Taberna Libraria
Bewegung.
Corrie sah ihm ärgerlich nach. "Etwas liegen lassen darf man da wirklich nicht." Ebenso schnell wandte sie ihren Blick jedoch wieder ab und sah sich um. Sie befanden sich auf einer breiten, gemauerten Brücke, die einen Fluss überspannte, der sich durch diesen Teil der Stadt schlängelte. Auf den breiten Wiesen, die ihn säumten, lagen oder saßen junge Leute aller Rassen beisammen und redeten, sonnten sich oder spazierten dem hellen Kiesweg folgend am Wasser entlang.
Oberhalb der sanft ansteigenden Rasenflächen verliefen die Straßen aus silbern marmoriertem Stein, der auch für den Bau der meisten Gebäude verwendet worden war.
Hinter den Bäumen in der Ferne, wo die feuchte Luft noch feine Nebelschwaden bildete, erhoben sich spitze Türme und massive, burgähnliche Gemäuer, deren bunte Fahnen sich im Wind bauschten.
"Erzählst du uns jetzt, wo wir hier genau sind?" Corrie betrachtete stirnrunzelnd einen Wegweiser am Brückenpfeiler neben ihnen. Mindestens ein dutzend Pfeile mit seltsamen, verschiedenfarbigen Symbolen, zeigten in alle nur erdenkliche Richtungen, inklusive des Himmels. Ein Pfeil wies kopfüber direkt auf den Punkt, auf dem sie standen. Als Corrie daraufhin zu Boden blickte, erkannte sie dort dasselbe Symbol, eine Art Stern oder Sonne.
"Wir befinden uns am Eingang zum Universitätsviertel", erklärte Veron. "Hier wohnen und arbeiten einige unserer besten Kunden." Er wies mit der Hand zu den Türmen. "Dort hinten liegt ein Teil des Campus mit verschiedenen Fakultäten. Sahades Haus ist nicht mehr weit von hier." Er wandte sich nach rechts und setzte sich in Bewegung.
"Dann ist sie Dozentin?", fragte Silvana ungläubig.
Talisienn, der sich bei ihr eingehakt hatte, schüttelte den Kopf. "Und für was, um Himmels Willen?"
"Mineralogie, soweit ich weiß", erwiderte Veron.
"Aber sie ist auch eine Maleficate Mare?"
"Erwähne dieses Wort bloß nicht vor ihr!", mahnte der Halbelf ernst. "Sonst kann ich für wirklich gar nichts garantieren. So etwas hören die Nagas im Allgemeinen nicht gerne."
"Aus gutem Grund", nickte Talisienn. "Schließlich beschreibt es überaus treffend ihr wahres Wesen."
Veron seufzte. "Aber sie ist die einzige, von der ich uns hier auf Amaranthina Hilfe erhoffen kann. Vielleicht hätte man im Purpurmeer größere Chancen gehabt, einen Handelspartner zu finden. Allerdings dauert die Reise dorthin wenigstens eine Woche bei gutem Wind und auch dann ist es nicht gesagt, dass man dort mehr Glück hat."
Darauf neigte Talisienn nur stumm den Kopf und das Thema war beendet.
Ändern ließ es sich nun ohnehin nicht mehr. Sie waren bereits auf dem Weg zur Naga, mit der Nachtmeeressenz in der Tasche, um eine schwarze Perle mit zurück zu nehmen.
Corrie und Silvana versuchten sich unterdessen damit abzulenken, dass sie die Auslagen der Geschäfte betrachteten, an denen sie vorbei gingen. Die meisten hatten ihr Angebot genau auf den Bedarf der Studenten abgestimmt.
An einem Laden blieb Silvana kurz stehen und beugte sich etwas tiefer über die Kästen mit den Schreibfedern. "Seht euch das an", staunte sie und nahm einen der Federkiele in die Hand. Im Licht schimmerte er in allen möglichen Blautönen und seine weißen Tupfen schienen zu glitzern. "Die sind um Längen schöner als die üblichen, eingefärbten Gänsefedern, die man bei uns bekommt."
"Und die Metallspitzen erst", stimmte Corrie zu, die ebenfalls fasziniert die verschiedenen Waren betrachtete. "Das wäre noch etwas Exklusives für den Geschenke-Tisch."
"Wir können ja auf dem Rückweg ein paar davon kaufen", lächelte Veron und klopfte vielsagend auf seine Geldbörse. "Aber jetzt müssen wir erst weiter zu Sahade. Ich würde sie ungerne warten lassen. Das macht sie nämlich nicht unbedingt umgänglicher."
Also setzten sie ihren Weg fort, der sie auch hinab zum Fluss führte und schließlich zu einer schmalen Brücke, die man nur zu Fuß überqueren konnte. Eine noch schmalere Gasse folgte, über der sich die geneigten Giebel der Häuser beinahe zu einem Dach schlossen, bevor der Halbelf schließlich in eine prächtige, lichtdurchflutete Allee abbog. Ein Teil des Flusses wurde hier durch kleine Kanäle geleitet, die die Vorgärten der frei stehenden Häuser von der Straße trennten. Hölzerne oder steinerne Stege führten zu den Türen, oder -in manchen Fällen- sogar Toren.
Trotzdem fiel gerade das Heim von Sahade besonders auf - es war ganz aus blauem Glas gefertigt, das Dach aus silbern lasierten
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