Swinger

Orgasmus durch ihren Körper zittern.“
    Die Erinnerung an diesen Kuss war wahrscheinlich Eves letzter zusammenhängender Gedanke an diesem Abend. Sie wusste, dass sie in dieser Nacht mindestens ein Dutzend Männer hatte. Die Anzahl an benutzten Kondomen, die sie im Fußraum des Autos fanden, ging mit Leichtigkeit über diese Summe hinaus. Doch das meiste ist jetzt nur noch ein trüber Nebel aus Lust und Befriedigung.
    „Ich war die nächste Woche lang wund wie die Hölle“, gestand sie. „Und ich lief am nächsten Tag wie ein Krüppel herum. Aber das war es mehr als wert. Ich würde jedem raten, so etwas einmal ausprobieren. Auf jeden Fall werde ich es sehr bald wieder tun. Es macht süchtig. Und es ist lebensbejahend. Von so vielen Männern begehrt zu werden, von so vielen Fremden benutzt zu werden … du fühlst dich so lebendig und so begehrenswert dabei. Und die sexuelle Befriedigung ist stärker als irgendwas, das man sich vorstellen kann. Ich habe mich nie als Adrenalin-Junkie gesehen, aber ich bin süchtig nach Dogging. Ich will einfach noch mehr davon.“
Grace & Harry: „Letzten Monat veranstalteten wir eine römische Orgie. Es lief ziemlich gut …“
    Der Raum ist still, bis auf das Raunen von einem Dutzend oder mehr gemurmelter Unterhaltungen. Es ist so dunkel, dass keines der Pärchen die anderen Gäste sehen kann. Man kann die Anspannung in der Luft fast genauso riechen wie die penetranten Gerüche der bis zu fünfzig verschieden Aftershaves und Parfüms. Aus unsichtbaren Lautsprechern erklingen die ersten Töne von Ravels
Bolero
. Als die erste Reprise der sich ständig wiederholenden Melodie endet und die kleinen Trommeln immer wilder und lauter werden, die den hypnotisierenden Rhythmus der Musik verstärken, erhellt ein einzelner Scheinwerfer den Mittelpunkt des Raumes.
    Zum ersten Mal, nachdem die Gäste sich versammelt haben, können einander undeutlich erkennen. In der Einladung wurde modisch-legere Kleidung gefordert. Die Herren tragen alle gebügelte Freizeithosen und Hemden, ihre Partnerinnen modische Sommerkleidung, die dem milden Abend angemessen ist. Viele lächeln, einige vorsichtig, andere voll freudiger Erwartung. Armbänder und Schmuck klimpern, als einige Frauen zur Beruhigung die Hände ihrer Partner ergreifen.
    Jeder starrt die beiden fast nackten Frauen an, die im Zentrum des Raumes im Scheinwerferlicht stehen.
    „Der Eisbrecher ist am wichtigsten für den Erfolg einer Party“, erläutert Grace. Elegant hergerichtet und bemerkenswert stilvoll in einem maßgeschneiderten Hosenanzug, spricht sie mit einem Akzent, der ihrer europäische Herkunft zeigt. Ihre schlanke Figur und selbstsichere Haltung sind typisch für eine ehemalige Balletttänzerin. Selbst im Sitzen ist ihre Haltung unglaublich vornehm. „Wir wissen, dass die meisten Gäste ziemlich nervös sind, wenn sie ankommen. Es ist zu viel verlangt, von jemandem zu erwarten, einfach den ersten Schritt zu tun. Viele hatten eine lange Anreise, und manche haben keine Ahnung, was sie erwartet. Deshalb organisieren wir irgendetwas Besonderes, damit jeder beruhigt ist.“
    Das langsame Crescendo von Ravels
Bolero
nimmt weiter zu, während die versammelten Paare den beiden angeheuerten Tänzerinnen zuschauen, die das Eis brechen sollen. Eine davon ist groß und dunkelhaarig, die andere blond und zierlich. Sie tragen zusammenpassende, hauchdünne Dessous, die ihre langen, nackten Beine enthüllen und ihre straffen, vollen Brüste betonen. Es ist offensichtlich, dass beide hervorragende Tänzerinnen sind, das sieht man der Art, wie sie verführerisch die Hüften kreisen lassen und der kühnen Dreistigkeit ihrer erotischen Bewegungen. Der Scheinwerfer wird langsam immer heller, während das Publikum die beiden beobachtet, wie sie sich zu dem langsamen Takt der Musik bewegen. Mit wohl einstudierter Synchronie strecken sie Arme aus, um einander zu streicheln und zu berühren. Ihr Tanz wird immer intimer.
    „Ich überlasse es Grace, den Eisbrecher zu organisieren“, sagt Harry. „Eigentlich überlasse ich ihr die gesamte Organisation der Partys.“
    Harry ist ein Geschäftsführer in den späten Fünfzigern. Ein untersetzter Mann mit stahlgrauem Haar, lässig gekleidet in ein Hemd mit offenem Kragen und einem modischen Konfektionsanzug von
Burton’s
. Er war schon immer am Swinging interessiert, doch seine erste Ehefrau teilte dieses Leidenschaft nicht. Nach seiner Scheidung begann er sein Interesse am Partnertausch mit seiner