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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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aufgewendete Anstrengung würde ich mich auf der andern Seite aber der Möglichkeit berauben die paar Nachmittagstunden für mich aufzuwenden, was notwendig zur gänzlichen Vernichtung meiner Existenz führen müßte, die sich auch ohnedies immer mehr einschränkt.
      Heute nachmittag bei einem Ausgang sah ich paar Schritte lang lauter eingebildete Mitglieder der Komission, die mir Vormittag solche Angst gemacht hatte, mir entgegenkommen oder meinen Weg kreuzen.

    29. XII 11
      jene lebendigen Stellen bei Goethe. S. 265 “Ich zog daher meinen Freund in die Wälder”
    Das Wachsen der Kräfte durch umfangreiche schlagkräftige Erinnerungen. Ein selbständiges Kielwasser wird zu unserem Schiffe hingedreht und mit der erhöhten Wirkung steigt das Bewußtsein unserer Kräfte und sie selbst.
      Goethe: 307 “Ich hörte nun in diesen Stunden gar kein ander Gespräch als von Medizin oder Naturhistorie und meine Einbildungskraft wurde in ein ganz ander Feld hinübergezogen. “
      Die Schwierigkeiten der Beendigung selbst eines kleinen Aufsatzes liegen nicht darin, daß unser Gefühl für das Ende des Stückes ein Feuer verlangt, das der tatsächliche bisherige Inhalt aus sich selbst nicht hat erzeugen können, sie entstehen vielmehr dadurch, daß selbst der kleinste Aufsatz vom Verfasser eine Selbstzufriedenheit und eine Verlorenheit in sich selbst verlangt, aus der an die Luft des gewöhnlichen Tages zu treten ohne starken Entschluß und äußern Ansporn schwierig ist, so daß man eher, als der Aufsatz rund geschlossen wird und man still abgleiten darf, vorher von der Unruhe getrieben ausreißt und dann der Schluß von außenher geradezu mit Händen beendigt werden muß, die nicht nur arbeiten sondern sich auch festhalten müssen.
    30 XII 11 Mein Nachahmungstrieb hat nichts Schauspielerisches, es fehlt ihm vor Allem die Einheitlichkeit. Das Grobe, auffallend Charakteristische in seinem ganzen Umfange kann ich gar nicht nachahmen, ähnliche Versuche sind mir immer mißlungen sie sind gegen meine Natur. Zur Nachahmung von Details des Groben habe ich dagegen einen entschiedenen Trieb, die Manipulationen gewisser Menschen mit Spazierstöcken, ihre Haltung der Hände, ihre Bewegung der Finger nachzuahmen drängt es mich und ich kann es ohne Mühe. Aber gerade dieses Mühelose, dieser Durst nach Nachahmung entfernt mich vom Schauspieler, weil diese Mühelosigkeit ihr Gegenspiel darin hat, daß niemand merkt, daß ich nachahme. Nur meine eigene zufriedene oder öfter widerwillige Anerkennung zeigt mir das Gelingen an. Weit über diese äußerliche Nachahmung aber geht noch die innerliche, die oft so schlagend und stark ist, daß in meinem Innern gar kein Platz bleibt diese Nachahmung zu beobachten und zu konstatieren, sondern daß ich sie erst in der Erinnerung vorfinde. Hier ist aber auch die Nachahmung so vollkommen und ersetzt mit einem Sprung und Fall mich selbst, daß sie auf der Bühne, unter der Voraussetzung, daß sie überhaupt augenscheinlich gemacht werden könnte, unerträglich wäre. Mehr als äußerstes Spiel kann dem Zuschauer nicht zugemuthet werden. Wenn ein Schauspieler, der nach Vorschrift einen andern zu prügeln hat, in der Erregung, im übergroßen Anlauf der Sinne, wirklich prügelt und der andere vor Schmerzen schreit, dann muß der Zuschauer Mensch werden und sich ins Mittel legen. Was aber in dieser Art selten geschieht, geschieht in untergeordneteren Arten unzähligemale. Das Wesen des schlechten Schauspielers besteht nicht darin, daß er schwach nachahmt, eher schon darin daß er infolge von Mängeln seiner Bildung, Erfahrung und Anlage falsche Muster nachahmt. Aber sein wesentlichster Fehler bleibt daß er die Grenze des Spiels nicht wahrt und zu stark nachahmt. Seine dämmerhafte Vorstellung von den Forderungen der Bühne treibt ihn dazu und selbst wenn der Zuschauer glaubt, dieser oder jener Schauspieler sei schlecht, weil er stockig herumstehe, mit den Fingerspitzen am Rand seiner Tasche spiele, ungehörig die Hände an den Hüften einknicke, zum Souffleur hinhorche, um jeden Preis, mögen sich die Zeiten auch vollständig ändern, einen ängstlichen Ernst bewahre, so ist doch auch dieser auf die Bühne herabgeschneite Schauspieler nur deshalb schlecht, weil er zu stark nachahmt, wenn er dies auch nur in seiner

    31. XII 11
    Meinung tut. Gerade weil seine Fähigkeiten so begrenzt sind, fürchtet er sich weniger zu tun als alles. Selbst wenn seine Fähigkeit nicht geradezu unteilbar klein

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