daran arbeitet, seinem eigenen Glück im Weg zu stehen.“
„Ich bin glücklich!“
„Nein, im besten Fall bist du zufrieden – und auch nur, wenn du so viel zu tun hast, dass du nicht nachdenken musst.“
„Erzähl du mir nicht, wie ich bin, alter Mann – ich bin sogar verdammt glücklich!“
Murph schnaubte. „Dass ich nicht lache. Aber okay, lass uns nicht auch noch darüber streiten. Ich behaupte also, dass du glücklich bist, gut?“
„Verdammt richtig“, murrte Jase, und sein Magen krampfte sich zusammen.
„Glaub mir, Junge, du wärst noch viel glücklicher mit einer Frau in deinem Leben. Und ich muss es wissen – allein zu sein, ist nicht so toll. Vielleicht könnte das Babe für ein bisschen Ausgleich in deinem Nur-Arbeit-kein-Spaß-Leben sorgen, das du als Lebensstil ausgibst. Mir scheint, ein sogenanntes gutes Mädchen wäre genau das Richtige für dich. Hast du nicht irgendwas von wegen selbst gekocht gesagt? Das allein wäre es doch wert, es mal zu probieren.“
Noch lange, nachdem Murphy zurück in seine eigene Wohnung gegangen war, dachte Jase über das Gespräch nach. Murphy kapierte es einfach nicht – wie die meisten Leute, die eine ganz normale Kindheit gehabt hatten.
Bevor er Murph getroffen hatte, war er vollkommen frei gewesen. Niemand hatte ihm jemals Grenzen aufgezeigt. Tief in sich hatte er natürlich gewusst, wann er etwas Falsches tat
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