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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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durch ein Blatt Löschpapier, in Florys Hemd. Er war offensichtlich völlig tot. Mit großer Mühe schaffte ihn Ko S’la aufs Bett, denn die anderen Diener weigerten sich, die Leiche zu berühren. Schon nach zwanzig Minuten kam der Arzt. Er hatte nur einen vagen Bericht gehört, daß Flory verletzt war, und war mit Höchstgeschwindigkeit durch einen Regensturm den Hügel hinaufgeradelt. Er warf sein Fahrrad in das Blumenbeet und eilte durch die Veranda herein. Er war außer Atem und konnte durch seine Brille nichts sehen. Er zog sie aus und spähte kurzsichtig nach dem Bett. »Was ist los, mein Freund?« fragte er besorgt.
    »Wo sind Sie verletzt?« Dann, als er näher kam, sah er, was auf dem Bett lag, und stieß einen grellen Laut aus.
    »Ach, was soll das? Was ist mit ihm passiert?«
    »Er hat sich erschossen, Sir.«
    Der Arzt fiel auf die Knie, riß Florys Hemd auf und legte das Ohr an seine Brust. Ein Ausdruck der Pein trat auf sein Gesicht, und er ergriff den toten Mann an den Schultern und schüttelte ihn, als könnte ihn bloße Gewalt zum Leben erwecken. Ein Arm fiel schlaff über den Bettrand. Der Arzt hob ihn wieder auf und brach dann, mit der toten Hand zwischen seinen eigenen, in Tränen aus. Ko S’la stand am Fuß des Bettes, sein braunes
    Gesicht war voller Falten. Der Arzt erhob sich und lehnte sich, einen Augenblick lang ohne Selbstbeherrschung, gegen den
    Bettpfosten und weinte geräuschvoll und lächerlich, seinen
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    Rücken Ko S’la zugewandt. Seine dicken Schultern bebten.
    Sogleich faßte er sich und drehte sich wieder um.
    »Wie ist das passiert?«
    »Wir hörten zwei Schüsse. Er hat’s selbst getan, das steht fest.
    Ich weiß nicht, warum.«
    »Wie weißt du, daß er das absichtlich getan hat? Wie willst du wissen, daß es kein Unfall war?«
    Als Antwort deutete Ko S’la schweigend auf Flos Leichnam.
    Der Arzt dachte einen Augenblick nach und hüllte dann mit
    sanften geübten Händen den toten Mann in das Laken und
    knotete es an Fuß und Kopf. Mit dem Tod war das Muttermal
    sofort verblaßt, kaum mehr als ein matter Fleck.
    »Begrabe sofort den Hund. Ich werde Mr. Macgregor sagen,
    daß dies aus Versehen passiert ist, während er seinen Revolver reinigte. Vergiß nicht, den Hund zu begraben. Dein Herr war mein Freund. Es soll nicht auf seinem Grabstein stehen, daß er Selbstmord begangen hat.«
    XXV
    Glücklicherweise war der Padre noch in Kyauktada, denn er
    war in der Lage, bevor er am nächsten Abend den Zug
    erwischte, die Trauerfeier ordnungsgemäß vorzunehmen und
    sogar eine kurze Ansprache über die Tugenden des
    Verstorbenen zu halten. Alle Engländer sind tugendhaft, wenn sie tot sind. »Tod durch Unfall« war das offizielle Verdikt (Dr.
    Veraswami hatte mit seiner ganzen medizinisch-rechtlichen
    Kenntnis bewiesen, daß die Umstände auf Unfall hindeuteten), und es wurde vorschriftsmäßig auf dem Grabstein angebracht.
    Nicht daß irgend jemand es geglaubt hätte. Florys wirkliches Epitaph war die sehr selten geäußerte Bemerkung - denn ein Engländer, der in Burma stirbt, wird sehr schnell vergessen -:
    »Flory? Ach ja, er war ein dunkler Kerl mit einem Muttermal.
    Er erschoß sich in Kyauktada im Jahre 1926. Wegen eines
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    Mädchens, hieß es. Verdammter Dummkopf.« Wahrscheinlich
    war niemand außer Elizabeth über das, was geschah, sehr
    erstaunt. Es gibt eine ziemlich große Anzahl von Selbstmorden unter den Europäern in Burma, und sie kommen wenig
    überraschend.
    Florys Tod hatte mehrere Folgen. Die erste und wichtigste
    war, daß Dr. Veraswami erledigt war, genau wie er es
    vorausgesehen hatte. Die Ehre, der Freund eines Weißen zu sein
    - das eine, was ihn vorher gerettet hatte -, war verschwunden.
    Florys Ansehen bei den anderen Europäern war zwar nie gut
    gewesen, aber schließlich war er ein Weißer, und die
    Freundschaft zu ihm verlieh ein gewisses Prestige. Sobald er tot war, war der Untergang des Doktors gesichert. U Po Kyin
    wartete so lange wie nötig und schlug dann wieder zu, härter denn je. Knapp drei Monate waren vergangen, bevor er jedem Europäer in Kyauktada in den Kopf gesetzt hatte, daß der
    Doktor durch und durch ein Schuft war. Keine öffentliche
    Beschuldigung wurde je gegen ihn erhoben - U Po Kyin hütete sich davor. Selbst Ellis hätte es Kopfzerbrechen bereitet, genau zu sagen, welcher Gemeinheit sich der Doktor schuldig gemacht hatte, und doch war man sich einig, daß er ein Schuft war. Nach und nach kristallisierte sich das

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