Tagebuch Eines Vampirs 03. In Der Dunkelheit
Vorhänge ins Gesicht flogen. Bonnie sprang erschrocken auf und stieß dabei die Leselampe vom Nachttisch. Das Zimmer wurde in Dunkelheit getaucht.
Fluchend bemühte Meredith sich, die Lampe schnell wieder zum Leuchten zu bringen. Die Vorhänge flatterten wie wild in dem flackernden Licht, und Bonnie lag ein Schrei auf den Lippen. Als die Birne wieder fest in der Lampe verschraubt war, zeigte ihr Licht Damon, der lässig, aber gleichzeitig mit sehr unsicherem Halt auf der äußeren Fensterbank hockte. Er lächelte eins seiner wildesten Lächeln. „Darf ich?“ fragte er.
„Diese Stellung hier ist verdammt unbequem.“
Elena schaute auf Bonnie und Meredith, die sich mit dem Rücken gegen den Schrank preßten und Damon erschreckt und fasziniert zugleich anstarrten. Sie schüttelte in milder Verzweiflung den Kopf.
„Und ich dachte, ich wäre die Expertin für dramatische Auftritte“, sagte sie. „Sehr lustig, Damon. Jetzt laß uns gehen.“ „Nicht doch. Wo deine beiden hübschen Freundinnen direkt hier vor unserer Nase stehen?“ Damon lächelte Bonnie und Meredith wieder an. „Außerdem bin ich gerade erst gekommen. Ist nicht eine von euch so höflich und bittet mich herein?“
Bonnies braune Augen, die ihn wie hypnotisiert ansahen, wurden sanfter. Ihre Lippen öffneten sich leicht. Elena erkannte alle Anzeichen, daß sie nahe daran war, völlig seinem Charme zu verfallen.
„Nein, das werden sie nicht.“ Sie stellte sich zwischen Damon und die Mädchen. „Hier gibt es nichts für dich zu holen, Damon. Jetzt nicht und nie.“ Als sie die Herausforderung in seinem Blick sah, fügte sie hochmütig hinzu: „Ich werde jetzt jedenfalls gehen. Ich weiß nicht,
wie es mit dir ist, aber ich werde jagen.“ Sie wurde bestärkt dadurch, daß sie Stefans Anwesenheit in der Nähe spürte.
Wahrscheinlich war er auf dem Dach. Sofort hörte sie in ihrem Kopf seine Antwort: Wir werden jagen, Damon. Du kannst ja die ganze Nacht da hocken bleiben, wenn es dir Spaß macht.
Damon gab sich mit Anstand geschlagen. Er warf einen letzten, belustigten Blick auf Bonnie und Meredith und verschwand wie ein Blitz vom Fenster. Bonnie und Meredith machten erschrocken einen Satz nach vorn. Sie hatten offensichtlich Angst, daß er sich zu Tode stürzen könnte.
„Dem passiert schon nichts.“ Elena schüttelte wieder den Kopf.
„Und macht euch keine Sorgen. Ich werde nicht zulassen, daß er zurückkommt. Morgen zur selben Zeit treffe ich euch wieder. Bis dann.“
„Aber... Elena...“ Meredith hielt inne. „Ich meine... ich wollte dich fragen, ob du dich nicht umziehen willst.“ Elena betrachtete sich. Das Erbstück aus dem neunzehnten Jahrhundert, das sie trug, war verdreckt und zerfetzt, der dünne, weiße Musselinstoff mehreren Stellen eingerissen. Aber es blieb keine Zeit. Sie mußte unbedingt Nahrung zu sich nehmen.
„Das muß warten“, erklärte sie hastig. „Bis morgen.“ Damit schoß sie so blitzartig aus dem Fenster wie Damon vor ihr. Das letzte, was sie sah, war, wie Bonnie und Meredith wie betäubt hinter ihr herblickten. Die Landung klappte immer besser. Diesmal schlug sie nicht mit den Knien auf. Stefan war da. Er hüllte sie in etwas Dunkles, Warmes.
„Dein Mantel“, sagte Elena erfreut. Einen Moment lächelten sie einander an und erinnerten sich, wie er ihr das erste Mal den Mantel gegeben hatte. Er hatte sie auf dem Friedhof vor Tylers brutalem Vergewaltigungsversuch gerettet und mit zu sich nach Hause genommen, damit sie sich säubern konnte.
Damals hatte er Angst gehabt, sie zu berühren. Aber, dachte Elena, während sie ihm zärtlich in die Augen sah, ich habe dafür gesorgt, daß er diese Furcht schnell überwindet. „Ich dachte, wir wollten jagen“, unterbrach Damon sie. Elena drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an, ohne Stefans Hand loszulassen. „Das tun wir auch. Wo sollen wir hingehen?“
wollte sie wissen. „Hier sind jede Menge Häuser. Such dir eins aus.“ Damon machte eine einladende Handbewegung. „In den Wald“, sagte Stefan nüchtern. „Gut, in den Wald“, beschloß Elena. „Wir greifen keine Menschen an, und wir töten nicht. So sind die Spielregeln, nicht wahr, Stefan?“ Er erwiderte den Druck ihrer Finger. „So sind die Spielregeln“, bestätigte er leise. Damon verzog spöttisch den Mund. „Und wonach suchen wir im Wald? Nach Ratten, Stinktieren oder Termiten?“ Sein Blick suchte Elena. Er senkte die Stimme. „Komm mit mir, und ich zeige dir, was wirkliches
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