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Tagebücher

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Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Tür zunächststehenden Bett brannte ein kleiner Kerzenstumpf. An diesem Bett war auch nichts ungewöhnliches zu sehn, in dem andern aber mußte etwas geschehen sein. Jetzt war es der Junge der nicht vorwärtswollte, aber die Frau stieß ihn mit Fäusten und Knien vor. Bei einem Verhöre wurde er gefragt warum er gezögert habe, ob vielleicht aus Furcht vor dem was er in dem Bett etwa zu sehen erwartet hatte. Darauf antwortete er, er fürchte sich überhaupt nicht und habe sich auch damals nicht gefürchtet, aber er habe damals das Gefühl gehabt, als halte sich etwas irgendwo im Zimmer versteckt und könne plötzlich hervorspringen. Dieses "etwas" das er nicht näher beschreiben konnte, habe er zunächst erwarten wollen, ehe er vorwärtsgieng. Da aber der Frau soviel daran zu liegen schien zum zweiten Bett zu kommen, gab er schließlich nach.

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    Heft 11

    13 Sept. 15 Vorabend von Vaters Geburtstag, neues Tagebuch. Es ist nicht so notwendig wie sonst, unruhig muß ich mich nicht machen, unruhig bin ich genug, aber zu welchem Ziel, wann kommt es, wie kann ein Herz, ein nicht ganz gesundes Herz soviel Unzufriedenheit und soviel ununterbrochen zerrendes Verlangen ertragen.

    Die Zerstreutheit, die Gedächtnisschwäche, die Dummheit!

    14. (September 1915) mit Max und Langer Samstag beim Wunderrabbi. Pizkov, Harantova ulice.
    Viele Kinder auf dem Trottoir und den Treppenstufen. Ein Gasthaus. Oben vollständig finster, blindlings paar Schritte mit vorgehaltenen Händen. Ein Zimmer mit bleichem Dämmerlicht, weißgraue Wände, einige kleine Frauen und Mädchen, weiße Kopftücher, blasse Gesichter, stehn herum, kleine Bewegungen; Eindruck des Blutleeren. Nächstes Zimmer. Alles schwarz, voll mit Männern und jungen Leuten. Lautes Beten. Wir drücken uns in eine Ecke. Kaum sehen wir uns ein wenig um, ist das Gebet zu Ende, das Zimmer leert sich. Ein Eckzimmer mit zwei Fensterwänden mit je 2 Fenstern. Wir werden zu einem Tisch gedrängt, rechts vom Rabbi. Wir wehren uns, "Ihr seid doch auch Juden. " Das stärkste väterliche Wesen macht den Rabbi. Alle Rabbi sehen wild aus, sagte Langer. Dieser im Seidenkaftan, darunter schon Unterhosen sichtbar. Haare auf dem Nasenrücken. Mit Fell eingefaßte Kappe, die er immerfort hin und her rückt. Schmutzig und rein, Eigentümlichkeit intensiv denkender Menschen. Kratzt sich am Bartansatz, schneuzt durch die Hand auf den Fußboden, greift mit den Fingern in die Speisen - wenn er aber ein Weilchen die Hand auf dem Tisch liegen läßt, sieht man das Weiß der Haut, wie man ein ähnliches Weiß nur in Vorstellungen der Kindheit gesehn zu haben glaubt. Damals allerdings waren auch die Eltern rein.

    16. (September 1915) Demütigung bei Eisner. Erste Zeile eines Briefes an ihn geschrieben, weil sich mir im Kopf rasch ein würdiger Brief gebildet hatte. Trotzdem nach der ersten Zeile abgelassen. Früher war ich anders. Wie leicht ich außerdem die Demütigung getragen, wie leicht ich an sie vergessen habe, wie wenig Eindruck auch seine Gleichgültigkeit auf mich gemacht hat.
    Durch tausend Gänge, tausend Bureaux, an tausend früher befreundeten jetzt kalten Menschen hätte ich unberührt schweben können, ohne die Augen zu senken. Unberührbar aber auch unerweckbar.
    Und in dem einen Bureau hätte Max sitzen können, im andern Felix u. s. f.

    Neuer Kopfschmerz noch unbekannter Art. Kurzer schmerzhafter Stich rechts ber dem Auge.
    Vormittag zum erstenmal seitdem häufiger.

    Anblick der polnischen Juden, die zum Kol Nidre gehn. Der kleine Junge, der, unter beiden Armen Gebetmäntel, neben seinem Vater herläuft. Selbstmörderisch nicht in den Tempel zu gehn.

    Bibel aufgeschlagen. Von den ungerechten Richtern. Finde also meine Meinung oder wenigstens die Meinung die ich in mir bisher vorgefunden habe. Übrigens hat es keine Bedeutung, ich werde in solchen Dingen niemals sichtbar gelenkt, vor mir flattern nicht die Blätter der Bibel.

    Die ergiebigste Stelle zum Hineinstechen scheint zwischen Hals und Kinn zu sein. Man hebe das Kinn und steche das Messer in die gestrafften Muskeln. Die Stelle ist aber wahrscheinlich nur in der Vorstellung ergiebig. Man erwartet dort ein großartiges Ausströmen des Blutes zu sehn und ein Flechtwerk von Sehnen und Knöchelchen zu zerreißen, wie man es ähnlich in den gebratenen Schenkeln von Truthähnen findet.

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    Förster Fleck in Rußland gelesen. Napoleons Rückkehr auf das Schlachtfeld von Borodino. Das Kloster dort. Es wird in die Luft

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