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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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die Tasche hin, aber es nützte nichts. Die Stimmung war getrübt, und sie zogen sich schweigend für die Arbeit an.
    Als Lisa es nicht länger herauszögern konnte, sagte sie: »Also dann, mach‘s gut.«
    »Mach‘s gut«, sagte auch er. Überrascht stellte sie fest, dass sie Tränen in den Augen hatte.
    »Och, weine nicht«, sagte er und nahm sie in den Arm. »Komm, meine kleine Chefredakteurin, dein Make-up verläuft.«
    Sie schaffte ein kleines Kichern unter Tränen, aber ihre Kehle tat ihr weh, so als steckte ein großer, runder Stein darin fest. »Es tut mir Leid, dass es mit uns nicht gutgegangen ist«, sagte sie leise.
    »Naja«, sagte er achselzuckend. »So was passiert. Wusstest du, dass -«
    »- zwei von drei Ehen mit einer Scheidung enden«, sagten sie beide wie aus einem Munde.
    Es gelang ihnen zu lachen, dann lösten sie sich voneinander.
    »Und wenigstens ist es jetzt freundschaftlich zwischen uns«, sagte sie verlegen, »und wir, wie soll ich sagen, sprechen wieder miteinander.«
    »Recht hast du«, stimmte er ihr fröhlich zu. Sie war einen Moment lang abgelenkt von seinem fliederfarbenen Leinenhemd unter dem glatten Schokoladenbraun seines Halses. Sie musste schon sagen, der Mann wusste, wie man sich kleidete!
    Als sie die Tür hinter sich zuzog, rief er ihr nach: »He, Babes, denk dran!«
    Ihr Herz machte einen Sprung und sie öffnete die Tür. Woran sollte sie denken? Dass er sie liebte?
    »Dass du dir einen Anwalt nimmst!« Er drohte ihr mit dem Zeigefinger und grinste.
    Es war ein wunderschöner, sonniger Morgen. Sie ging durch den milden Sonnenschein zur Arbeit. Sie fühlte sich beschissen.

41
    Lisa wurde mit einem Mal bewusst, dass niemand bisher die Modeschauen erwähnt hatte. Oder sollte sie sagen: die MODESCHAUEN! Immer wenn sie daran dachte, sah sie den Schriftzug in Neon. Sie waren der Höhepunkt im Leben einer Redakteurin. Zweimal im Jahr jettete man in das quirlige Getriebe von Mailand und Paris. (Sonst sprach sie vom Fliegen, aber die Modeschauen waren dermaßen glanzumwoben, dass in ihrem Zusammenhang natürlicherweise von »Jetten« die Rede war.) Ein Zimmer im George V oder im Principe di Savoia zu haben, wie ein Mitglied der königlichen Familie behandelt zu werden, bei Versace, Dior, Dolce & Gabbana oder Chanel in der ersten Reihe zu sitzen, Blumen und Geschenke zu bekommen, einfach nur, weil man erschienen war! Es war ein vier Tage währender Zirkus mit egomanischen Designern, neurotischen Models, Rock-Stars, Filmidolen, finsteren Millionären mit klotzigem Goldschmuck und Zeitschriftenredakteuren, die sich gegenseitig mit bösem Hass musterten und herauszufinden versuchten, an welcher Stelle in der Hierarchie jeder stand. Und Partys ohne Unterlass, in Kunstgalerien, Nachtclubs, Lagerhallen, Schlachthäusern (einige der besonders avantgardistischen Modedesigner fanden einfach keine Grenze). Nirgendwo war man näher am Mittelpunkt des Universums, daran gab es keinen Zweifel, Schätzchen!
    Natürlich war es oberste Pflicht, sich die Mäuler darüber zu zerreißen, dass die Kleider untragbar und schlichtweg Unsinn waren, von frauenhassenden Wichsern entworfen, dass die Geschenke bei den Modeschauen längst nicht so opulent waren wie im Vorjahr, dass das beste Hotelzimmer immer von Lily Headley-Smythe in Beschlag genommen wurde, und wie lästig es war, sich eine Meile aus der Stadt hinaus begeben zu müssen, um die Show eines jungen Modeschöpfers zu sehen, der seine atemberaubende Kollektion in einer stillgelegten Bohnenkonservenfabrik vorstellte, aber es war undenkbar, nicht dabei zu sein. Und es traf sie wie eine Lawine von Kurt-Gieger-Mokassins, dass bei Colleen die Modeschauen bisher mit keinem Wort erwähnt worden waren. Ihre Wiederbegegnung mit Oliver musste sie wohl darauf gebracht haben.
    Sie beruhigte sich mit dem Gedanken, dass sicherlich für alles gesorgt war. Bestimmt gab es einen Etat für Mercedes und sie selbst. Aber wenn nicht? Ihr Etat für freie Mitarbeiter konnte die Kosten nicht decken, nicht einmal annähernd. Er würde kaum für ein Croissant im George V reichen. Mit einem Gefühl steigender Panik klopfte sie an Jacks Bürotür und ging hinein, ohne eine Antwort abzuwarten.
    »Die Modeschauen«, sagte sie mit einem ungewollten Schniefen.
    Jack, der tief über Tonnen - so kam es ihr vor - juristischer Dokumente gebeugt war, sah überrascht auf. »Was für Modeschauen?«
    »Mailand und Paris. Im September. Ich fahre doch, oder?« Ihr Herz klopfte und

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