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Susanne Barden - 03 in New York

Susanne Barden - 03 in New York

Titel: Susanne Barden - 03 in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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kameradschaftlich die Hand hin. Nach kurzem Zögern streckte das Mädchen langsam eine schmutzige Hand mit schwarzen Fingernägeln aus. Susys weiße Finger umschlossen sie mit warmem Druck.
    »Du bist nicht so übel«, sagte das Mädchen rauh.
    »He, ich bin auch noch da!« rief Kit. »Und immerhin hab’ ich dich nicht mit dem Stuhl erschlagen.«
    »Oh, pardon!« entschuldigte sich das Mädchen würdevoll und hielt Kit ebenfalls die Hand hin.
    Susy bezwang ihre Neugier. Sie wollte das Mädchen erst ein wenig zutraulich machen und schlug vor, heißen Kakao und ein paar belegte Brote zuzubereiten. Während sie und Kit sich damit beschäftigten, konnten sie ihren nächtlichen Besuch unauffällig beobachten.
    Die Fremde lümmelte sich auf dem Stuhl, der als Waffe gegen sie hatte dienen sollen. Eine fleckige schwarze Mütze war über ihr zerzaustes Haar gezogen, das eine goldbraune Farbe gehabt hätte, wenn es sauber gewesen wäre. Sie trug einen verschossenen Schal, einen braunen Baumwollrock und Tennisschuhe. Strümpfe hatte sie nicht an, obwohl es Februar war. Aber sie sah gut genährt aus. Die Haut war rein, und ihr großer Mund, dessen empfindsame Linie der Härte ihrer Augen widersprach, hatte eine gesunde Farbe.
    »Wie alt bist du?« fragte Susy, während sie den Kakao rührte.
    »Achtzehn.«
    »Willst du uns nicht sagen, wie du heißt? Wir müssen dich doch irgendwie anreden.«
    »Ihr könnte mich Marianna nennen, wenn ihr wollt. Mein richtiger Name ist Maria Anna Lawson. Aber Maria find ich blöd, deshalb nenn ich mich Marianna! Das würde sich gut im Kintopp machen«, fügte sie selbstgefällig hinzu. Kit wandte sich hastig ab und spähte in den Eisschrank. Susy biß sich auf die Lippen. »Was für ein Kind!« dachte sie mitleidig. Laut sagte sie: »Der Kakao ist fertig. Wir wollen ins Wohnzimmer hinübergehen. Dann kannst du uns erzählen, wie du das Gespenst gespielt hast.«
    Nachdem die drei Mädchen es sich auf der Couch bequem gemacht hatten, begann Marianna zu erzählen. Die Geschichte ihrer Kindheit war alltäglich und traurig. Ihre Mutter war »mit einem fremden Kerl davongelaufen«, als Marianna noch klein war. Nachdem ihr Vater, ein Gelegenheitsarbeiter, vor zwei Jahren gestorben war, hatte eine Tante in Brooklyn sie widerwillig zu sich genommen.
    »Sie ist ein alter Teufel«, sagte Marianna. »Ließ mich schuften und nahm mir jeden Penny ab, den ich nach Hause brachte. Wie ein Sträfling lebte ich bei ihr. Letzten Herbst kratzte ich aus und ging wieder nach New York.«
    Marianna hatte Arbeit als Tellerwäscherin in einer Bar in Greenwich Village gefunden. Dort verdiente sie sich ihr Essen und bekam darüber hinaus noch ein wenig Geld. Sie übernachtete in Logierhäusern oder ging in ein Kino, das die ganze Nacht geöffnet war.
    »Dort ist es pfundig warm«, schwärmte sie. »Und immer, wenn man aufwacht, ist was zu sehen.«
    Nun hörte die Geschichte auf, alltäglich zu sein. Eines Nachts im Herbst entdeckte Marianna das kleine rote Haus. An den Fenstern hingen keine Vorhänge, und drinnen war alles dunkel. Sie spähte hinein. Das Haus war möbliert, aber offenbar nicht bewohnt. Wie herrlich müßte es sein, ein paar Nächte darin zu schlafen! Aber wie hineingelangen? Da es von vorn unmöglich war, ging Marianna um den Häuserblock herum, kletterte über ein paar Zäune und suchte nach einem Weg durch den Keller.
    »Die Kellerfenster waren vergittert.« Aus Mariannas Stimme klang die Enttäuschung von damals. »Aber ich sah Rohre, die vom Keller nebenan kamen. Dort stand ein Fenster offen, und das war nicht vergittert. In dem Haus wohnten zwar Leute, doch das machte mir nichts. Ich kletterte im Dunkeln über den Zaun und dann durch das Fenster. Ich dachte, es würde eine Tür zu dem Keller von diesem Haus führen, aber es war keine Tür da.« Sie machte eine kleine Pause.
    »Wie bist du dann aber hereingekommen?« fragte Kit.
    Marianna grinste. »Ich kramte in dem andern Keller rum, und da fand ich ein loses Brett in der Verbindungswand. Ich konnte es fortschieben und kroch durch das Loch.« Sie hatte einige Nächte in Susys Bett geschlafen und sich beim Morgengrauen durch den Nachbarkeller davongeschlichen. »Ich ließ den Riegel am Fenster offen«, erklärte sie. »Keiner bemerkte, daß es nur angelehnt war.« Eines Nachts fand sie das Haus voller Handwerkszeug, Farbtöpfe und Trittleitern. Es wurde für neue Mieter renoviert.
    »Ich kriegte ’nen lausigen Schreck«, erklärte sie. »Mir war ja

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