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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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rechts noch links ausweichen kann, nur vorwärts hungriges Tier führt der Weg zur eßbaren Nahrung, atembaren Luft, freiem Leben, sei es auch hinter dem Leben. Du führst die Massen, großer langer Feldherr, führe die Verzweifelten durch die unter dem Schnee für niemanden sonst auffindbaren Paßstraßen des Gebirges. Und wer gibt Dir die Kraft? Wer Dir die Klarheit des Blickes gibt.

    Der Feldherr stand beim Fenster der verfallenen Hütte und blickte mit aufgerissenen, unschließbaren Augen in die Reihen der draußen in Schnee und trübem Mondlicht vorbeimarschierenden Truppen. Hie und da schien es ihm, als mache ein Soldat außerhalb der Reihen beim Fenster halt, drücke das Gesicht an die Scheiben, blicke ihn kurz an und gehe dann weiter. Trotzdem es immer ein anderer Soldat war, schien es immer der gleiche zu sein, ein Gesicht mit starken Knochen, dicken Wangen, runden Augen, rauher gelblicher Haut und immer während er weggieng, brachte er das Riemenzeug in Ordnung, zuckte mit den Schultern und schwang die Beine, um wieder in Taktschritt mit der im Hintergrund unverändert marschierenden Masse zu kommen. Der Feldherr wollte dieses Spiel nicht länger dulden, lauerte auf den nächsten Soldaten, riß vor ihm das Fenster auf und packte den Mann an der Brust. “Herein mit Dir” sagte er und ließ ihn durch das Fenster einsteigen. Dort trieb er ihn vor sich in eine Ecke, stellte sich vor ihn und fragte: “Wer bist Du?” “Nichts” sagte ängstlich der Soldat. “Das ließ sich erwarten” sagte der Feldherr. “Warum hast Du hereingeschaut?” Um zu sehn ob Du noch hier bist.
    In seiner Hand hielt er einen Brief

    11 (Februar 1922) Drei Sporne meines Lebens
      12 (Februar 1922) Die abweisende Gestalt, die ich immer traf, war nicht die welche sagt: Ich liebe Dich nicht, sondern welche sagt: “Du kannst mich nicht lieben, so sehr Du es willst, Du liebst unglücklich die Liebe zu mir, die Liebe zu mir liebt Dich nicht. ” Infolgedessen ist es unrichtig zu sagen, daß ich das Wort “Ich liebe Dich” erfahren habe, ich habe nur die wartende Stille erfahren, welche von meinem “Ich liebe Dich” hätte unterbrochen werden sollen, nur das habe ich erfahren, sonst nichts.

      Die Angst beim Rodeln, die Ängstlichkeit des Gehens auf glattem Schneeboden, eine kleine Geschichte, die ich heute gelesen habe, bringt wieder den lange unbeachteten, immer naheliegenden Gedanken herauf, ob nicht doch nur der irrsinnige Eigennutz, die Angst um mich undzwar nicht die Angst um ein höheres Ich, sondern die Angst um mein gemeines Wohlbefinden die Ursache meines Niederganges war, so freilich, daß ich aus mir selbst den Rächer geschickt habe (ein besonderes: die-rechte-Hand-weiß-nicht-was-die- linke-tut). In meiner Kanzlei wird immer noch gerechnet, als finge mein Leben erst morgen an, indessen bin ich am Ende.
    13 (Februar 1922) Die Möglichkeit aus voller Brust zu dienen

    14 (Februar 1922) Die Macht des Behagens über mich, meine Ohnmacht ohne das Behagen. Ich kenne niemanden, bei dem beide so groß wären. Infolgedessen ist alles was ich baue, luftig, ohne Bestand, das Stubenmädchen, das mir früh das warme Wasser zu bringen vergißt, wirft meine Welt um. Dabei verfolgt mich das Behagen seit jeher und hat mir nicht nur die Kraft genommen anderes zu ertragen, aber auch jene das Behagen selbst zu schaffen, es schafft sich um mich von selbst oder ich erreiche es durch Betteln, Weinen, Verzicht auf Wichtigeres.
    15 (Februar 1922) Ein wenig Gesang unter mir, ein wenig Türenzuschlagen auf dem Gang und alles ist verloren.
    16 (Februar 1922) Die Geschichte von der Gletscherspalte

    17 (Februar 1922) (von Spindelmühle zurückgekommen. Germanistin)
      18 (Februar 1922) Teaterdirektor, der alles von Grund auf selbst schaffen muß, sogar die Schauspieler muß er erst zeugen. Ein Besucher wird nicht vorgelassen, der Direktor ist mit wichtigen Teaterarbeiten beschäftigt. Was ist es? Er wechselt die Windeln eines künftigen Schauspielers.
    19 (Februar 1922) Hoffnungen?

    Weg zu L. Zurückdrängen!
    20 (Februar 1922) Unmerkliches Leben. Merkliches Mißlingen.
    21 (Februar 1922) Gang durch die Straßen am Abend. Das Hin und Her der Frauen

    22 (Februar 1922) In den Gassen. Ein Gedanke
    23 (Februar 1922)

    24 (Februar 1922) Hilflosigkeit. Der Hund an der Kette, der Rückblick zum dunklen Haus
    25 (Februar 1922) Ein Brief

      26 (Februar 1922) Ich gebe es zu – wem gebe ich es zu? dem Brief? – daß es in mir Möglichkeiten

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