Taberna Libraria
Seitenstraße, die von den Kindern der Anwohner selbst in bunten Farben gestaltet worden war, um dort spielen zu können. Hier lag auch sein Büro in einem schmalen, unscheinbaren Backsteinhaus. Nur das kleine Schild über dem Eingang wies auf den Makler hin.
"Kaffee?", fragte Mr. Watson, während er aufschloss und die beiden Freundinnen einließ. "Ich könnte einen vertragen. Jedenfalls eher als einen Tee."
Corrie nickte zustimmend während sie ihre Handschuhe auszog und sich umsah. "Gerne."
"Für mich auch", stimmte Silvana zu. "Danke."
"Dann machen Sie es sich schon einmal bequem. Ich bin sofort wieder da." Damit war der Makler auch schon in einem kleinen Nebenraum verschwunden, wo sie gleich darauf die Wasserleitung rauschen hörten.
Zusammen mit Silvana ließ sich Corrie auf dem grünen Sofa neben dem Fenster nieder. "Sieht eher aus wie ein Wohnzimmer als ein Büro, oder?", flüsterte sie.
Silvana, die gerade die niedrige, holzvertäfelte Decke und den dunklen Schreibtisch vor der Schrankwand mit Aktenordnern gemustert hatte, nickte langsam. "Und ziemlich dunkel alles. Aber hell und modern passt weder zu ihm, noch zu dem Ort."
Corrie kräuselte die Lippen. "Auch wieder wahr."
Silvana nickte zur Schreibtischplatte. "Immerhin hat er einen Laptop."
"Und eine Katze."
"Was?"
"Da oben auf dem Schrank. Die sieht aber merkwürdig aus. So große Ohren haben doch sonst nur Wüstenfüchse, oder?"
Silvana folgte dem Blick ihrer Freundin und entdeckte nun ebenfalls Mr. Watsons Haustier, das mit den Ohren bereits an die Zimmerdecke stieß, obwohl es lag.
"Und ganz schön dürr ist sie außerdem." Corrie sah stirnrunzelnd in das schmale, fast dreieckige Gesicht der Katze, in dem mandelförmige, gelbgrüne Augen glühten. Ihr ab und zu zuckender Schwanz glich einer dünnen Peitsche, hatte jedoch eine dicke Fellquaste am Ende, wie der eines Löwen.
"Nicht schön aber selten", kommentierte Silvana den Anblick, wobei sie jedoch leise genug war, um nicht von Mr. Watson gehört zu werden, der im selben Moment mit einem Tablett zurück ins Zimmer kam. Auf dem Spitzendeckchen des Tisches vor ihnen drapierte er Zucker und Sahne, bevor er die Tassen verteilte und tiefschwarzen Kaffee aus einer hohen, silbernen Kanne einschenkte. Ehe er sich zu ihnen setzte, stellte er das Tablett auf den Schreibtisch und nahm eine Akte, die auf dem Sessel dahinter gelegen hatte. 'Buchladen - Miss Vaughn' stand auf dem Deckel. "Wie ich sehe, haben Sie Meggie bereits entdeckt", schmunzelte er.
"So eine Katze habe ich noch nie gesehen", gestand Corrie, die von dem seltsamen Erscheinungsbild des Tieres durchaus fasziniert war. In früheren Zeiten wäre sie garantiert ein Stück in einem Kuriositätenkabinett geworden.
"Sie ist mir zugelaufen." Mr. Watson gab einen Löffel Zucker in seinen Kaffee und rührte gemächlich um. "Niemand hat nach ihr gesucht und sie macht auch keine Anstalten, wieder zu gehen. Also lasse ich sie hier wohnen. Manchmal kommt sie herunter und lässt sich streicheln. Aber die meiste Zeit verbringt sie dort oben und wacht über mein Büro. Zumindest scheint es so, oder? Bringen Sie eigentlich Haustiere mit?"
Corrie schüttelte den Kopf. "Meine Mutter verkauft zwar Mode und Accessoires für Hunde, aber selber habe ich kein Tier. Und Ms. Livenbrook hier ebenfalls nicht."
"Sie werden hier in Woodmoore viele Hunde treffen, vielleicht kann Ihre Mutter hier auch noch gut verkaufen", bemerkte Mr. Watson. "Die Felder und Wälder eignen sich hervorragend für ausgedehnte Spaziergänge. Woodmoore hat sogar eine eigene Rettungshundestaffel und einen Beagle-Club." Er stellte die Kaffeetasse zurück und klatschte unternehmungslustig in die Hände. "Wollen wir dann zum geschäftlichen Teil kommen?" Er schlug die Akte auf. "Ich würde Unterschriften benötigen, und zwar hier und hier und hier und hier. Sie können sich gerne alles vorher noch einmal durchlesen …"
Keine Stunde später traten Corrie und Silvana in die Kühle des frühen Nachmittags hinaus, eine Menge Papiere unter dem Arm und um einen Buchladen reicher, grinsend wie zwei Honigkuchenpferde am Weihnachtsmorgen.
Das Abenteuer konnte beginnen.
Eine neue Aufgabe
Während der nächsten Wochen hatten Corrie und Silvana alle Hände voll zu tun, um dem Laden eine ansprechendes Erscheinungsbild zurückzugeben. Sie strichen, putzten und machten Behördengänge, die in Woodmoore erstaunlich schnell und unproblematisch vonstattengingen.
Ein Statiker kam, den Corries Vater
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