T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
übertönte für einen kurzen Augenblick die Gesprächsfetzen, die über die Heizungsrohre zu ihr drangen. Sie presste das Ohr dicht an den Schacht und hielt den Atem an.
»… müssen vorsichtig sein … sie wird misstrauisch.« Die dritte Frau?
»Pass einfach auf.« Wyatt?
Bong!
Ein Knarzen, dann ein Quietschen, als würde eine Tür geöffnet.
Eilig sprang Ava vom Bett und huschte auf eisigen Sohlen zur Schlafzimmertür. So lautlos wie möglich schob sie die Kommode zur Seite und lehnte sich atemlos gegen das Türblatt. Nichts. Keine Schritte, die die Stufen heraufkamen und sich ihrem Zimmer näherten. Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus auf die dämmrige Galerie. Als sie niemanden sah, schlüpfte sie aus dem Zimmer und hastete Richtung Treppe.
Die Luft war kühler als im Schlafzimmer, und sie spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam.
Bong!
Fast hätte sie vor Schreck aufgeschrien, so viel lauter dröhnte die Uhr hier oben am Treppenabgang.
Von unten waren leise Schritte zu vernehmen.
Klick! Quietsch!
Die Haustür wurde geöffnet.
Ava biss sich auf die Lippe. Die Hand am Geländer, huschte sie geduckt die Stufen hinunter.
Bong!
Fast wäre sie gestolpert, doch sie fing sich gerade noch rechtzeitig.
Die Haustür fiel mit einem gedämpften Knall ins Schloss. Ein kühler Luftzug, der den Geruch nach Regen mit sich brachte, streifte sie.
Bong!
Das Foyer war leer, eine einzelne Lampe brannte.
Bong!
Die Uhr schlug zwölf, gerade als Ava an eins der hohen, schmalen Fenster trat, die die Haustür flankierten. Durch die Scheibe sah sie zwei davoneilende Gestalten. Einen hochgewachsenen Mann – vermutlich Wyatt –, der die Hand auf den Rücken der kleineren Gestalt gelegt hatte – Evelyn McPherson, nahm Ava an. Sie strebten auf den Anleger zu.
Obwohl sie es abstritten, hatten sie ganz offensichtlich ein Verhältnis miteinander. Und sie hatten über Ava gesprochen. Mein Gott, war das verkorkst!
»… völlig aus der Bahn geworfen«, wisperte eine Frauenstimme. Avas Herz gefror zu Eis. Also doch zwei verschiedene Gespräche! Und dieses hier fand vermutlich in Wyatts Arbeitszimmer statt. Oder kam die Stimme aus der anderen Richtung, vielleicht aus dem Wohnzimmer, dem Esszimmer oder der Küche?
Sie knipste eine weitere Lampe auf einem Beistelltisch an, dann schlich sie Richtung Arbeitszimmer.
Das ist
dein
Haus, es ist dein gutes Recht, hier zu sein,
redete sie sich ein,
ganz gleich, zu welcher Tages- oder Nachtzeit.
Trotzdem war sie nervös, ihr Herz raste, ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Mit schwitzenden Handflächen schlüpfte sie, ohne Licht zu machen, durch die halbgeöffnete Tür zum Refugium ihres Mannes. Zumindest die anderen beiden Stimmen waren aus diesem Raum gekommen … oder? Auf einmal bemerkte sie einen Schatten, eine schnelle Bewegung neben dem Bücherregal.
Beinahe wäre ihr das Herz stehen geblieben.
Eine kleine, dunkle Gestalt stürzte mit einem bösen Fauchen auf sie zu. Erschrocken sprang Ava zur Seite und schnappte nach Luft, dann erkannte sie Mr. T., den schwarzen Kater, der mit gesträubtem Fell zur Tür hinausschoss.
Erleichtert sackte Ava gegen die Schreibtischkante.
Zum Glück war es nur Virginias Katze.
Nur dass Mr. T. kaum in der Lage ist, ein Gespräch zu führen, geschweige denn mit verschiedenen Stimmen …
In der Ferne erwachte ein Bootsmotor zum Leben. Wyatt und Dr. McPherson verließen die Insel.
Die bin ich erst einmal los,
dachte Ava, dann hörte sie plötzlich ein weiteres Geräusch – das gedämpfte Weinen eines kleinen Kindes.
O nein! Bitte nicht!
»Mama«,
wisperte ein zartes Stimmchen. Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden.
»Schätzchen?«, flüsterte sie unwillkürlich, obwohl sie genau wusste, dass Noah nicht im Haus war. Trotzdem hatte sie ihn klar und deutlich weinen hören.
Hastig zog sie mehrere Schubladen an Wyatts Schreibtisch auf und tastete nach einer Taschenlampe. Als sie endlich fündig geworden war, huschte sie aus dem Zimmer durchs Foyer und die Treppe hinauf in den ersten Stock.
Oben angekommen, knipste sie die Taschenlampe an und leuchtete mit dem dünnen Lichtstrahl zu Noahs Kinderzimmer. Zögernd blieb sie davor stehen, dann gab sie sich einen Ruck und stieß die Tür auf. Sie ließ den Schein der Taschenlampe über die Möbel gleiten. Noahs Gitterbettchen erinnerte an eine Gefängniszelle, seine Spielzeuge sahen in dem zuckenden, gelben Licht unheimlich aus, grotesk, nicht weich
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