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Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Titel: Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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gehandelt habe. Sie argumentieren, dass sich Gaddafi nicht mehr als verlässlicher Partner für die westlichen Ölinteressen erwiesen hätte, und dass diese deshalb hinter den Kulissen zum Handeln aufgerufen hätten.
    Tatsache aber ist, dass westliche Firmen mit dem Staat Gaddafis seit Ende der Lockerbie-Sanktionen exzellente Geschäftsbeziehungen unterhielten. Gerade Ölfirmen erhöhten ihr Budget für Lobbyarbeit, um Gaddafi und Libyen wieder schneller in die Arme der internationalen Gemeinschaft aufzunehmen. Es gab also keinen wirklichen Grund, Gaddafi loszuwerden, außer für die Libyer selbst.
    Der aktive Part muss aber einfach im Westen liegen, davon sind auch Ölfirmen-Verschwörungstheoretiker überzeugt. Auch sie sind in altem Denken verhaftet, genauso wie die europäische und amerikanische Politik, die zunächst an ihren Verbündeten Ben Ali und Mubarak festgehalten hatten. Sie alle ignorieren den neuen Faktor in der Region: die einheimische arabische Aufstandsbewegung als Akteur, der neue Fakten schafft, hinter denen sich dann alle neu einordnen müssen. Der libysche Aufstand hätte ohne die Erfolge der Revolution in Tunesien und Ägypten niemals stattgefunden. Und es waren sicherlich nicht westliche Ölfirmen, die den jungen Tunesiern, Ägyptern und Libyern erklärt haben, sie sollen jetzt auf die Straßen gehen, damit die Öllobby endlich einen Militärapparat gegen Gaddafi in Bewegung setzen kann.
    Wenn man dem UN-sanktionierten Einsatz in Libyen eines vorwerfen kann, dann nicht ehrlich gewesen zu sein. Natürlich ging es darum, den Sturz Gaddafis voranzutreiben. Deshalb wurde das Prinzip des Schutzes der Zivilbevölkerung erheblich überdehnt.
    Gerade im Falle Libyens wurde schnell deutlich, welche entscheidende Rolle das Militär in Ägypten gespielt hatte, das in einem entscheidenden, historischen Moment nach anfänglichem Zögern beschloss, mit seinen Panzern auf die Straße zu rollen, das Blutbad zu beenden, den Diktator zu Fall zu bringen und das Land kommissarisch zu verwalten.
    In Libyen fehlte diese übergreifende Institution des Militärs. Oberst Gaddafi hatte jahrelang aus Angst vor Putschen das Militär vernachlässigt und stattdessen in einem Parallelsystem eine ihm treue Miliz aufgebaut. Als der Aufstand begann, brach das Militär schnell auseinander, während die regimetreuen Milizen bis zum letzten Blutstropfen kämpften. Es gab keine Institution wie in Ägypten, die das Ganze beenden und das Land von Gaddafi übernehmen konnte.
    Als einzige Alternative blieb, von seiten der Rebellen, durch das NATO-Bombardement und durch internationale Anerkennung des Rebellenübergangsrates einen großen militärischen und diplomatischen Druck aufzubauen, um das Regime Gaddafi zum Implodieren zu bringen. Die Frage war immer, wann die kritische Masse der Überläufer erreicht sein würde.
    Ähnliches gilt für Syrien, wo es ebenfalls keine Institution gab, die sich dem allmächtigen Regimeapparat Baschar Assads – bestehend aus einem Dutzend Geheimdiensten, der Blogwarte der regierenden Baath-Partei und den regimetreuen Einheiten der Armee – entgegenstellen konnte. Die Demonstranten mussten jeden Tag mit neuen Protesten Leib und Seele riskieren und hoffen, dass größere Teile der Armee desertieren oder die Befehle verweigern würden. Auch in Syrien war die Armee als ultimatives Instrument also unbrauchbar, sowohl für das Regime, das sich nur auf bestimmte Einheiten verlassen konnte, als auch für die Demonstranten, denen sich die Armee ebenfalls nicht als Ganzes zur Seite stellte. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Offizierscorps langfristig verhalten wird. Wie verhält sich ein Oberst oder General, der jahrelang die Privilegien des Regimes genossen hat, der von der Korruption profitiert hat, der ein strammer Vertreter der regierenden Baath-Partei ist, wenn in seiner Stadt Menschen, die er vielleicht auch kennt, revoltieren, und wenn seine Stadt von den Einheiten des Regimes beschossen und niedergemacht wird? Wo liegen am Ende seine Loyalitäten? Das ist die Frage für die Zukunft Syriens.
    Denn international baute sich im Falle Syriens viel weniger Druck auf als in Libyen. Der Grund dafür war simpel: In Syrien laufen viel mehr strategische Fäden zusammen als in irgendeinem anderen arabischen Land. Hier geht es um die politische Achse Damaskus und Teheran, hier geht es um die Golan-Höhen und die direkte Grenze zu Israel. Hier steht das Verhältnis zum Libanon und zur Hisbollah zur Disposition

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