Tagebuch Eines Vampirs 03. In Der Dunkelheit
fliehen!“ schrie Alaric. Er mußte so laut werden, um über den ohrenbetäubenden Lärm um sie herum gehört zu werden.
Seine flackernde Taschenlampe zeigte Elena etwas, das ihr vorher nicht aufgefallen war. In der Wand neben ihr befand sich ein gähnendes Loch, als ob die Steinverkleidung weggerissen worden war. Und dahinter erstreckte sich schwarz und endlos ein Gang in die nackte Erde. Wo führt er wohl hin?
fragte sich Elena, aber der Gedanke ging im Tumult ihrer Angst unter. Weiße Eule... Jagdvogel... Fleischfresser... Krähe... Und plötzlich wußte sie mit erschreckender Klarheit, wovor sie sich fürchtete. „Wo ist Damon?“ schrie sie und riß Stefan herum, während sie sich umsah. „Wo ist Damon?“ „Raus hier!“ Bonnies Stimme war schrill vor Angst. Sie warf sich auf das Tor genau in dem Moment, als das Geräusch wieder die Dunkelheit zerriß. Es war ein Knurren, aber nicht das eines Hundes. Man konnte es unmöglich damit verwechseln. Es klang viel tiefer, kräftiger und vibrierender. Es roch nach Dschungel und nach der Blutlust des Jägers. Und es traf Elena bis ins Mark. Sie war wie gelähmt. Das Geräusch ertönte wieder, hungrig und wild, aber irgendwie auch fast ein wenig nachlässig. So siegesbewußt. Und mit ihm näherten sich schwere Schritte aus dem Tunnel. Bonnie versuchte zu schreien. Doch nur ein schwaches Pfeifen entrann ihrer Kehle. Aus der Schwärze des Gangs kam etwas. Eine Gestalt, die sich mit katzenhafter Geschmeidigkeit bewegte. Elena erkannte das Grollen jetzt. Es war die Stimme der größten und kräftigsten aller Raubkatzen.
Die Augen des Tigers leuchteten gelb, als er das Ende des Gangs erreichte. Und dann passierte alles auf einmal. Elena fühlte, wie Stefan sie nach hinten zu ziehen versuchte, um sie aus dem Weg zu haben. Aber ihre erstarrten Muskeln machten es ihm fast unmöglich, und sie wußte, daß es zu spät Aber ihre erstarrten Muskeln machten es ihm fast unmöglich, und sie wußte, daß es zu spät war. Der Sprung des Tigers war voller Anmut, kraftvolle Muskeln katapultierten ihn in die Luft.
Elena sah ihn in diesem Moment grell und klar wie in einem Blitzlicht. Ihr Verstand registrierte die schlanken, glänzenden Flanken und das gekrümmte Rückgrat. Aber ihre Stimme schrie wie von selbst.
„Damon, nein!“ Erst als der schwarze Wolf aus der Dunkelheit dem Tiger entgegensprang, fiel ihr auf, daß der Tiger weiß war.
Der Angriff der großen Katze wurde durch den Wolf abgelenkt, und Elena fühlte, wie Stefan sie zur Seite in Sicherheit zerrte.
Ihre Glieder waren plötzlich weich wie Butter, und sie gab voller Schwäche nach, als er sie gegen die Wand drängte. Der Deckel des Grabes lag jetzt zwischen ihr und der fauchenden weißen Gestalt, aber das rettende Gitter befand sich auf der anderen Seite des Kampfplatzes. Elenas Hilflosigkeit kam zum Teil aus Entsetzen, zum Teil aus Erstaunen. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Einen Moment zuvor war sie noch sicher gewesen, daß Damon die ganze Zeit mit ihnen gespielt hatte und daß er in Wahrheit die „andere Macht“ war. Aber die Bosheit und Blutlust, die von dem Tiger ausgingen, waren unverkennbar. Diese Macht hatte sie auf dem Friedhof gejagt und später von der Pension zum Fluß und in den Tod. Diese weiße Macht bekämpfte der Wolf jetzt bis auf den Tod. Es war ein ungleicher Wettkampf. Der schwarze Wolf, so wild und angriffslustig er auch sein mochte, hatte keine Chance. Ein Streich der riesigen Krallen des Tigers rissen seine Schulter auf bis auf die Knochen. Die Fänge der Raubkatze öffneten sich, und sie versuchte, den Hals des Wolfs zwischen die Zähne zu bekommen, um ihn zu brechen. Aber Stefan war da, leuchtete mit der Taschenlampe dem Tiger in die Augen und schleuderte den verwundeten Wolf aus dem Weg. Elena wünschte sich, sie könnte schreien, sie könnte irgend etwas tun, um die Qual in ihrem Inneren herauszulassen. Sie verstand es nicht. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Stefan war in Gefahr. Aber sie konnte sich nicht bewegen. „Flieht!“ schrie Stefan den anderen zu. „Jetzt! Schnell!“ Schneller, als es ein Mensch vermochte, wich er der riesigen weißen Pfote aus, die zum tödlichen Schlag ausgeholt hatte, und blendete den Tiger weiter.
Meredith war jetzt auf der anderen Seite des Gitters. Matt trug und zog Bonnie halb. Jetzt war Alaric hindurch. Der Tiger sprang, und das Gitter schlug zu. Stefan warf sich auf die Seite und rutschte aus, als er wieder aufstehen wollte. „Wir
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