Taberna Libraria
drängte einer in den Vordergrund, um sich über die gesamte Seite auszubreiten. Es war der gesuchte.
Corrie, die das Liber bisher noch nicht in Aktion erlebt hatte, schüttelte fasziniert den Kopf. "Das ist ein erstaunliches Ding, dieses Buch."
Silvana nickte nur kurz; sie las bereits. "Hier steht es - geschrieben von Theobald dem Älteren. 113 Seiten, bestehende Exemplare: 1 Stück. Momentaner Lagerort…" Sie verstummte.
Corrie sah sie fragend an. "Was ist denn jetzt los? Weiß das Liber doch nicht, wo es sich befindet?"
Silvana antwortete nicht. Sie starrte nur weiter entgeistert auf den Eintrag, den ihr das Buch zeigte.
Scrib kletterte behände am Tresen empor und warf selbst einen Blick in das Liber. Auch seine Augen wurden groß. "Hier steht, der momentane Lagerort des Buches ist die
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, Woodmoore."
"Wie bitte?"
"Wirklich." Die Ratte mit der seltsamen Fellzeichnung knetete aufgeregt ihre kleinen Pfötchen. "Es ist hier. Hier bei uns."
"Und das Liber vertut sich nicht zufällig mit dem Ersten Buch von Angwil?"
Phil schüttelte vehement den Kopf. "Das Erste Buch von Angwil heißt 'Von den Strömen des Schicksals'. Damit kann sich das Liber gar nicht vertun. Die Buchtitel sind vollkommen unterschiedlich. Davon mal abgesehen, dass sich das Liber ohnehin nie vertut."
Silvana hatte derweil ihre Sprache wiedergefunden. "Das müssen wir sofort Talisienn erzählen! Vielleicht weiß er, wo wir mit der Suche beginnen können!"
Corrie hob die Brauen. "Willst du anrufen?"
"Und dann hab ich Donn dran, der sofort wieder auflegt."
"Also willst du persönlich vorbeischauen?"
"Du etwa nicht?"
Corrie verdrehte die Augen. "Ich kann mir schon lebhaft Donns Gesicht vorstellen, wenn wir beide jetzt noch, und vor allem unangemeldet, bei ihm anklingeln." Sie setzte ihr finsterstes, weltverdrossenes Gesicht auf. Dann jedoch zwinkerte sie Silvana grinsend zu. "Aber ich will auch unbedingt Talisienns Reaktion sehen. Also los."
Silvana schob ihre Freundin bereits zu dem Garderobenständer neben der Eingangstür und drückte ihr ihre Jacke in die Hand, während sie sich selbst ihren Kurzmantel überwarf.
Corrie runzelte kurz die Stirn "Weißt du überhaupt den Weg? Ich nämlich nicht."
"Du hattest auch schon immer einen lausigen Orientierungssinn."
Corrie stemmte die Hände in die Hüften. "Wie meinst du das denn jetzt?"
"Später." Silvana riss die Tür auf und zog Corrie mit sich auf den Gehweg.
"Ich kann es mir schon denken." Corrie seufzte schicksalsergeben. Silvana liebte es, darauf herumzureiten, dass Corrie sich gerne nach optischen Wegpunkten richtete - und wenn diese sich veränderten oder in der Dunkelheit einfach nur schlecht zu sehen waren, den Weg nicht mehr wiederfand. "Aber wäre es nicht besser, wenn wir mit dem Auto fahren?"
"Weißt du denn, wo deine Schlüssel sind?" Silvana eilte mit schnellen Schritten voraus und Corrie blieb nichts anderes übrig, als hinterher zu laufen.
"Ist ja gut, die müsste ich jetzt erst suchen. Aber ist das ein Grund, mich einfach hier stehen zu lassen?", rief Corrie, während sie versuchte, aufzuschließen. "Meine Beine sind nicht so lang wie deine!"
"Schon gut, entschuldige." Silvana blieb an der Straßenecke stehen, um suchend nach rechts und links zu schauen. Sie entschied sich für rechts. Dabei verlangsamte sie ihr Tempo etwas, so dass Corrie wieder etwas näher heran kam.
"Immerhin bin ich genauso aufgeregt wie du - vielleicht sogar ein bisschen mehr. Das Zweite Buch von Angwil - nach dem seit Jahren gesucht wird. Und wir wissen, wo es ist. Das ist einfach unfassbar, oder? Aber mal kurz zurück zu meiner Frage von vorhin: du weißt, wie wir zu Talisienn kommen?"
"Halbwegs."
"Wie meinst du das, 'halbwegs'?"
"Ich finde schon hin." Silvana lief wieder schneller voran, hatte aber dennoch das Gefühl, sich nicht rascher als bei einem gemütlichen Spaziergang zu bewegen. Also ging sie noch etwas zügiger.
Corrie hinter ihr begann wieder zu keuchen. "Für solche Wettrennen bin ich zu sehr aus der Übung! Wenn du weiter so läufst, musst du mich den Rest des Weges tragen - weil ich dann nämlich umgefallen bin!"
An der nächsten Kreuzung blieb Silvana daraufhin erneut stehen, um Corrie die Möglichkeit zu geben, aufzuschließen. Doch sie konnte ein ungeduldiges Klopfen mit der Spitze ihres Stiefels auf dem Pflaster nicht unterbinden, während sie in den kalten, klaren Sternenhimmel hinauf sah.
Über ihr kondensierte ihr Atem zu einer verspielten
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