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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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beteiligen wollte. Jener Schneider aus Nusle wurde gerufen und über den Schnitt des Kleides beraten. Ich war unschlüssig wie immer in solchen Fällen, in denen ich fürchten mußte, durch eine klare Auskunft nicht nur in ein unangenehmes Nächstes sondern darüber hinaus in ein noch schlimmeres fortgerissen zu werden. Ich wollte also zunächst kein schwarzes Kleid, als man mich aber vor dem fremden Mann mit dem Hinweis darauf beschämte, daß ich kein Festtagskleid habe, duldete ich es, daß ein Frack überhaupt in Vorschlag kam; da ich aber einen Frack für eine fürchterliche Umwälzung ansah, von der man schließlich reden, die man aber niemals beschließen könnte, einigten wir uns auf einen Smoking, der durch seine Ähnlichkeit mit dem gewöhnlichen Sakko mir wenigstens erträglich schien. Als ich aber hörte, daß die Sakkoweste notwendig ausgeschnitten sei und ich dann also auch ein gestärktes Hemd tragen müßte, wurde ich, da etwas derartiges abzuwehren war, fast über meine Kräfte entschlossen. Ich wollte keinen derartigen Smoking, sondern einen wenn es sein mußte mit Seide zwar ausgefütterten und ausgeschlagenen aber hoch geschlossenen Smoking. Ein solcher Smoking war dem Schneider unbekannt, doch bemerkte er was ich mir auch immer unter einem solchen Rock vorstellte, ein Tanzkleid könne das nicht sein. Gut, dann war es also kein Tanzkleid, ich wollte auch gar nicht tanzen, das war noch lange nicht bestimmt, dagegen wollte ich den beschriebenen Rock mir machen lassen. Der Schneider war desto begriffstütziger, als ich bisher neue Kleider immer mit verschämter Flüchtigkeit, ohne Anmerkungen und Wünsche mir hatte anmessen und anprobieren lassen. Es blieb mir daher auch weil die Mutter drängte nichts anderes übrig als mit ihm, so peinlich das war, über den Altstädter Ring zur Auslage eines Händlers mit alten Kleidern zu gehn, in dessen Auslage ich schon seit längerer Zeit einen derartigen unverfänglichen Smoking ausgebreitet gesehen und für mich als brauchbar erkannt hatte. Unglücklicherweise aber war er schon aus der Auslage entfernt, selbst durch angestrengtes Schauen war er im Innern des Geschäftes nicht zu erkennen, in das Geschäft einzutreten, nur um den Smoking zu sehn wagte ich nicht so daß wir in der früheren Une inigkeit zurück kamen. Mir aber war es so, als wäre der künftige Smoking durch die Nutzlosigkeit dieses Weges schon verflucht, zumindest benutzte ich die Ärgerlichkeit der Hin- und Gegenreden zum Vorwand den Schneider mit irgend einer kleinen Bestellung und einer Vertröstung wegen des Smokinganzuges fortzuschicken und blieb unter den Vorwürfen meiner Mutter müde zurück für immer – alles geschah mir für immer – abgehalten von Mädchen, elegantem Auftreten und Tanzunterhaltungen. Von der Fröhlichkeit, die ich hierüber gleichzeitig fühlte, war mir elend und außerdem hatte ich Angst, vor dem Schneider mich lächerlich gemacht zu haben wie bisher keine seiner Kundschaften.

    3. I 12 Viel gelesen in der Neuen Rundschau. Anfang des Romans “Der nackte Mann”, etwas zu dünne Klarheit im ganzen, in Einzelheiten unfehlbar. “Gabriel Schillings Flucht” von Hauptmann. Bildung der Menschen. Lehrreich im Schlechten und Guten.
      Silvester. Ich hatte mir vorgenommen Nachmittag Max aus den Tagebüchern vorzulesen ich hatte mich darauf gefreut und brachte es nicht zustande. Wir fühlten nicht einheitlich, ich ahnte in ihm an diesem Nachmittag eine rechnerische Kleinlichkeit und Eile, er war fast nicht mein Freund, beherrschte mich aber immerhin noch soweit, daß ich mit seinen Augen mich in den Heften immer wieder nutzlos blättern sah und dieses Hin- und Herblättern, das immer wieder die gleichen Seiten im Vorüberfliegen zeigte, abscheulich fand. Aus dieser gegenseitigen Spannung heraus gemeinsam zu arbeiten war natürlich unmöglich und die eine Seite von R. u. S., die wir unter gegenseitigen Widerständen zustandebrachten, ist nur ein Beweis von Maxens Energie, sonst aber schlecht. Silvester bei Cada. Nicht so arg, weil Weltsch, Kisch und noch einer frisches Blut beimischten, so daß ich mich schließlich, allerdings nur in den Grenzen jener Gesellschaft doch wieder zu Max gefunden habe. Im Gedränge des Grabens drückte ich ihm dann schon ohne ihn zu sehn die Hand und gieng meine 3 Hefte an mich gepreßt, wie mir in der Erinnerung scheint, stolz geradewegs nach Hause

      Die Flammen, die auf der Gasse um einen Tiegel vor einem Neubau in den Formen von

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