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Sweet about me

Sweet about me

Titel: Sweet about me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Sous
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Maya. » Da sieht man mal wieder, wie alt du schon bist.«
    Betty lachte.
    » Du fällst mir also auch in den Rücken«, sagte ich. Demonstrativ konzentrierte ich mich jetzt auf die Treibhauslandschaft, die an uns vorbeiflog, und lauschte auf verdächtige Geräusche vom Autodach. Betty schaltete das Radio wieder ein und lieferte mir damit noch einen weiteren Scheidungsgrund: Radio Noordzee 100.7 FM brachte High On Emotion von Chris de Burgh. Betty sang mit, als ginge es um den Sieg beim Eurovision Song Contest.
    Betty. Ich hatte sie vor fünfzehn Jahren an einem Freitagvormittag im April kennengelernt. Der Tag hatte nicht gut angefangen. Mein Faxgerät hatte einen Papierstau. Meine Reparaturversuche führten zum Totalschaden. Einen Internetanschluss hatte ich damals, Mitte der Neunzigerjahre, noch nicht, deshalb musste ich meinen Artikel über den beliebten Popsänger Chris de Burgh zu Fuß zur Post bringen. Unter der Überschrift Kuschelrock für Omi hatte ich kein gutes Haar an dem Iren und seiner Musik gelassen. Aufgedreht, berauscht von dem Gedanken, einen Weltstar gestürzt und aus der Halle des Ruhmes verjagt zu haben, hätte ich nur meine Arme ausbreiten müssen, um loszufliegen. Der Boden der Tatsachen hatte mich wieder, als ich merkte, dass ich den Brief an die Redaktion gleichzeitig mit einem Honorarscheck eingeworfen hatte, den ich in der Sparkasse neben dem Postamt einlösen wollte.
    Bis zur nächsten Leerung waren es noch gut siebzig Minuten, und es regnete. Ich wäre gern in das italienische Café gegenüber gegangen, aber das war mir zu riskant. Ich durfte den Briefkasten nicht aus den Augen lassen.
    Ich beobachtete die Postkunden. Manche konnten sich nur schwer von ihren Briefen und Karten trennen. Sie standen unschlüssig vor dem Kasten herum, drehten und wendeten ihre Schreiben oder Grüße, zögerten den Abschied hinaus. Vielleicht machten ihnen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Beförderungsunternehmens zu schaffen, oder sie überlegten, ob sie das, was sie da geschrieben hatten, besser nicht geschrieben hätten. Andere dagegen erledigten ihren Einwurf mit der grimmigen Entschlossenheit von Staatsanwälten und Attentätern oder der siegesgewissen Beschwingtheit routinierter Heiratsschwindler.
    Mir war kalt. Um mich aufzuwärmen, stellte ich mir vor, wie sich Chris de Burgh über meinen Verriss ärgern, wie er an die Decke gehen und platzen würde. Vor ein paar Jahren hatte ich ihn in seinem Hotelzimmer interviewt. Er saß, nein: thronte mit einem Whiskeyglas und ein bisschen unrasiert im weißen Bademantel auf einem Bett, dessen Laken kunstvoll zerwühlt und mit Schnee aus Kopfkissenfedern bestreut war. Ein schwarzer Damenstrumpf, zwei rote Schuhe mit dolchspitzen Absätzen gehörten ebenfalls zur Dekoration, die eine nächtliche Orgie soufflieren sollte. Rock ’n’ Roll! Aber ich war in den verschwitzten Zimmern von Iggy Pop und Liam Gallagher gewesen, hatte den scharfen Geruch nach Sex auf Leben und Tod gerochen. In de Burghs Suite roch es bloß nach Inszenierung und Bluff. Falls im Bett des Musikers mit den vielen goldenen Schallplatten überhaupt etwas stattgefunden hatte, dann höchstens eine müde Kissenschlacht.
    Chris de Burgh spielte mit dem Gürtel seines Bademantels, und nach einem großen Schluck goldgelber Flüssigkeit atmete er tief durch. Unvermittelt und ungefragt behauptete er, nie Kritiken zu lesen. Als kreativer Rockmusiker habe er Besseres zu tun. » Rockmusiker?«, fragte ich. » Sorry, Sie meinen wohl: Schlagersänger.«
    Da war unser Gespräch zu Ende. Der Sänger von High On Emotion kreischte und schüttete mir den Inhalt seines Glases ins Gesicht. So flog immerhin auf, dass sein Whiskey, den er mit dem Brimborium eines harten Trinkers zu sich genommen hatte, in Wirklichkeit Kamillentee war. » Fucking bloody bastard«, schrie der unsympathische Ire, » fucking bloody German Nazischwein!« Zwei Bodyguards kamen aus dem Nebenzimmer und packten mich nicht nur am Kragen.
    Aber jetzt hatte ich zurückgeschlagen. Ich hatte de Burgh einen Rockeunuchen genannt und auch sein Teedesaster nicht verschwiegen. Außerdem hatte ich behauptet, er sei Toupetträger. Sauber recherchiert war das zwar nicht, aber einem irischen Nervenzusammenbruch bestimmt förderlich. Ich lachte in mich hinein, eine dunkelhaarige Briefschreiberin lächelte zurück.
    » Kennen Sie Chris de Burgh?«, fragte ich.
    » Chris de Burgh?«, antwortete sie. »Ja, natürlich! Don’t Pay The Ferryman. Und The Lady

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