Tagebücher 1909-1923
aber ein wenig mit dem Fuß aus, um wenigstens für mich die
Verabschiedung anzudeuten, die wahrscheinlich beide verdient hätten.
29 V 14 Morgen nach Berlin. Ist es ein nervöser oder ein wirklicher verläßlicher Zusammenhalt den ich fühle. Wie wäre das? Ist es richtig, daß man einmal die Erkenntnis des
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Schreibens erhält, nichts verfehlt werden kann, nichts ve rsinkt, aber auch nur selten etwas übermäßig hoch emporschlägt. Wäre es das Herandämmern der Ehe mit F. P Sonderbarer mir allerdings in der Erinnerung nicht ganz fremder Zustand.
Lange mit Pick vor dem Tor gestanden. Nur daran gedacht, wie ich bald loskommen könnte, denn mein Erdbeernachtmahl war oben für mich vorbereitet. Alles was ich jetzt über ihn schreiben werde, ist eine Gemeinheit, denn ich lasse ihn nichts davon sehn oder bin zufrieden, daß er es nicht sieht. Aber ich bin sogar mitschuldig an seinem Wesen, solange ich mit ihm gehe und so gilt das was ich von ihm sage auch von mir, selbst wenn man die Künstelei abzieht, die in einer solchen Bemerkung liegt:
Ich mache Pläne. Ich sehe starr vor mich hin, um nicht die Augen von den imaginären Gucklöchern des imaginären Kaleidoskops zu entfernen in das ich schaue. Ich mische gute und eigennützige Absichten durcheinander, die guten werden in der Farbe verwaschen, die dafür auf die bloß eigennützigen übergeht. Ich lade Himmel und Erde ein, sich an meinen Plä nen zu beteiligen, aber ich vergesse nicht an die kleinen Leute, die aus jeder Seitengasse hervorzuziehen sind und die vorläufig meinen Plänen besser nützen können. Es ist ja erst der Anfang immer wieder erst der Anfang. Noch stehe ich hier in meinem Jamme r, aber schon kommt hinter mir der ungeheuere Wagen meiner Pläne angefahren, die erste kleine Platform schiebt sich unter meine Füße, nackte Mädchen, wie auf Carnevalswagen besserer Länder führen mich rücklings die Stufen empor, ich schwebe weil die Mädche n schweben und hebe meine Hand, die Ruhe befiehlt.
Rosenbüsche stehn zu meiner Seite,
Weihrauchflammen brennen, Lorbeerkränze
werden
herabgelassen, man streut Blumen vor und über mich, zwei Trompeter wie aus Steinquadern aufgebaut blasen Fanfaren kleines Volk läuft in Massen heran, geordnet hinter Führern, die leeren blanken gerade geschnittenen freien Plätze werden
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dunkel, bewegt und überfüllt, ich fühle die Grenze menschlicher Bemühungen und mache auf meiner Höhe aus eigenem Antrieb und plötzlich mich berkommendem Geschick das Kunststück eines vor vielen Jahren von mir bewunderten
Schlangenmenschen, indem ich mich langsam zurückbeuge –
eben versucht der Himmel aufzubrechen, um einer mir geltenden Erscheinung Raum zu geben, aber er stockt – den Kopf und Oberkörper zwischen meinen Beinen durchziehe und allmählich wieder als gerader Mensch auferstehe. War es die letzte Steigerung, die Menschen gegeben ist. Es scheint so, denn schon sehe ich aus allen Toren des tief und groß unter mir liegenden Landes die kleinen gehörnten Teufel sich herausdrängen, alles überlaufen, unter ihrem Schritt zerbricht alles in der Mitte, ihr Schwänzchen wischt alles aus, schon putzen 50 Teufelschwänze mein Gesicht, der Boden wird weich, ich versinke mit einem Fuß, dann mit dem andern, die Schreie der Mädchen verfolgen mich in meine Tiefe, in die ich lotrecht versinke, durch einen Schacht, der genau den Durchmesser meines Körpers aber eine endlose Tiefe hat. Diese Endlosigkeit verlockt zu keinen besondern Leistungen, alles was ich täte wäre kleinlich, ich falle sinnlos und es ist das Beste.
Brief Dostejews. an den Bruder über das Leben im Zuchthaus 6. VI 14 Aus Berlin zurück. War gebunden wie ein
Verbrecher. Hätte man mich mit wirklichen Ketten in einen Winkel gesetzt und Gendarmen vor mich gestellt und mich nur auf diese Weise zuschauen lassen, es wäre nicht ärger gewesen.
Und das war meine Verlobung und alle bemühten sich mich zum Leben zu bringen und, da es nicht gelang, mich zu dulden wie ich war. F. allerdings am wenigsten von allen, vollständig berechtigter Weise, denn sie litt am meisten. Was den andern bloße Erscheinung war, war ihr Drohung.
Wir ertrugen es zuhause keinen Augenblick. Wir wußten, daß man uns suchen würde. Aber wenn es auch abend war, wir liefen doch weg. Unsere Stadt war von Hügeln umgeben. Auf
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diesen Hügeln kletterten wir. Alle Bäume brachten wir zum Zittern, wenn wir uns im Abwärtslauf von einem zum andern schwangen.
Die
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