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Tagebücher 1909-1923

Tagebücher 1909-1923

Titel: Tagebücher 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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des Zionismus die Lösungsmöglichkeiten so klar um das jüdische Problem herum angeordnet liegen, daß der
    Schriftsteller schließlich nur einige Schritte hätte machen müssen, um die seiner Erzählung gemäße Lösungsmöglichkeit zu finden.
    Dieser Mangel entspringt wenn man genauer zusieht einem früheren. Den Jüdinnen fehlen
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    Es war schon eine Gewohnheit der vier Freunde Robert Samuel, Max und Franz geworden jeden Sommer oder Herbst ihre kleinen Ferien zu einer gemeinsamen Reise zu verwenden.
    Während des übrigen Jahres bestand ihre Freundschaft meist darin, daß sie gerne an einem Abend in der Woche alle vier zusammenkamen meist bei Samuel der als der wohlhabendste ein größeres Zimmer hatte, einander verschiedenes erzählten und dazu mäßig Bier tranken. Mit dem Erzählen waren sie um Mitternacht, wenn sie auseinandergiengen niemals fertig, da Robert Sekretär eines Vereins war, Samuel Angestellter eines kommerciellen Bureaus, Max Staatsbeamter und Franz' Beamter in einem Bankgeschäft, so daß fast alles, was einer während der Woche in seinem Berufe erlebt hatte, den drei andern unbekannt und ihnen rasch erzählt sondern ohne umständliche Erklärung auch unverständlich war. Vor allem aber brachte es die Verschiedenheit dieser Berufe mit sich, daß jeder gezwungen war seinen Beruf den andern immer wieder darzustellen, denn diese Darstellungen wurden von den andern weil sie doch nur schwache Menschen waren nicht genug gründlich aufgefaßt gerade deshalb aber und auch aus guter Freundschaft immer wieder verlangt. Weibergeschichten wurden dagegen selten vorgenommen, denn wenn auch Samuel für seine Person an ihnen Geschmack gefunden hätte, so hütete er sich, zu verlangen, daß sich die Unterhaltung nach seinen Bedürfnissen einrichte, wobei ihm öfters das alte Mädchen, welches das Bier holte, als eine Mahnung erschien. Gelacht wurde aber so viel an diesen Abenden, daß Max auf dem Nachhauseweg sagte, dieses ewige Lachen sei eigentlich bedauerlich, weil man dadurch an alle ernsten Sachen vergesse, von denen doch jeder gerade genug zu tragen hätte. Während man lache denke man für den Ernst sei noch Zeit genug. Das sei aber nicht richtig, denn der Ernst stelle natürlich größere Ansprüche an den Menschen und es sei doch klar, daß man in Gesellschaft der Freunde auch größeren Ansprüchen zu genügen fähig sei als allein. Lachen
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    solle man im Bureau, weil man dort nicht mehr zustandebringe.
    Diese Meinung war gegen Robert gerichtet, der in seinem in dem alten durch ihn sich verjüngenden Kunstverein viel arbeitete und gleichzeitig die komischesten Dinge bemerkte, mit denen er seine Freunde unterhielt.
    Schon wenn er anfieng verließen die Freunde ihre Plätze, stellten sich zu ihm oder setzten sich auf den Tisch und lachten besonders Max und Franz so selbstvergessen, daß Samuel alle Gläser auf ein Seitentischchen hinübertrug. War man vom Erzählen ermüdet setzte sich Max mit plötzlich neuer Kraft zum Klavier und spielte, während Robert und Samuel ihm zur Seite auf dem Bänkchen saßen, Franz dagegen der nichts von Musik verstand, allein am Tisch Samuels Ansichtskartensammlung durchsah oder die Zeitung las. Wenn die Abende wärmer wurden und das Fenster schon offen bleiben konnte, kamen wohl alle vier zum Fenster und sahen die Hände auf dem Rücken in die Gasse hinunter ohne sich von dem freilich schwachen Verkehr in ihrer Unterhaltung beirren zu lassen. Nur hie und da gieng einer zum Tisch zurück, um einen Schluck zu machen, oder zeigte auf die Lockenfrisuren zweier Mädchen, die unten vor ihrer Weinstube saßen oder auf den Mond, der sie leicht überraschte oder Max beschrieb das, was er erzählte, mit ausgespannten Fingern draußen in der Luft über die Schulter des andern weg, bis endlich Franz sagte, es sei kühl, man solle das Fenster schließen. Im Sommer trafen sie einander manchmal in einem öffentlichen Garten, setzten sich an einen Tisch ganz am Rande, wo es dunkler war, tranken einander zu und merkten im Gespräch die Köpfe beisammen das ferne Blasorchester kaum.
    Arm in Arm, in gleichem Schritt giengen sie dann durch die Anlagen nach Hause. Die zwei am Rande drehten die Stöckchen oder schlugen in die Gebüsche, Robert [Man denkt man beschreibt ihn richtig, aber es ist nur angenähert und wird vom Tagebuch korrigiert.] forderte sie zum Singen auf, sang dann aber allein gut für vier, der zweite in der Mitte fühlte sich dabei
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    besonders sicher

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