Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
Henry war als Arzt vielen Menschen bekannt, Ingrid kaum weniger als Lehrerin. Und die Familien der Larssons und Wilburs waren seit Langem hier ansässig.
So standen die Menschen in Scharen vor der Kirche und jubelten den Brautleuten zu. Ingrid sah in ihrem weißen Brautkleid hinreißend aus. Auch Sven, dessen brüderlichem Blick die Schönheit bisher nicht so aufgefallen war, schien beeindruckt. Henry, in schwarzem Anzug mit weißen Strümpfen, wirkte elegant und lächelte allen fröhlich zu.
Sabrina und Sven genossen die Feier. Sven sah seinen Onkel und seine Cousine erstmals nach längerer Zeit wieder. Sie waren freundlich miteinander, aber Sven wusste, es würde bei der Verschiedenheit der Interessen keine enge Bindung werden. Der Onkel schien auch einen Einmarsch der Briten herbeizusehnen.
Sven und Sabrina amüsierten sich mehr beim Tanz mit Freunden und Bekannten. Als sie am frühen Morgen wieder in ihrem Haus waren,meinte Sven, dass in drei Tagen bei ihnen Taufe gefeiert werde. »Die vielen Feste sind ja auch nicht weniger anstrengend als der ständige Segel- und Kanonendrill auf den Schiffen.«
Sabrina lächelte. »Und wen fasst du beim Kanonendrill so liebevoll um wie die Elisabeth vorhin beim Tanz?«
Er lachte laut. »Ich habe gewartet, dass du das Thema anschneidest. Du hast so streng und genau geguckt. Elisabeth meinte, ich solle sie fester drücken. Sie wolle ihre Freundin ein wenig ärgern.«
»So etwas habe ich mir schon gedacht«, lachte nun auch Sabrina. »Echte Chancen hättest du bei Elisabeth sowieso nicht. Dazu liebt sie ihren William viel zu sehr.«
So sehr erfreut schien Sven über diese Mitteilung nicht zu sein.
Drei Tage später, am Weihnachtsfeiertag, blieb nicht viel Zeit für die Bescherung. Sabrina und Sven überreichten sich ihre Geschenke gleich nach dem Erwachen, und Sven freute sich, dass er auf Martinique diese ebenso hübsche wie wertvolle Brosche gefunden hatte, die Sabrina nun so schön fand. Er war auch von dem Taschenteleskop angetan, das Sabrina für ihn hatte. Danach bescherten sie noch das Personal, und dann wurde es Zeit für ein kurzes Frühstück und den Gang zur Kirche.
Hier wurde die kleine Lilian Astrid getauft. Sie sah süß aus in ihrem Taufkissen und krähte erwartungsgemäß, als sie mit dem Weihwasser beträufelt wurde. Alle Gäste – die meisten hatten sich schon vor drei Tagen getroffen – waren sich einig, dass es jammerschade sei, dass Dr. Wilbur und seine Frau Astrid nicht mit ihrem Enkelkind feiern konnten.
»Sie werden den ganzen Tag im fernen Kanada nur an die Taufe ihrer Enkelin denken«, versicherte eine ältere Nachbarin Sven und Sabrina. »Was macht die Politik nur aus den Menschen? Die beiden hätten doch auch hierbleiben können. Jeder mochte sie doch!«
Sven nahm die Glückwünsche mit Stolz, manchmal auch mit einer gewissen Verlegenheit entgegen, wenn er die Gäste kaum kannte, weil sie zum Freundeskreis seiner Schwester und seiner Frau gehörten. Jetzt allerdings gratulierte ihm ein junges und anscheinend recht vermögendesPaar, bei dem die Frau von hinreißender Schönheit war. Da war er schon aufmerksam.
Und ausgerechnet jetzt wurde die Tür aufgerissen, ein Mann stürmte herein und rief: »Sieg! Sieg!«
»Gregor!«, sagte die schöne Gratulantin zu ihrem Mann. »Das ist doch unser Lagerverwalter. Hat der sich etwa betrunken?«
»Ich werde sehen«, antwortete dieser knapp und eilte zu dem Überraschungsboten. Er sprach mit ihm, stellte sich dann auf einen Stuhl und informierte die ganze Gesellschaft:
»Meine Damen und Herren! Soeben ist die Meldung eingetroffen, dass General Washington in der vergangenen Nacht die hessische Brigade des Obersten Rahl in Trenton überfallen hat. Colonel Rahl fiel. Der Großteil seiner Männer wurde gefangen, andere flohen. General Washington hat sie weit nach Jersey verfolgt. Es ist ein großartiger Sieg, der unserem Täufling in die Wiege gelegt wurde.«
Und nun wurde gejubelt, getrunken und gelacht. »Wollen Sie Ihre Tochter nicht noch in ›Victoria‹ umtaufen, Herr Kapitän?«, fragte die schöne Gratulantin.
»Du kennst meinen Mann noch nicht gut, liebe Aurelia. Dazu müsste er erst prüfen, ob die Nachricht stimmt, ob der Sieg die erhofften Konsequenzen hat oder doch nur ein Pyrrhussieg war«, mischte sich Sabrina ein, die zu ihnen getreten war. »Sven, Aurelia ist meine liebste Freundin aus dem Lehrerstudium. Sie ist ein so lieber Mensch, dass auch Frauen ihre Schönheit neidlos
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