Symphonie der Herzen
du das Geld zwar nie brauchen, aber deine Mutter könnte, wenn dein Vater eines Tages stirbt, darauf angewiesen sein. Du wirst ihr dann wahrscheinlich aushelfen müssen, Lu, denn laut dem Testament deines Vaters geht nach seinem Tode alles an seinen Haupterben. Deine Mutter bekommt lediglich das Haus in Campden Hill.«
»Aber woher weißt du denn das alles?«
»Sagen wir mal so: Meine Anwälte beziehen ein recht großzügiges Gehalt von mir, Liebling.« Sachte hauchte er über ihre Schläfen. »Und da wir gerade vom Geld sprechen, kann ich dir auch gleich noch beichten, dass ich vorhabe, die Kosten für Clauds Wahlkampagne zu tragen. Ich will schließlich, dass auch er einen Sitz im Parlament bekommt.«
»Auch dagegen habe ich nichts einzuwenden.« Lus Augen funkelten verschmitzt. »Und überhaupt heißt es ja, dass beichten gut für die Seele ist. Also, gibt es vielleicht noch etwas, was du mir mitteilen möchtest?«
»Nun ja, eine Kleinigkeit gäbe es da vielleicht noch. An dem Abend, als wir auf Barons Court eintrafen und du dich sogleich in deinem Boudoir verschanzt hattest, da hattest du fast deine gesamten Koffer und Truhen die Nacht über bei mir im Schlafzimmer stehen gelassen. Und weil mir so langweilig war, habe ich eine der Truhen geöffnet - und dein Tagebuch entdeckt.«
Louisa erstarrte. »Du hast mein Tagebuch gelesen?«
»Tja, was soll ich sagen? Ich fürchte, so war’s.«
Wutschnaubend entwand sie sich seinen Armen. »Du Teufel! Und du redest von Vertrauen? Dass ich nicht lache! Du bist doch nichts weiter als ein unzivilisierter Ire.«
James aber zog Lu zurück in seine Arme und hielt sie dort mit eisernem Griff gefangen. »Aber versteh doch! Es hat mich fast um den Verstand gebracht, nicht zu wissen, wer der Kerl war, der dich geschwängert hatte. Du hattest immerhin eine Fehlgeburt erlitten -dachte ich. Aber als ich dann dein Tagebuch las und erfuhr, dass es in Wahrheit Georgy war, der das alles passiert ist, da war mit einem Mal sämtliche Last von mir abgefallen, und ich war der glücklichste Mann auf Erden.« Er hielt einen Moment inne und schmunzelte vergnügt, ehe er fortfuhr: »Im Übrigen war das auch die Nacht, in der ich mich dazu entschloss, dich trotz unserer Absprache irgendwann doch noch zu verführen. Koste es, was es wolle.«
Eine volle Minute lang blickte Lu ihn stumm an, während sie darüber nachdachte, was er ihr soeben alles gestanden hatte. Schließlich aber lächelte sie. »Und worauf wartest du dann noch? Ich dachte, du wolltest mich verführen, Abercorn.«
Nun war es an James, sie nachdenklich anzuschauen. »Dann muss ich dich aber davor warnen, dass unser Liebesspiel darin enden könnte, dass du schwanger wirst.«
»Ach, James«, seufzte Louisa, und ihre Lippen verzogen sich zu einem geheimnisvollen Lächeln. »Du weißt doch: Ich vertraue dir. Sorge nur bitte dafür, dass es ein Mädchen wird!«
30
Ardverikie, Schottland Sommer 1846
Gott schütze unsere liebreizende Königin Victoria.« Galant hob Lord Abercorn das Glas, um seiner Königin zuzutoasten, die mitsamt ihrer Familie gerade einen zauberhaften Kurzurlaub auf James’ Anwesen in Schottland verlebte.
»Ich danke Euch, James. Wir wissen Eure Gastfreundschaft sehr zu schätzen. Überhaupt haben Wir uns in diese malerische Landschaft regelrecht verliebt und sind zu dem Entschluss gekommen, dass Wir unbedingt unser eigenes Anwesen hier in Schottland brauchen.«
James musste sich sehr beherrschen, um nicht amüsiert zu grinsen, als Victoria - wie so oft - im Pluralis Majestatis von sich sprach. Doch er nahm sich zusammen und ließ nur einmal verstohlen den Blick von der Königin zu seiner Frau hinüberschweifen, die in eine höchst angeregte Diskussion mit dem Prinzen vertieft war. Nicht zum ersten Mal fiel James auf, wie klein und rundlich die Königin doch war, und dass sie, obgleich sie eigentlich recht einnehmende Gesichtszüge besaß, doch keineswegs als Schönheit bezeichnet werden konnte. Seine Ehefrau, Lady Lu, hingegen raubte einem noch immer schier den Atem, dabei war sie fünf Jahre älter als die Königin.
Sein Blick schweifte zu dem attraktiven und erst siebenundzwanzigjährigen Prinzen Albert hinüber, der zu Louisas Rechten saß. Seit wir uns zum Abendessen hier niedergelassen haben, grollte James im Geiste, hat er nicht ein einziges Mal den Blick von Louisa abge
wandt! Es ließ sich also nicht verhehlen, dass James noch immer sehr eifersüchtig war, wenn es um seine schöne Ehefrau
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