syrenka
führte – einem Hohlraum, der zufällig zwischen den aufgeschütteten Granitblöcken entstanden war. Bei Flut lag der Zugang unter Wasser. Wenn aber Ebbe herrschte, wie jetzt,stand diese Grotte in dem Ruf, ein Unterschlupf für Liebespaare und Kiffer zu sein. Wenn Hester Glück hatte, waren in diesem Moment aber alle auf der Party und die Höhle war leer.
Es begann jetzt kräftig zu regnen. Innerhalb weniger Schritte verdichtete sich das Getröpfel auf ihrem Kopf und ihren Schultern zu einem Trommelwirbel. Hester drückte das Kinn auf die Brust, lief los und erreichte den Eingang der Höhle genau in dem Moment, als der Himmel seine Schleusen öffnete.
Hester war zum ersten Mal hier. Die Höhle war eng und hatte eine niedrige Decke, erstreckte sich aber weiter in die Tiefe, als Hester gedacht hatte. Das rückwärtige Ende war nicht zu erkennen.
»Ist jemand zu Hause?«, rief sie unsicher. Stille. Hester seufzte erleichtert und schlüpfte aus ihrer Sandale, um einen Kiesel herauszuschütteln. Der Stoff ihres Kleides klebte an ihrem Körper. Sie pellte ihn von ihren Beinen und schüttelte ihn ein wenig. Der Luftzug auf ihrer feuchten Haut ließ sie erschaudern.
Dann hörte sie draußen das Knirschen rutschender Steine. Sie wandte sich genau in dem Moment um, als Joey Grimani die Höhle betrat. Hinter ihm glomm das schwache Licht der Dämmerung, sein Gesicht lag im Schatten. Er war komplett durchweicht, als käme er geradewegs aus dem Meer. Er schüttelte das Wasser aus den Haaren, dann strich er mit den Fingern hindurch, damit es wieder schön wuschelig aussah – mit geübten Griffen und ganz ohne Spiegel.
Igitt , dachte Hester.
»Hester!«, sagte Joey und tat überrascht, dass sie hier war. »Das schüttet ja wie aus Eimern, was?«
Er hatte sich zwischen ihr und dem Ausgang der Höhle postiert.Hester war klar, dass sie ihn irgendwie anfassen und beiseiteschieben musste, wenn sie hier herauswollte.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Was machst du hier?«
»Dasselbe wie du. Ich fliehe vor dem Regen«, antwortete er.
»Ausgerechnet an den Strand?«
Er kam näher. »Was hältst du davon: Wir vertreiben uns hier ein bisschen die Zeit, und wenn der Regen nachlässt, bringe ich dich nach Hause.«
»Ich will mir nicht mit dir ›die Zeit vertreiben‹«, antwortete Hester heftig. »Geh zurück zur Party!«
»Es gibt keine Party mehr. Sie ist geplatzt, als es zu schütten begann.«
Hester versuchte, sich an ihm vorbeizudrücken. Aber er packte sie am Handgelenk und zog sie an sich.
»Warte doch«, sagte er. Er drückte sich so eng an Hester, dass sie durch ihre feuchten Kleider seinen Brustkasten spürte.
»Wie schön, dass wir allein sind ...«, begann er. Er klang gewandt und erfahren.
»Hör auf, Joey!«, fiel sie ihm ins Wort. Sie drückte seinen Oberkörper von sich, aber er schlang seine beiden Arme umso fester um ihre Taille und presste seinen Unterleib an sie.
»Du bist gar nicht so kühl, wie du es den Leuten immer weismachst«, sagte er leise. »Dabei merkt man doch, wie leidenschaftlich du in Wirklichkeit bist!«
»Nimm deine Finger weg und lass mich raus!«, presste Hester drohend hervor.
»Ich kann dich erblühen lassen wie eine Blume.« Er begann sich sanft zu wiegen, als tanzten sie miteinander. »Du musst einfach nur Ja sagen.«
Sie war kurz davor, ihr Knie anzuwinkeln und es ihm in den Unterleib zu rammen, als eine Männerstimme aus der Dunkelheit erklang: »Diese Höhle ist besetzt, Don Juan.«
»Gott sei Dank!«, stieß Hester aus. »Hier ist schon ein Paar!«
Joey erstarrte und lockerte den Druck seiner Arme um Hesters Hüfte. Mit schief gelegtem Kopf lauschte und spähte er in das Dunkel im hinteren Teil der Höhle. »Wie bitte?«, fragte er.
»Such dir einen anderen Ort, wo du mit ihr Liebe machen kannst«, antwortete die Stimme. Sie klang belegt und angestrengt, wie gerade aus tiefem Schlaf erwacht. Und mit einem Anflug von Ärger. Hester machte sich aus Joeys Armen los.
»Hey!«, stieß Joey aus.
»Ich habe es dir schon mal gesagt: Sieh zu, dass du abhaust!« Sie versetzte ihm einen heftigen Stoß gegen die Brust und Joey taumelte ein paar Schritte rückwärts.
»Nennst du diesen Überfall wirklich ›Liebe machen‹?«, schrie sie dann dem Unbekannten im hinteren Teil der Höhle zu. »Bist du vielleicht ein verfickter Misogyn? Ein verdammter Frauenhasser? Dieser Idiot interessiert sich nicht die Bohne für mich!«
»Hester, du spinnst!«, rief Joey dazwischen und
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