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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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Kopf. »Nein, Margot, ehrlich gesagt, verstehe ich gar nichts. Wovon redest du? Erst erzählst du mir, dass es dir leid tut, und dann … und dann spielen wir alle zusammen Karten, als wären wir wieder eine glückliche Familie …«
    Schnell sah sie ihn an: »Karten?« Als könne sie sich nicht mehr daran erinnern, und das brachte ihn auf die Palme.
    Er wurde laut. »Ich habe sechs Jahre darauf gewartet, dass du mir verzeihst, dass du irgendwann einsiehst, dass es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, dass ich dich nicht betrogen habe, dass du vielleicht nur einen Teil des Gesamtbildes gesehen hast, dass ich dich vielleicht wirklich liebe …«
    Sie sah zu ihm auf. »Du liebst mich?«
    Â»Liebte.« Er senkte den Blick. »Ich meinte, liebte.«
    Er verteilte die Papiere auf dem Tisch. »Weißt du was? Die Blumen da sind tot. Ich muss weitermachen mit meinem Leben.«
    Er ging. Die Stille, die er hinterließ, hatte etwas von Selbstmord.

    Am nächsten Morgen kam ein Brief von Hugo Benet, in dem er Margot für ihre hervorragende redaktionelle Arbeit an Rose Workmans letzten Notizbüchern dankte und dem er auch den lange überfälligen Tantiemenscheck beilegte.
    Es war ein Scheck über fünfundzwanzigtausend Dollar.
    Ich beobachtete sie dabei, wie sie in der Wohnung herumzappelte, und erinnerte mich an die Leere, die ich verspürt hatte, nachdem ich den Alkohol aus meinem Leben verbannt hatte – als hätte man einen riesigen Stein vom Eingang einer Höhle entfernt. Sie betrachtete sich im Spiegel. Ich muss dringend zum Friseur, dachte sie. Dann betastete sie ihr Gesicht. Nichts als Fältchen und Trauer.
    Langsam ging sie durch den Flur zu Theos Zimmer. Wie eine Seiltänzerin platzierte sie vorsichtig einen Fuß vor dem anderen, um nicht abzustürzen. Man hatte ihr Beifall gespendet, als sie mit ihrer Entziehungskur fertig war, ihr einen schicken Strauß aus Lilien und Orchideen in den Arm gedrückt und salbungsvoll verkündet, sie gehöre nun auch endlich zu den Geheilten. Sie machten sogar ein Polaroidfoto von ihr und den anderen Patienten, vor dem Haupteingang mit den Buddhas. Sie hatte es als tägliche Mahnung auf den Kaminsims gestellt: Du bist jetzt clean, vergiss das nicht. Aber das ist genau das Problem mit solchen Entziehungskuren – man wird dort so sauber geschrubbt, dass es sich völlig unnatürlich anfühlt und es einem enorm schwerfällt, wirklich für immer so zu bleiben. So rein, so weiß, so ganz ohne menschliche Einfärbung. Zumindest empfand ich das damals so. Ich wünschte mir jemanden, der mir zeigte, wie ich ein normales Leben führen konnte. Wie ich ohne die Unterstützung massenweiser leerer Schnapsflaschen leben konnte.
    Theo hatte sich in seinem Bett zusammengerollt und tat, als würde er schlafen. Ihm gingen all die Dinge durch den Kopf, die Toby gesagt hatte, und er strengte sich wirklich an, das alles zu verstehen. James saß auf der Bettkante und versuchte, ihn abzulenken, indem er seine Phantasie anregte. Aber das funktionierte nicht. Theo sah Margot in der Tür zu seinem Zimmer stehen und setzte sich langsam auf.
    Â»Was hältst du davon, wenn wir umziehen?«
    Sie sagte das mit so unbeschwerter Stimme wie möglich, als hätte sie die Sache schon komplett durchdacht, als wisse sie ganz genau, was sie tat.
    Â»Wohin denn?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    Â»New Jersey?«
    Sie lachte.
    Â»Las Vegas?«
    Sie ging zu der Weltkarte, die über Theos Schreibtisch hing. »Da haben dein Vater und ich geheiratet.«
    Â»Gut, dann ziehen wir da hin.«
    Mit verschränkten Armen studierte sie die Karte. »Wie wär’s mit Australien?«
    Theo dachte nach. »Ist das nicht Millionen von Kilometern weg von hier?«
    Â»Fünfzehntausend ungefähr.«
    Â»Vergiss es.«
    Â»Warum? Da gibt es Kängurus.«
    Theo seufzte und ließ die Füße von der Bettkante baumeln. »Willst du wirklich nach Australien ziehen? Oder ist das nur wieder eine von deinen Racheaktionen gegen Dad?«
    Â»Würdest du denn mitkommen?«
    Theo betrachtete seine Füße und runzelte die Stirn. Er war wieder mal hin- und hergerissen. Ich sah zu James. »Sag ihm, dass es okay ist, wenn er Nein sagt«, bat ich ihn. »Sag ihm, dass er bei Toby bleiben kann.« James nickte und wiederholte, was ich gesagt hatte.
    Nach einer halben

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