Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
- sie kann nicht sprechen. Sie ist wie ein grinsender Guru, der in der Luft schwebt. Und dann ist sie auch noch so eine Art perverse ...«
»Bring diesen Satz nicht zu Ende«, befahl Stefano leise, aber energisch. »Ich habe es euch gesagt, sie sollte in einigen Tagen über die ersten Symptome hinweg sein, wenn ihre bisherigen Fortschritte ein Maßstab sind«, fügte er hinzu.
Und er ist irgendwie verändert, dachte Bonnie. Nicht nur glücklicher, weil er Elena zurückhat. Er ist ... im tiefsten Innern irgendwie stärker. Stefano war immer still gewesen; Bonnies Kräfte hatten ihn als einen Teich aus klarem Wasser wahrgenommen. Jetzt sah sie, dass sich dasselbe klare Wasser wie ein Tsunami aufgetürmt hatte.
Was konnte Stefano so sehr verändert haben?
Die Antwort kam ihr auf der Stelle, wenn auch in Form einer erstaunten Frage.
Elena war immer noch zum Teil ein Geist - das sagte Bonnies Intuition. Doch was bewirkte es, wenn man das Blut von jemandem trank, der sich in diesem Zustand befand?
»Caroline, lassen wir das Thema einfach fallen«, sagte Bonnie. »Es tut mir leid, es tut mir wirklich, wirklich leid, dass ich - du weißt schon. Es war falsch von mir, und es tut mir leid.«
»Oh, es tut dir leid. Oh, dann ist natürlich alles wieder gut, nicht wahr?«
Carolines Stimme war pure Säure, und sie kehrte Bonnie mit einem entschiedenen Ausdruck den Rücken zu. Bonnie war überrascht, das Brennen von Tränen in den Augen zu spüren.
Elena und Meredith lagen einander noch immer in den Armen, und ihre Wangen waren feucht von den Tränen der jeweils anderen. Sie schauten einander an, und Elena strahlte.
»Jetzt wird sie dich überall erkennen«, erklärte Stefano Meredith. »Nicht nur dein Gesicht, sondern - nun, auch dein Inneres oder zumindest seine Gestalt. Ich hätte es gleich zu Beginn erwähnen sollen, aber ich bin der Einzige, den sie bisher
›kennengelernt‹ hat, und mir war nicht klar ...«
»Es hätte dir aber klar sein müssen!« Caroline lief im Raum auf und ab wie ein Tiger.
»Du hast also ein Mädchen geküsst, na und?« Bonnie explodierte. »Was denkst du - dass dir jetzt ein Bart wachsen wird?«
Wie von dem Konflikt um sie herum angetrieben, hob Elena plötzlich ab. Mit einem Mal schwirrte sie im Raum umher, als sei sie von einer Kanone abgeschossen worden; ihr Haar knisterte von Elektrizität, wenn sie jäh innehielt oder abdrehte. Sie flog zweimal durch den Raum, und während ihre Silhouette sich vor dem staubigen, alten Fenster abzeichnete, dachte Bonnie: O mein Gott! Wir müssen ihr ein paar Kleider besorgen! Sie schaute Meredith an und sah, dass diese ihre Erkenntnis teilte. Ja, sie mussten Elena Kleider besorgen - insbesondere Unterwäsche.
Als Bonnie sich auf Elena zubewegte, so schüchtern, als sei sie noch nie zuvor geküsst worden, explodierte Caroline endgültig.
»Ihr tut es einfach wieder und wieder und wieder!« Inzwischen kreischt sie geradezu, dachte Bonnie. »Was stimmt nicht mit euch? Habt ihr denn überhaupt keine Moralvorstellungen?«
Dies verursachte unglücklicherweise einen weiteren Fall von Nicht-lachen-nicht-lachen -Gekicher bei Bonnie und Meredith. Selbst Stefano wandte sich scharf ab, während seine Galanterie offenkundig eine verlorene Schlacht gegenüber diesem Gast kämpfte.
Es ist nicht nur irgendein Gast, ging es Bonnie durch den Kopf, sondern ein Mädchen, mit dem er ziemlich weit gegangen war. Caroline hatte daraus nicht gerade einen Hehl gemacht, als sie ihn endlich um den Finger gewickelt hatte.
Ungefähr so weit, wie Vampire überhaupt gehen können, rief Bonnie sich ins Gedächtnis, nämlich nicht bis zum Ende des Weges. Etwas am Austausch von Blut diente als Ersatz für - nun ja, ES. Aber er war nicht der Einzige, mit dem Caroline geprahlt hatte. Caroline war berüchtigt.
Bonnie schaute Elena an und sah, dass diese Caroline mit einem seltsamen Gesichtsausdruck beobachtete. Nicht so, als hätte Elena Angst vor ihr, sondern eher so, als machte sie sich größte Sorgen um sie.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, flüsterte Bonnie. Zu ihrer Überraschung nickte Elena, dann sah sie Caroline an und schüttelte den Kopf. Sie musterte Caroline bedächtig von oben bis unten wie ein ratloser, verwirrter Arzt, der einen sehr kranken Patienten untersucht.
Dann schwebte sie auf Caroline zu, eine Hand ausgestreckt.
Caroline schrak zurück, als empfände sie Ekel angesichts Elenas Berührung.
Nein, keinen Ekel, dachte Bonnie, sondern Furcht.
»Woher
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