Susannah - 02 Auch Geister haben hübsche Söhne
unecht. Überall brannte Licht, und am Ende der ganzen Steinfliesen konnte ich eine riesige Glastür erkennen, hinter der jemand kauerte.
Ich drehte mich zu Schlafmütz um. »Okay, alles klar. Danke fürs Mitnehmen«, sagte ich.
Schlafmütz blickte sich in der Runde der Palmen und Lichter um. »Bist du sicher, dass du weißt, wie du nach Hause kommst?«
»Ja, alles bestens«, sagte ich.
»Okay.« Als ich aus dem Wagen stieg, hörte ich ihn noch murmeln: »Also, hierhin hab ich jedenfalls noch nie eine Pizza ausgeliefert.«
Ich eilte den gefliesten Weg entlang, während Schlafmütz wegfuhr. Im Hintergrund rauschte der Ozean, war in der Dunkelheit aber nicht zu sehen. Als ich vor der Tür ankam, schwang sie schon auf, bevor ich die Klingel suchen konnte, und ein Japaner mit schwarzer Hose und einem weißen, hausmantelartigen Ding verbeugte sich vor mir: »Hier entlang, Miss.«
Ich war noch nie von einem Diener empfangen – geschweige denn »Miss« genannt – worden und hatte daher keine Ahnung, wie ich darauf reagieren sollte. Ich folgte dem Mann in einen riesigen Raum, in dem die Wände aus echtem Gestein waren, aus dem Wasserrinnsale heraussickerten, die wohl Wasserfälle darstellen sollten.
»Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?«, fragte der Japaner. Also schälte ich mich aus dem Ding, behielt aber meine Tasche, aus der oben mein Schreibblock herausblitzte. Ich wollte glaubwürdig wirken.
Dann verbeugte sich der Mann wieder vor mir und sagte: »Hier entlang, Miss.«
Er führte mich zu einer Doppelschiebetür aus Glas, die den Blick auf einen großen Innenhof freigab. Dort leuchtete ein enormer Pool in der Dunkelheit türkis auf und Dampf waberte aus dem offenbar beheizten Wasser hoch. In der Mitte erhob sich inmitten einer Felsformation ein Springbrunnen. Rundum wuchsen Grünpflanzen und Bäume und Hibiskussträucher. Hübsches Plätzchen, dachte ich, und sah mich schon nach der Schule in meinem Calvin-Klein-Einteiler und meinem Sarong hier relaxen.
Dann waren wir plötzlich wieder im Haus, genauer gesagt in einem erstaunlich normal wirkenden Flur. Hier verbeugte sich der Japaner zum dritten Mal und sagte: »Warten Sie bitte hier.« Damit verschwand er durch eine der drei Türen, die entlang des Flurs zu sehen waren.
Ich tat, wie mir geheißen. Wie spät es wohl sein mochte? Ich trug keine Armbanduhr mehr, seit mein letztes Exemplar – genau wie alle anderen zuvor – von einem bösen Geist zertrümmert worden war. Aber ich hatte nicht vor, mehr als ein paar Minuten auf diesen Mr Beaumont zu verschwenden. Ich wollte reinrauschen, ihm die Botschaft der toten Frau überbringen und gleich wieder rausrauschen. Ich hatte Mom gesagt, ich wäre um neun wieder da, und mittlerweile war es bestimmt schon kurz vor acht.
Neureiche! Die scherten sich einfach einen Dreck um anderer Leute Heimgehzeiten.
Der Japaner erschien wieder, verbeugte sich zum vierten Mal und sagte: »Kommen Sie bitte, er empfängt Sie jetzt.«
Wow. Sollte ich jetzt vor Ehrfurcht in die Knie gehen oder was?
Aber ich konnte mich gerade noch beherrschen. Stattdessen ging ich durch die Tür, die mir gezeigt wurde, und gelangte geradewegs in einen Aufzug. Einen winzig kleinen Aufzug, in dem ein Stuhl und ein Beistelltisch samt Topfpflanze standen. Der Japaner hatte die Tür hinter mir geschlossen, und nun war ich allein in diesem klitzekleinen Räumchen, das sich bewegte. Ob nach oben oder nach unten, hätte ich beim besten Willen nicht sagen können. Über der Tür waren keine Stockwerknummern zu sehen und es gab nur einen einzigen Knopf …
Der Aufzug blieb stehen. Als ich nach dem Türknauf griff, ließ er sich drehen. Ich trat hinaus und fand mich plötzlich in einem dunklen Zimmer wieder. Die schweren Samtvorhänge waren zugezogen. Der Raum enthielt nur einen massiven Schreibtisch, ein noch massiveres Aquarium und einen einzelnen Besuchersessel. Letzterer war offenbar für mich vor besagten Schreibtisch gestellt worden. Am Schreibtisch selbst saß ein Mann. Bei meinem Anblick lächelte er.
»Ah«, sagte er. »Sie müssen Miss Simon sein.«
KAPITEL
7
Ä hm«, sagte ich. »Ja.«
Weil es im Zimmer so dunkel war, konnte ich den Mann nur schwer erkennen, aber er schien in etwa so alt zu sein wie mein Stiefvater, Mitte vierzig oder so. Er trug einen Pullover über einem Button-down-Hemd, wie Bill Gates, und hatte braunes, sichtlich schütter werdendes Haar. Cee Cee hatte recht gehabt: Rot waren seine Haare eindeutig nicht.
Und er war
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