Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
Marie als Unschuld vom Lande – das, was Nell sonst theatermäßig zu sehen kriegt.«
Daisy fand, dass Nell sich ebenfalls mehr als wacker schlug. Sie hatte endlich doch die Farm verkauft und war, trotz Daisys Drängen, zu ihnen nach Sydney zu ziehen, in ein Häuschen in Bobeda umgesiedelt.
»Ich kann doch nicht einfach meine Freunde und meine Heimatstadt im Stich lassen, nur um dir wie ein Mühlstein am Hals zu hängen«, hatte sie zu Daisy gesagt.
Stattdessen stürzte sie sich mit Feuereifer ins Rentnerleben. Unterstützung bekam sie dabei von einem äußerst kompetenten Finanzberater und der treuen Gesellschaft eines kleinen Terriers namens Edward. Sie hatte ihren eigenen Garten, in dem prachtvolle Rosen mit preisverdächtigen Orchideen wetteiferten. Und sie machte immer noch bei den Wettbewerben der örtlichen Landwirtschaftsmesse mit. Dieses Wochenende war sie nun mit ihrem Frauenverein nach Sydney gefahren. Freilich gab es nach wie vor Tage, in denen sie sehr darunter litt, dass Rob nie wieder durch ihre Tür kommen würde – aber diese Tage behielt sie gewöhnlich für sich. Daisy wusste nur deshalb davon, weil Nell dann plötzlich untertauchte und nicht mehr anrief und auch nicht, wie sonst häufig, an Wochenenden nach Melbourne
oder Sydney reiste. Aber das war wohl unausweichlich, vermutete Daisy. Man konnte nicht vierzig Jahre lang mit jemandem zusammenleben und sich dann über Nacht an Stille und Einsamkeit gewöhnen – selbst wenn man einen Hund und ein Paar Rubinohrringe besaß. Wenigstens hatte sie nicht mit Kegeln angefangen.
Daisy erinnerte sich noch gut an den Tag, als sie Nell die Ohrringe überreichte. Es war ein Schock für Nell – als sei Rob noch einmal von jenem unerreichbaren Ort, an dem er nun weilte, zurückgekehrt, um seiner Nell einen letzten Kuss zu geben. Verträumt lehnte Daisy an der Anrichte und fragte sich, ob Tom ihr zu ihrem vierzigsten Hochzeitstag wohl auch Juwelen schenken würde. Wahrscheinlich eher einen motorisierten Rollstuhl.
»Also, meine Schöne«, sagte Tom, »Ende der Nostalgie! Wir müssen in zwölf Minuten in der Kirche sein, und es wird sicher nicht leicht, einen Parkplatz zu finden.«
»Bin schon fertig«, sagte Daisy und strich sich ihre Locken hinter die Ohren.
»Noch nicht ganz«, widersprach Tom.
Er griff in die Tasche und holte ein kleines rotes Samtschächtelchen hervor.
»Ich glaube, du hast vergessen, den hier anzustecken«, brabbelte er verschämt.
Daisy hielt den Atem an und stieß ein unfreiwilliges Quieken aus. Sie hatte sich voll und ganz darauf eingestellt, dass sie eine solche Szene nie erleben würde. Abgesehen von vielem anderen waren extravagante romantische Gesten einfach nicht Toms Art, und wenn es etwas gab, was sie sich vor zwei Jahren zu Herzen genommen hatte, dann das, ihn so zu akzeptieren und zu schätzen, wie er war.
»Nun«, feixte Tom, »willst du gar nicht reinschauen?«
»Ich weiß nicht«, murmelte Daisy schwach und streckte eine zitternde Hand nach dem Samtschächtelchen aus.
Natürlich konnte sie. Sie klappte den Deckel auf und enthüllte einen perfekten Diamant-Solitär, der funkelnd an einem schmalen Goldreif prangte.
»O herrjemine, er ist wunderschön«, hauchte sie.
»Los, probier ihn schon an«, drängte Tom.
»Ich glaube, meine Hände zittern zu sehr.«
»Dann lass mich das für dich erledigen.«
Tom nahm das herrliche Schmuckstück heraus, legte die Schachtel auf den Küchentisch und steckte Daisy den Ring an die linke Hand, wo er wie ein wilder kleiner Stern funkelte.
»Der muss ja ein Vermögen gekostet haben«, sagte Daisy benommen.
Tom zuckte die Schultern. »Und wenn schon – es gibt niemanden, der ihn mehr verdient hätte als du. Im Übrigen, denk an all das Geld, das wir uns gespart haben mit dem Verzicht auf diesen IVF-Scheiß.«
Daisy verzog den Mund zu einem reuigen Lächeln. Sie dachte daran, wie schwer ihr damals diese Entscheidung gefallen war. Besonders hart hatte es Bill Bovis getroffen, der sich unbedingt in den Kopf gesetzt zu haben schien, einen kleinen Change zu fabrizieren.
»Wie auch immer«, sagte Tom stolz, »der Ring sieht fantastisch an dir aus.«
Wie wahr! Daisy musste zugeben, dass er vielleicht sogar noch besser aussah als ihr alter Verlobungsring, der nun wahrscheinlich auf dem Grund des Meeres lag, begraben unter jeder Menge Sand und Fischfutter. Sie war völlig geplättet, dass Tom es geschafft hatte, etwas so Schönes und Richtiges auszusuchen. Gewöhnlich
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