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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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deren Kind sich aufführt wie vom wilden Affen gebissen.
    Elektrisiert begann sie nun durch die Gänge zu hetzen, dabei ständig gegen den starken Seitwärtsdrall des Einkaufswagens ankämpfend, der jetzt noch schwerer war, weil Ellen sich darangehängt hatte und »Schneller, Clare, schneller!« krähte.
    Um Alex bei Laune zu halten, begann sie Kinderlieder zu singen und den Wagen mit gezwungener Fröhlichkeit hin und her zu schwenken. Obwohl er ihre hysterische Vorstellung mit einem gelangweilten Ausdruck verfolgte, verzog sich sein kleines Gesicht jedes Mal zu einem Schluchzen, wenn sie aufhörte, sodass sie gezwungen war, ihren manischen Tanz durch die Gänge fortzusetzen, während sie dabei gleichzeitig versuchte, nach den Waren zu schnappen.
    »Drei blinde Mäuse …«, sang sie atemlos und angelte dabei zehn Dosen Baked Beans aus dem Regal. »Twinkle, Twinkle Little Star« verhütete das Schlimmste, während sie den Einkaufswagen mit Tunfischdosen belud (irgendwas musste damit doch zu machen sein). Und als sie bei »Humpty Dumpty saß auf der Mauer« angekommen war, stapelte sie die
Milchtüten literweise vom Kühlregal in den Wagen. Es war unglaublich, wie viel von dem allergieerzeugenden, speichelflussfördernden Kuhprodukt die Kleinen in einer Woche in sich hineinschütteten.
    Sie verharrte gerade unschlüssig vor den Suppen und fragte sich, ob man Tomatensuppe aus der Dose wohl als vollständige Mahlzeit rechnen könnte (mit Vollkorncroutons sicherlich …), als sie merkte, dass die Riesen-Familiendosen ganz oben im Regal und außerhalb ihrer Reichweite standen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, flötete sie zuckersüß einen Mann neben sich an. »Wären Sie so freundlich und würden mir eine dieser Jumbo-Spardosen Tomatensuppe herunterholen?«
    Als er sich zu ihr umwandte, bemerkte sie anerkennend, dass er einfach umwerfend aussah – kurzer Bürstenhaarschnitt, enges T-Shirt und Jeans, die seine prächtigen, muskulösen Hinterbacken wie ein Paar eifriger weiblicher Hände umspannten. Wahrscheinlich schwul, aber einen Versuch wert. Sie schenkte ihm das strahlendste Lächeln ihrer regelmäßig gereinigten und von Zeit zu Zeit sogar mit Zahnseide gepflegten Zähne, als er ihr die Dose reichte.
    Doch als er dann mit einem einzigen Blick sie und die Kinder erfasste und sich daraufhin ohne eine weitere Reaktion abwandte, hatte Clare das Gefühl, als hätte ihr jemand einen Magenschwinger verpasst. Es schien beinahe so, erkannte sie entsetzt, als wäre sie einfach nicht mehr vorhanden. Sie war eine Hausfrau, für die nicht einmal mehr ein Lächeln verschwendet wurde, von der man weder Notiz nahm noch womöglich Bewunderung übrig hatte. Clare, die wie vom Donner gerührt mit ihrem vollen Einkaufswagen und zwei kleinen Kindern im Supermarkt stand, war plötzlich zur Unsichtbaren geworden.
    Während der Fremde gleichgültig davonschlenderte, überkam Clare der verzweifelte Drang, ihm nachzulaufen, ihn am T-Shirt festzuhalten und zu flehen: »Sieh mich an, ich bin ein
Mensch. Das sind nicht meine Kinder, das ist nicht mein Einkaufswagen, das ist nicht mein Leben. Ich lebe in der Innenstadt, ich trage Strapse, ich habe einen Schrank voller hochhackiger Schuhe, ja, ich hör mir sogar Hip-Hop an, obwohl ich über Dreißig bin. Ich bin es wert, dass man mich zur Kenntnis nimmt, verdammt noch mal!«
    Stattdessen lud sie weiter wie in Trance Schnellgerichte in den Wagen, alles, was eine leichte, rasche und unkomplizierte Zubereitung versprach. Alex’ Aufstand an der Kasse ließ sie seltsam kalt, ebenso wie Ellens Weigerung, nicht eher einsteigen zu wollen, als bis sie ihr Bananeneis habe. Dies wiederum führte dazu, dass Alex ihr das Eis mit einem eifrigen kleinen Patschhändchen herunterschlug, sodass Clare beiden noch ein Eis kaufen musste, das sie am Ende nicht schnell genug essen konnten, um zu verhindern, dass es überall auf ihre Sachen und die Autositze kleckerte.
    Es war schon vier Uhr nachmittags, als sie endlich gewaschen und frisch angezogen waren. Clare selbst hatte das Gefühl, von einer Straßenreinigungsmaschine überrollt worden zu sein. Ja, ich seh sogar danach aus, dachte sie bekümmert, als sie einen Blick auf sich im Badezimmerspiegel erhaschte. Ellen verlangte bereits nach Pfannkuchen zum Abendessen, und Clare hatte bisher weder Zeit gehabt, die Lebensmittel aus dem Wagen zu räumen noch die Sitze abzuwischen.
    Sie hatte Ellen jedoch versprochen, noch einmal König der Löwen mit ihr zu spielen. Ellen

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