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Tagebücher

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Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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meinem Zimmer.) Ich saß dann noch eine Weile beim Tisch bis ich auch dessen müde wurde, den Überzieher anzog, den Hut vom Kanapee nahm und die Kerze ausblies. Beim Hinausgehn verfieng ich mich in ein Sesselbein. Auf der Treppe traf ich einen Mieter aus dem gleichen Stockwerk. Sie gehn schon wieder weg Sie Lump sagte er auf seinen ber zwei Stufen ausgebreiteten Beinen ausruhend. "Was soll ich machen sagte ich jetzt hab ich ein Gespenst im Zimmer gehabt." Sie sagen das mit der gleichen Unzufriedenheit, wie wenn Sie ein Haar in der Suppe gefunden hätten. - Sie spaßen, aber merken Sie sich, ein Gespenst ist ein Gespenst. - Sehr wahr. Aber wie wenn man überhaupt nicht an Gespenster glaubt. - Ja meinen Sie denn ich glaube an Gespenster?

    Der kleine Ruinenbewohner.

    Du sagte ich und gab ihm einen kleinen Stoß mit dem Knie (bei dem plötzlichen Reden flog mir etwas Speichel als schlechtes Vorzeichen aus dem Mund) schlaf nicht ein.

    Ich will ja weg, will die Treppe hinauf, wenn es sein muß unter Purzelbäumen. Von der Gesellschaft verspreche ich mir alles was mir fehlt, die Organisierung meiner Kräfte vor allem, denen eine solche Zuspitzung nicht genügt, wie sie die einzige Möglichkeit dieses Junggesellen auf der Gasse ausmacht. Dieser ist ja schon zufrieden, wenn er mit seiner allerdings schäbigen, aber festen Körperlichkeit standhält, seine paar Mahlzeiten schützt, Einflüsse anderer Menschen vermeidet, kurz soviel behält als in der auflösenden Welt nur möglich ist. Was er aber verliert, das sucht er mit Gewalt, sei es auch verändert, geschwächt, ja sei es auch nur scheinbar sein früheres Eigentum (und das ist es meistens) wieder zu bekommen. Sein Wesen ist also ein selbstmörderisches es hat nur Zähne für das eigene Fleisch und Fleisch nur für die eigenen Zähne.
    Denn ohne einen Mittelpunkt zu haben, ohne einen Beruf, eine Liebe, eine Familie, eine Rente zu haben d. h. ohne sich im Großen gegenüber der Welt versuchsweise natürlich nur zu halten ohne sie also durch einen großen Komplex an Besitztümern gewissermaßen zu verblüffen kann man sich vor augenblicklich zerstörenden Verlusten nicht bewahren. Dieser Junggeselle mit seinen dünnen Kleidern, seiner Betkunst, seinen ausdauernden Beinen, seiner gefürchteten Mietwohnung, seinem sonstigen gestückelten diesmal nach langer Zeit wieder hervorgerufenem Wesen hält alles dies mit beiden Armen beisammen und muß immer zwei seiner Sachen verlieren wenn er irgend eine geringe aufs geratewohl fängt. Natürlich liegt hier die Wahrheit, die nirgends so rein zu zeigende Wahrheit. Denn wer wirklich als vollendeter Bürger auftritt, also auf dem Meer in einem Schiff reist mit Schaum vor sich und mit Kielwasser hinter sich also mit vieler Wirkung ringsherum ganz anders als der Mann auf seinen paar Holzstückchen in den Wellen, die sich noch selbst gegenseitig stoßen und herunterdrücken, er dieser Herr und Bürger ist in keiner kleineren Gefahr. Denn er und sein Besitz ist nicht eins sondern zwei und wer die Verbindung zerschlägt, zerschlägt ihn mit. Wir und unsere Bekannten sind ja in dieser Hinsicht unkenntlich weil wir ganz verdeckt sind, ich z. B.
    bin jetzt verdeckt von meinem Beruf, von meinen eingebildeten oder wirklichen Leiden, von literarischen Neigungen u. s. w. Aber gerade ich spüre meinen Grund viel zu oft und viel zu stark, als daß ich auch nur halbwegs zufrieden sein könnte. Und diesen Grund brauche ich nur eine Viertelstunde ununterbrochen zu spüren, die giftige Welt wird mir in den Mund fließen wie das Wasser in den Ertrinkenden.

    Zwischen mir und dem Junggesellen ist im Augenblick kaum ein Unterschied, nur daß ich noch an meine Jugend im Dorfe denken und vielleicht, wann ich will vielleicht selbst dann, wenn es nur meine Lage verlangt, mich dorthin zurückwerfen kann. Der Junggeselle aber hat nichts vor sich und deshalb auch hinter sich nichts. Im Augenblick ist kein Unterschied, aber der Junggeselle hat nur den Augenblick. Zu jener Zeit, die heute niemand kennen kann denn nichts kann so vernichtet sein wie jene Zeit, zu jener Zeit hat er es verfehlt als er seinen Grund dauernd spürte, so wie man 34
    plötzlich an seinem Leib ein Geschwür bemerkt, das bisher das letzte an unserem Körper war, ja nicht einmal das letzte, denn es schien noch nicht zu existieren, und jetzt mehr als alles ist was wir seit unserer Geburt leiblich besaßen. Waren wir bisher mit unserer ganzen Person auf die Arbeit unserer Hände auf das

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