Tagebücher 1909-1923
Schauspieler erst werden"
sagte Karl für sich und stellte so die Meldung des Dieners richtig. "Wo ist er?" sagte der Direktor und streckte den Hals.
21. VI 14 Verlockung im Dorf.
Der alte Junggeselle mit der geänderten Barttracht Die weißgekleidete Frau mitten im Hof des Kinskyschlosses.
Deutliche Schattierung der hohen Busenwölbung trotz der Entfernung. Starrer Sitz.
Ich kam einmal im Sommer gegen Abend in ein Dorf in dem ich noch nie gewesen war. Mir fiel auf wie breit und frei die Wege waren. Überall vor den Bauernhöfen sah man hohe alte Bäume. Es war nach einem Regen, die Luft gieng frisch, mir gefiel alles so gut. Ich suchte es durch meinen Gruß den Leuten zu zeigen die vor den Toren standen, sie antworteten freundlich, wenn auch zurückhaltend. Ich dachte daß es gut wäre hier zu übernachten, wenn ich einen Gasthof fände.
Ich gieng gerade an der hohen grünbewachsenen Mauer eines Hofes vorüber, als eine kleine Tür in dieser Mauer sich öffnete, drei Gesichter hervorsahn, verschwanden und die Tür sich wieder schloß. "Sonderbar" sagte ich seitwärts, als hätte ich einen Begleiter. Und tatsächlich stand neben mir, wie um mich verlegen zu machen, ein großer Mann, ohne Hut und Rock, in
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einer gestrickten schwarzen Weste und rauchte eine Pfeife. Ich faßte mich rasch und sagte, als hätte ich schon früher von seiner Anwesenheit gewußt: "Diese Tür! Haben Sie auch gesehn, wie sich diese kleine Tür geöffnet hat. " "Ja" sagte der Mann "aber warum soll das sonderbar sein, es waren die Kinder des Pächters. Sie haben Ihre Schritte gehört und nachgesehn, wer so spät abend hier geht." "Das ist allerdings eine einfache Erklärung" sagte ich lächelnd "einem Fremden kommt leicht alles sonderbar vor. Ich danke Ihnen. " Und ich gieng weiter.
Aber der Mann folgte mir. Ich wunderte mich nicht eigentlich darüber, der Mann konnte den gleichen Weg haben, aber es war kein Grund, warum wir hintereinander und nicht nebeneinander gehn sollten. Ich drehte mich um und sagte: "Ist hier der richtige Weg zum Gasthof?" Der Mann blieb stehn und sagte: Einen Gasthof haben wir nicht oder vielmehr wir haben einen, aber er ist unbewohnbar. Er gehört der Gemeinde und sie hat ihn schon vor Jahren, da sich niemand um ihn beworben hat, einem alten Krüppel vergeben, für den sie bisher hatte sorgen müssen. Der verwaltet jetzt mit seiner Frau den Gasthof undzwar so, daß man kaum an der Tür vorübergehn kann, so groß ist der Gestank, der herauskommt. In der Wirtstube gleitet man vor Schmutz aus.
Eine elende Wirtschaft, eine Schande des Dorfes, eine Schande der Gemeinde. Ich hatte Lust dem Mann zu widersprechen, sein Aussehn reizte mich dazu, dieses im Grunde magere Gesicht mit gelblichen, lederartigen schwach gepolsterten Wangen und schwarzen nach den Kieferbewegungen durch das ganze Gesicht irrenden Falten. "So" sagte ich, ohne weiteres Staunen über diese Verhältnisse auszudrücken und fuhr dann fort: "Nun, ich werde doch dort wohnen da ich nun einmal entschlossen bin, hier zu bernachten." "Dann allerdings" sagte der Mann hastig
"ins Gasthaus müssen Sie aber hier gehn" und er zeigte mir die Richtung aus der ich gekommen war. "Gehn Sie bis zur nächsten Ecke und biegen Sie dann rechts ein. Sie werden dann gleich eine Gasthaus- Tafel sehn. Dort ist es. " Ich dankte für die
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Auskunft und gieng nun wieder an ihm, der mich jetzt besonders genau beobachtete, vorüber. Dagegen, daß er mir vielleicht eine falsche Richtung angegeben hatte, war ich allerdings wehrlos, wohl aber sollte er mich weder dadurch verblüffen, daß er mich jetzt zwang an ihm vorbeizumarschieren, noch dadurch, daß er so auffallend schnell von seiner Warnung wegen des Gasthauses abgelassen hatte. Das Gasthaus würde mir auch ein anderer zeigen und war es schmutzig, so konnte ich auch einmal im Schmutz schlafen, wenn nur mein Trotz befriedigt war.
Übrigens hatte ich auch nicht viel andere Wahl, es war schon dunkel, die Landstraßen waren vom Regen aufgeweicht und der Weg zum nächsten Dorf noch lang.
Ich hatte den Mann schon hinter mir und beabsichtigte mich gar nicht mehr um ihn zu kümmern, da hörte ich eine Frauenstimme, die zu dem Mann sprach. Ich drehte mich um.
Aus dem Dunkel unter einer Gruppe von Platanen trat eine große aufrechte Frau hervor. Ihr Rock glänzte gelblichbraun, am Kopf und an den Schultern lag ein schwarzes grobmaschiges Tuch; "Komm doch schon nachhause" sagte sie zu dem Mann.
"Warum kommst Du
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