Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)
Schaufel, deren Holz einen tiefen Spalt aufwies.
"Ich denke, viel mehr schaffst du ohnehin nicht. Sieh dich doch nur an!", sagte der Bauer angewidert und wollte Radik zur Tür hinausschieben.
"Wenn du mir richtiges Werkzeug gegeben hättest, würdest du bereits reines Wasser fördern können. Hast du keine Hacke aus festem Eisen?", fragte Radik.
"So weit kommt es noch! Jetzt willst du auch noch mein bestes Werkzeug ruinieren. Schau dir nur an, wie die Schaufel aussieht und dies ist bereits die zweite!", rief der Bauer entrüstet.
"Die Grube ist so tief, dass sie mir bis zur Brust reicht. Gib mir wenigstens einen Laib Brot dafür", forderte Radik beharrlich.
"Ich wollte einen Brunnen! Hast du einen Brunnen gebaut? Also Schluss jetzt!"
Energisch schloss der Bauer die Tür.
Radik schaute sich zunächst ratlos um, ging dann zu dem Erdhaufen und begann, die braune Masse wieder in die Grube zu schaufeln.
"Was machst du da!?", hörte er bald die schnaufende Stimme des Bauern aufgeregt hinter sich brüllen.
"Verlass sofort den Hof oder es wird dir schlecht ergehen!"
Als Radik sah, dass der Bauer, rasend vor Wut, das Messer aufhob, welches am Rand der Grube lag, schlug er ihm mit voller Wucht die Schaufel ins Gesicht, welche krachend zersplitterte. Er legte in den Schlag all die Wut und den Hass, die sich aufgestaut hatten. Das splitternde Holz riss dem Bauer blutige Wunden im Gesicht und er krümmte sich winselnd am Boden.
´Sei froh, dass du mir keine Hacke gegeben hast!´ dachte Radik.
Das Weib kam aus dem Haus und lief mit Geschrei davon.
Radik setzte sein Tun mit einem einfachen Brett fort und hatte die Grube schon zur Hälfte wieder aufgefüllt, als ihm eine Faust in den Nacken traf. Da er sich gerade nach vorne bewegt hatte, war der Schlag jedoch abgerutscht.
Blitzschnell wandte sich Radik um. Er sah zwei Männer vor sich stehen, im Hintergrund das Weib des Bauern.
Als der erste wiederum zum Schlag ausholte, wich Radik aus, packte dessen Arm und hieb ihm die Faust in die Rippen. Mit der Kraft des ganzen Oberkörpers gab er ihm einen Stoß und beförderte ihn in die Grube.
Daraufhin wollte Radik einen Schritt zurückweichen, musste sich aber kurz umblicken, um nicht selbst in die Grube zu fallen. Ein Tritt in den Magen, gefolgt von schnellen Faustschlägen gegen den Kopf streckte Radik nieder. Danach prasselten die Hiebe und Stöße nur so auf ihn herab.
Wie von fern spürte er schließlich, dass man ihn über eine feuchte Wiese schleifte und irgendwann liegen ließ. Die sich entfernenden Stimmen waren wie der Abschied von dieser Welt.
Radik dämmerte vor sich hin regungslos. Keine Kraft, sich zu erheben. Wozu aber auch? Die weitere Suche nach Kaila war doch ohnehin zwecklos.
Und nach Hause zurückkehren? Was sollte er da?
Seine Sinne schwanden, zeichneten nur noch undeutliche Bilder.
Das Meer. Die warme Sonne. Der volle Mond. Leuchtender Bernstein. Honig. Das Summen der Bienen. Der liebe Alte. Kailas grüne Augen.
"Dort liegt jemand!", war eine erschrockene Stimme zu vernehmen, die einer jungen Frau gehören mochte.
Radik war nicht klar, ob er wachte oder träumte, bis er kalte, fette Finger an seinem Handgelenk spürte.
"Ich glaube, der ist tot! Aber wohl noch nicht lange", sagte eine krächzende Frauenstimme, "Mal sehen, ob er etwas bei sich trägt, was sich gebrauchen lässt."
Als jemand begann, seine Kleidung zu durchwühlen, öffnete Radik langsam seine Augen. Ein fettes Weib hatte sich über ihn gebeugt. Ihr pralles Gesicht erinnerte an die Hinterbacken gut genährter Schweine.
Radik packte sie an der schwabbeligen Gurgel und zog sein Messer aus der am Gürtel befestigten Scheide. Er hielt dem starr vor Entsetzen blickenden Weib das Messer vor die Augen und setze es dann an eine der dicken roten Wangen.
Als er es losließ, lief das Weib schreiend davon, in der sicheren Annahme, einem Geist begegnet zu sein.
Radik richtete sich auf, langsam, sich an einen nahen Baum stützend. Ihm war elendig zumute, kein Körperteil schien ohne Schmerzen und ein heftiger Schwindel bemächtigte sich seiner.
Die gleichmäßigen Schritte, die er sich von hinten nähern hörte, waren ihm vertraut.
"Zum Glück haben sie dich nicht eingefangen! Ich hoffe du hast den Weg nach Hause in all den Wochen nicht vergessen", sagte er mit müder Stimme zu Kuro und klopfte ihm schwach den Hals, "Denn dahin wollen wir nun zurück und ich werde dir dabei wohl wenig helfen können."
Nach etlichen Versuchen gelang es
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