Taberna Libraria
Spiegeloberfläche, wo er Silvana ernst ansah. "Wenn das Buch zu schnell seinem Versteck entrissen wird, schnappt der Sicherungsmechanismus zu - und das wäre äußerst unangenehm. Für uns alle."
"Sicherungsmechanismus?" wiederholte Silvana entgeistert. "Was für einer?"
"Möchtest du lieber nicht wissen", antwortete Scrib. "Aber er reagiert auf hastige Bewegungen, weil wir davon ausgegangen sind, dass Lamassars Leute das Buch in Eile bergen und fortbringen würden, statt sich Zeit zu nehmen, es aus dem Spiegel zu entfernen. Sollten sie je darauf kommen, wo genau es ist, versteht sich. Deshalb musst du nur ganz langsam machen. Dann geschieht auch nichts."
"Versuch einfach, die Oberfläche nicht in ihrer Ruhe zu stören", fügte Phil hinzu, der kritisch die die leicht gekräuselten Ringe betrachtete, die sich um Silvanas Arm gebildet hatten.
"Ihr seid ja witzig", bemerkte Silvana trocken, versuchte jedoch, die Anweisungen der Ratten zu befolgen. Zentimeter um Zentimeter zog sie ihren Arm mit dem Buch im nachlassenden Griff ihrer Finger aus dem Glas heraus, sehr darauf bedacht, dass die glatte Oberfläche in nicht allzu große Schwingungen versetzt wurde.
"So ist es gut", versuchte Scrib sie zu ermutigen. "Sieht sehr gut aus."
"Von hier oben auch", stimmte Phil zu, dessen Nase fast den Spiegel berührte.
"Wehe, du stößt deine Schnurrhaare da rein", mahnte Silvana die Phil am liebsten am Schwanz zurück gezogen hätte. Doch die Ratte machte von selbst einen Schritt nach hinten. "Entschuldige bitte. Aber das ist so aufregend! Es hat schon seit Jahren keiner mehr nach dem Buch geschaut - geschweige denn, es aus seinem Versteck genommen!"
"Dann wird es langsam wieder Zeit, findest du nicht?" Vorsichtig zog sie das Buch weiter hervor und legte es schließlich auf den staubigen Fußboden. Aufatmend strich sie mit der Hand darüber. Es sah nicht sonderlich spektakulär aus, hatte stark vergilbte Seiten und einen fleckigen, zum Teil rissigen, rostroten Ledereinband. Zwischen dem Deckel und dem Buchblock ragte ein ausgefranstes, dunkelgrünes Lesebändchen hervor.
"Und was machen wir jetzt damit?", fragte Phil und krabbelte von ihrer Schulter hinunter auf den Buchdeckel.
Silvana griff auf den Tisch und nahm die Schatulle, die Corrie auf dem Basar in Amaranthina von Vincent bekommen hatte. "Jetzt schauen wir, ob wir nicht herausfinden können, welches Geheimnis sich darin verbirgt." Behutsam öffnete sie das Holzkistchen, nahm die Karten, die Beinnadel und das Sichtglas heraus und legte alles neben dem Buch bereit.
"Weißt du denn, was du tun musst?", fragte Scrib neugierig und griff mit seinem Rattenschwanz nach der Linse um sie zu betrachten.
Silvana nahm sie ihm vorsichtig wieder ab. "Das hoffe ich doch."
"Aber ganz sicher bist du dir nicht", stellte Phil fest, der die oberste Tarotkarte in den Pfoten hielt und sich das Bild des Narrs darauf genau ansah.
"Woher auch?", fragte Silvana zurück. "Schließlich habe ich noch nie mit echter Magie zu tun gehabt."
Phil legte die Karte zurück und hüpfte zu seinem Freund. "Wie gut, dass sie uns hat, oder Scrib?"
Die Ratte nickte vehement. "In der Tat. Dann lass mal hören, was du mit dem ganzen Zeug hier vorhast und was das überhaupt ist."
Silvana zuckte die Schultern. "Ich weiß nur, dass Talisienn gesagt hat, diese Karten bergen in Verbindung mit dem Ersten Buch Angwils den Schlüssel zum Titel des Zweiten."
"Ah", machte Phil und nickte. "Talisienn. Der hat Ahnung von so etwas."
"Aber über die Art des Schlüssels hat er nichts gesagt?", vergewisserte sich Scrib.
Silvana schüttelte den Kopf. "Er war sich nur sicher, dass diese Karten, die Nadel und das Glas zur Lösung nötig sind."
"Wirf doch erst einmal einen Blick ins Buch", schlug Scrib vor. "Vielleicht bringt uns das ja auf eine Idee."
"Meinst du, ich kann es so einfach öffnen?", fragte Silvana unschlüssig.
Die Ratte winkte ab. "Die Bücher selbst wurden nicht mit einem Sicherungsmechanismus ausgestattet. Dazu blieb Angwil nicht genügend Zeit. Deshalb mussten seine Novizen die Bücher ja auch so gut verstecken. Yazeem und auch Cryas haben früher schon einen Blick hineingeworfen, und soweit ich weiß, sind beide noch dieselben wie zuvor. Ich denke also nicht, dass du etwas zu befürchten hast."
"Na gut." Silvana holte tief Luft, nahm vorsichtig den Buchdeckel zwischen zwei Finger, zögerte noch kurz und klappte dann das Vorsatzpapier auf. Nichts geschah. Erleichtert stieß Silvana die
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