Taberna Libraria
heran. Einige waren bunt bemalt, wieder andere nur schwarz und weiß und wieder andere naturbelassen. Allen war jedoch eine Sache gemein: Jeder Säule lag ein Motiv zugrunde, eine Figur oder ein bestimmtes Muster, das sich dann stetig über die gesamte Höhe der Skulptur wiederholte. Besonders faszinierend fand Silvana dabei eine, die im Stile von M. C. Escher bemalt war, den sie sehr gerne mochte. Vielleicht war es ja möglich, ein paar dieser Säulen später einmal für den Laden oder den kleinen Gartenstreifen im Hinterhof zu erwerben.
Gut gelaunt vor sich hin summend, setzte sie ihren Weg fort.
Die Bäckerei selbst lag auf der Ecke zu einer weiteren Seitenstraße, im flachen Anbau eines Wohnhauses aus rotem Backstein. Silvana vermutete, dass dieser Seitenteil einst als Stall genutzt worden war, doch nun luden große, hübsch dekorierte Schaufenster dazu ein, jede Menge frisches Backwerk und kleine Fondants von hier mitzunehmen. 'Sweet Blessings' war in verschnörkelter Schrift über den Eingang geschrieben und die Besitzerin, Mrs. Blessing selbst, begrüßte Silvana von ihrem Platz hinter der gläsernen Theke, als sie eintrat. "Oh hallo Ms. Livenbrook! Schon so früh unterwegs heute?"
"Ohne Brot kein Frühstück", nickte Silvana.
"Ich verstehe. Dann also das Übliche?"
Silvana war versucht, eine Grimasse zu ziehen. Noch nicht ganz zwei Wochen war es her, seit sie mit Corrie in diesen Ort gezogen war, aber Mrs. Blessing hatte sich bereits genau gemerkt, was ihre neue Kundin zu kaufen pflegte. Kundenbindung eben. Anders würden es Corrie und sie in ihrem Laden schließlich auch nicht machen … "Und dazu hätte ich gerne noch einmal eines von den Dunklen mit den ganzen Körnern oben drauf. Und eine Tüte von dem Buttergebäck."
"Um die Arbeit etwas zu versüßen?", riet Mrs. Blessing.
"Und für die Nerven", bestätigte Silvana.
"Ach ja", seufzte Mrs. Blessing und nickte verständnisvoll. "Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es mir ging, als wir diesen Laden hier eingerichtet haben. Ich hätte danach gleich wieder in den Urlaub fahren können." Sie lächelte aufmunternd. "Aber es hat sich gelohnt. Wann eröffnen Sie noch gleich wieder?"
"Wenn die Ware pünktlich kommt und wir zügig arbeiten können - am kommenden Montag."
Mrs. Blessing klatschte erfreut in die Hände. "Wundervoll! Das neueste Buch aus der Bibliothek habe ich auch schon wieder dreimal gelesen." Und mit verschwörerisch gesenkter Stimme, als verrate sie Silvana das größte von Woodmoores Geheimnissen, fügte sie hinzu: "Aber das Ende wird dadurch auch nicht besser."
"Oh, das kann ich mir vorstellen."
"Haben Sie denn dann auch richtige Krimis? Mit viel Blut und so? Die lese ich ja besonders gerne."
Und so …
Silvana lächelte etwas gezwungen. "Aber selbstverständlich, Mrs. Blessing. Ein ganzes großes Regal voll davon."
"Entzückend!" Sie reichte Silvana die beiden Brote und zwei Tüten mit Gebäck. "Die eine nehmen Sie mal ruhig so mit. Ich weiß ja selbst am besten, wie nötig man so etwas brauchen kann, wenn es drunter und drüber geht."
Und als Nächstes kommt die Einladung zur sonntäglichen Strickrunde …
Silvana verstaute alles in ihrem Korb und reichte Mrs. Blessing das Geld. "Vielen Dank, das ist wirklich sehr nett von Ihnen."
Mrs. Blessing winkte ab. "Dann sehen Sie mal zu, dass Sie schnell zurück zu Ihrer Freundin und zum Frühstück kommen, damit Sie heute noch frisch ans Werk gehen können. Ich werde dann am Montag mal bei Ihnen beiden reinschauen. Na los, junge Dame. Husch, husch!"
Nach diesen, fast nach einer Drohung klingenden Worten, trat Silvana ein wenig verdutzt wieder auf den Gehweg hinaus. Das hatte ganz so geklungen, als wollte Mrs. Blessing sie unbedingt wieder zurück im Laden sehen, damit der Eröffnungstermin ja nicht in Gefahr geriet … Eine solche, beinahe schon befremdliche Begeisterung für Bücher hatte sie in dieser Form noch nie erlebt. Aber seit die beiden Zeitungen berichtet hatten, dass es bald wieder einen Buchladen geben würde, schien Woodmoore von einer Art Virus befallen zu sein. Und Mrs. Blessing war bei Weitem nicht die einzige Infizierte …
Vielleicht hatte Corrie am Ende doch gar nicht so unrecht gehabt, als sie die Meinung geäußert hatte, dass Woodmoore durchaus Potential hatte - sowohl für einen neuen Laden als auch für einen gemütlichen Ort zum Wohnen. Auch wenn sie nicht wusste, woher ihre Freundin diese Ahnung genommen hatte. Gleichzeitig kam Silvana aber nicht
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