Susanne Barden - 03 in New York
schweben.«
»Darf ich atmen?«
»Ich sehe zwar nicht ein, warum das sein muß, aber wenn du darauf bestehst ...«
»Ganz und gar nicht! Ich dachte nur, es würde dann leichter sein.«
Nachdem Susy das Essen bezahlt hatte, gingen die beiden Freundinnen Arm in Arm nach Hause. Der Abend zog sich unerträglich lange hin. Sie unterhielten sich, lasen ein wenig, manikürten sich und unterhielten sich wieder. Kit erzählte boshafterweise von einem entsetzlichen Mord, der in den Wäldern ihrer Heimat verübt worden war. Susy rächte sich mit der Geschichte von einem Mörder, der auf einer Insel vor der Küste von New Hampshire gehaust und seine Opfer mit der Axt umgebracht hatte. Sie schmückte ihre Erzählung noch mit erfundenen Einzelheiten aus, so daß die beiden Mädchen schließlich in sinnlose Angst gerieten.
»Sind wir nicht Idioten, daß wir uns gegenseitig bange machen?« sagte Kit, als sie schließlich das Licht im Wohnzimmer ausmachten. Sie ging nach Susy ins Bad. Als sie herauskam, hockte Susy bereits, in ihren Morgenrock gehüllt, auf der Treppe. Ihre Füße, die in weichen Pantoffeln steckten, ruhten auf der neunten Stufe.
»Du erinnerst mich an die Frau, die auf dem Felsen saß und auf den Mörder wartete«, rief Kit zu Susys Zimmer hinüber. Susy unterdrückte mühsam einen Laut.
Kit huschte plaudernd hin und her, mal in ihrer eigenen Stimme, dann wieder Susys Stimme nachahmend. Susy hörte ihr zu und stellte fest, daß sie ihre Sache recht gut machte. Es wäre schade, wenn sich das Gespenst gerade an diesem Abend nicht rührte.
Allmählich wurde es oben still. Das Licht in den Zimmern erlosch. Susy wartete reglos mit gespannten Sinnen. Einmal schien es ihr, als bewegte sich irgendwo etwas, aber sie fühlte es mehr, als daß sie es hörte. Dann vernahm sie, so dicht hinter sich, daß ihr ein Schauder über den Rücken lief, das wischende Geräusch. Darauf folgte sogleich der Schrei, der diesmal laut und langgezogen war.
Nun hörte Susy, wie Kit oben absichtlich laut umherlief. Einen Augenblick später knarrte die fünfte Stufe von unten. Susys Muskeln spannten sich. Wie gebannt starrte sie auf die Treppe. Die Schritte kamen näher, langsam, stetig, unabwendbar. Susy wäre am liebsten aufgesprungen und weggelaufen, aber sie krampfte die Hände zusammen und blieb still sitzen. Ganz deutlich sah sie, wie die Stufen sich leise bewegten - jetzt die siebente - dann die achte. Sie hielt den Atem an. Ihre Füße ruhten noch immer auf der neunten Stufe. Ihre Zehen krümmten sich vor Nervosität. Und dann - was war denn das? Die neunte Stufe - hob sich!
Ein Zweifel war ausgeschlossen. Susy fühlte es ganz deutlich, wie sich die Stufe unter ihren Füßen ein wenig hob. Fünf Minuten vergingen ohne das leiseste Geräusch, ohne die geringste Bewegung. Susy wartete noch weitere fünf Minuten. Dann hob sie den rechten Arm, so daß Kit es sehen konnte. Sofort begann Kit wieder umherzulaufen und laut zu sprechen. Währenddessen schlich Susy auf Zehenspitzen die Treppe hinauf und huschte in ihr Zimmer. Kit folgte ihr.
Als sie die Tür hinter sich zugemacht hatten, wandte sich Susy mit leuchtenden Augen zu Kit um. »Das ist kein Gespenst!«
»Was ist denn passiert?«
»Es ist jemand im Keller.«
»Im Keller? Aber wie .«
»Kit, jemand täuscht die Schritte vor, indem er von unten gegen die Stufen drückt - von unten!«
»Nein!«
»Ja! Wenn man oben steht, merkt man es nicht. Man hört die Stufen knarren und sieht, daß sie sich leise bewegen. Aber ich hatte meine Füße auf der neunten Stufe und fühlte deutlich, daß sie sich hob.«
»Donnerwetter! Und das Schreien?«
»Woher das stammt, weiß ich nicht. Aber das wischende Geräusch kam aus der Wand.«
Kit ließ sich aufs Bett sinken und sah Susy ungläubig an. »Na hör mal - es kann doch niemand in der Wand stecken.«
Susy zuckte die Achseln.
»Was sollen wir jetzt machen?«
»Wir müßten eigentlich in den Keller gehen, aber ich bin nicht besonders erpicht darauf. Wir wissen ja nicht, wen wir dort vorfinden.«
»Und das Gas? Das gefällt mir gar nicht, Susy.«
»Mir auch nicht. Dennoch zieht es mich nicht in den Keller.«
»Was hat das ganze Unternehmen dann für einen Zweck? Du hast schließlich damit angefangen. Ich dachte, du seiest furchtlos.«
»Das hab ich nicht behauptet. Ich wollte nur ein wenig Detektiv spielen. Nach einer Rauferei reiße ich mich nicht.«
»Ich hätte nichts gegen einen Kampf«, entgegnete Kit grimmig. »Wenn du
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