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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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doch jemand aus der Familie.«
    »Warum hast du denn alles an dich gerissen?« fragte Ezra Rina.
    »Weil ich ein bißchen ruhiger bin als ihr alle …«
    »Ich bin ruhig«, beharrte Miriam. »Ich bin ganz, ganz ruhig!«
    »Miriam, wenn du etwas tun willst, dann sieh doch bitte nach deinen Großeltern«, sagte Rina. »Sie machen sich bestimmt furchtbare Sorgen.«
    »Ich mach das«, sagte Faygie.
    »Ihr macht das beide«, sagte Rina. »Ich sag Bescheid, wenn sie etwas braucht.«
    »Vielleicht hat Papa ja recht«, sagte Ezra. »Vielleicht sollte ich doch Dr. Malinkov holen gehen.«
    »Gebt ihr noch ein paar Minuten …«, sagte Rina.
    »Was verstehst du schon von Krankenpflege?« fiel Ezra ihr ins Wort.
    Frieda murmelte irgend etwas. Ihre Augen waren immer noch tränenüberströmt.
    »Was ist denn, Mama?« fragte Miriam.
    Die Frau wandte sich ihrer Tochter zu, hielt Rina mit einer Hand fest und deutete mit der anderen auf die Tür.
    »Nu?« sagte Rina. »Sie möchte, daß ihr geht.«
    »Geht’s denn so einigermaßen, Mama?« fragte Ezra.
    »Gönnt ihr doch ein bißchen Ruhe«, sagte Rina.
    Frieda nickte.
    »Möchtest du, daß ich bei dir bleibe?« fragte Faygie.
    Frieda deutete erneut auf die Tür.
    »Sei doch nicht so stur, Mama. Ich bleib gern bei dir.«
    »Geh«, flüsterte Frieda. »Geht bitte alle. Rina bleibt bei mir.«
    Faygie seufzte, akzeptierte dann jedoch widerwillig den Wunsch ihrer Mutter.
    Shimon legte einen Arm um Ezra und forderte seinen Bruder und seine Schwestern auf mitzukommen. »Ruf uns, wenn sie etwas braucht«, sagte er zu Rina.
    Nachdem alle gegangen waren, drehte Frieda den Kopf von Rina weg, hielt aber ihre Hand fest. Zunächst hörte es sich so an, als ob die Frau zusammenhangloses Zeug vor sich hinmurmelte, doch Rina konnte zwischen dem Schluchzen Gebete ausmachen. Sie streichelte Friedas Hand und überlegte krampfhaft, was sie sagen könnte. Doch wie zuvor bei Peter war sie sprachlos.
    Peter!
    Was mochte er jetzt durchmachen!
    Rinas Magen rebellierte noch heftiger. Sie atmete tief durch und sah sich in dem nun endlich leeren Zimmer um. Schon Hunderte Male war sie in diesem Haus gewesen, doch noch nie in das private Heiligtum ihrer Schwiegereltern eingedrungen. Das Schlafzimmer enthielt zwei Einzelbetten, zwischen denen ein großer Nachttisch stand. Getrennte Betten waren nach dem orthodoxen Gesetz vorgeschrieben, doch sie und Yitzchak hatten ihre Betten zusammengeschoben und, bevor sie einschliefen, die Füße in die Ritze gesteckt und gegenseitig mit den Zehen gespielt. Derartige Intimitäten würde es hier nicht geben. Doch trotz der getrennten Betten strahlte das Zimmer Liebe und Wärme aus. Vielleicht lag das an den Unmengen von Familienfotos, die auf dem Frisiertisch und der Kommode standen. Bilder von ihren Schwägerinnen, ihren Nichten und Neffen, ihren Söhnen. Fotos von ihr und Yitzchak bevor sie verheiratet waren, ihre Hochzeitsbilder, Schnappschüsse, die aufgenommen worden waren, als ihre Schwiegereltern sie in Israel besucht hatten. Fotos, die Yitzchak als stämmigen jungen Mann zeigten. Nicht das Skelett, das in ihren Armen gestorben war …
    Frieda sagte etwas mit kläglicher Stimme, und Rina war dankbar für die Ablenkung. Sie küßte Friedas Hand und lächelte die ältere Frau an. Frieda versuchte zurückzulächeln, es gelang ihr aber nicht.
    »Es ist alles gut«, sagte Rina.
    Frieda schüttelte den Kopf.
    »Doch«, sagte Rina. »Emess, es ist alles gut.«
    Frieda schluchzte noch heftiger. Rinas Stimme hatte ihr alles verraten. Sie sah sie an und sagte: »Du weißt es also.«
    Rina spürte, wie ihre Augen feucht wurden. »Ich weiß es.«
    »Er weiß es auch«, sagte Frieda.
    Rina nickte.
    »Seine Augen …«, sagte Frieda. »Er haßt mich.«
    »Nein, tut er nicht …«
    »Ich hab nie aufgehört, an ihn zu denken.« Frieda stöhnte. »Niemals. Im Grunde meines Herzens hab ich nie aufgehört, nach ihm zu suchen. Jedesmal, wenn ich jemand in seinem Alter sah, hab ich mich gefragt … hab ich mich gefragt …«
    »Ich verstehe …«
    »Nein«, schrie Frieda auf. »Nein, das kannst du nicht verstehen. Diese Schuld, dieser Schmerz … Gott straft mich für meine Schwäche. O Rina, ich war so jung, so verängstigt. Mein Vater war so furchteinflößend. Ich war schwach …«
    Rina beschwichtigte sie.
    Frieda war eine Weile still. Als sie schließlich wieder sprach, war es nur ein Flüstern. »Als ich meine anderen Kinder bekam, habe ich jedesmal an ihn gedacht. An das Baby, das

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