Tai-Pan
riesige Gewinne erzielen.
Das Parlament wurde zum Forum ihrer Agitation. Das Parlament hatte vor zwei Jahrhunderten der Kompanie ihr ausschließliches Monopol verliehen, und allein das Parlament war befugt, es wieder zu streichen. So begannen die Chinahändler, zum Äußersten entschlossen, mit hohen Einsätzen zu spielen: Sie kauften Stimmen, unterstützten Mitglieder des Parlaments, die sich für freien Wettbewerb und Freihandel einsetzten, schrieben an Zeitungen und Angehörige der Regierung. Und im selben Maße, in dem ihr Reichtum zunahm, stieg auch ihre Macht. Sie waren geduldig und zäh und ließen sich nicht unterkriegen – so, wie nur Männer sein können, die die See erzogen hat.
Die Kompanie richtete ihren ganzen Zorn gegen die Aufrührer und hatte keinesfalls die Absicht, ihr Monopol aufzugeben. Andererseits brauchte sie die Chinahändler dringend: Von ihnen kamen die Silberbarren, mit denen die Kompanie den Tee bezahlte. Mittlerweile war sie selber in völlige Abhängigkeit von den riesigen Einkünften aus dem Verkauf des bengalischen Opiums geraten. So mußten sie bei ihrem Kampf im Parlament vorsichtig vorgehen. Auch das Parlament befand sich in einer Klemme. Es verdammte zwar den Verkauf von Opium, brauchte jedoch die Einkünfte aus den Teeabgaben und aus dem Indischen Reich. Das Parlament bemühte sich daher, sowohl den Chinahändlern wie der Kompanie Gehör zu schenken, vermochte jedoch keine der beiden Parteien zufriedenzustellen.
Darauf beschloß die Kompanie, mit Struan und Brock, ihren beiden Hauptgegnern, ein Exempel zu statuieren. Sie zog ihre Opiumlizenzen zurück und nahm ihnen damit den Boden unter den Füßen weg.
Brock blieb noch sein Schiff, Struan jedoch nichts. Brock nahm sich heimlich einen anderen Chinahändler als Partner, gab aber den Kampf nicht auf. Struan und seine Mannschaft überfielen einen Piratenhafen südlich von Macao, zerstörten ihn und nahmen sich die schnellste Lorcha. Nun schmuggelte Struan Opium für andere Händler – natürlich unterderhand –, kaperte weitere Piratenschiffe und machte immer mehr Geld. Im Einverständnis mit den anderen Chinahändlern spielte er mit immer höheren Einsätzen, kaufte mehr und mehr Stimmen, setzte dem Parlament immer härter zu und ließ ihm keine Ruhe mehr, bis dieses stürmisch die völlige Auflösung der Kompanie forderte. Sieben Jahre zuvor hatte das Parlament ein Gesetz angenommen, das das Monopol der Kompanie für Asien aufhob und dieses dem Freihandel öffnete. Der Kompanie war jedoch das ausschließliche Recht des Handels mit Britisch-Indien gelassen worden – und das Weltmonopol für Opium. Das Parlament beklagte den Verkauf von Opium. Auch der Kompanie lag nichts daran, mit Opium zu handeln. Die Chinahändler selber hätten eine andere Massenware vorgezogen – vorausgesetzt, sie war genauso einträglich. Aber alle wußten, daß ohne Kreislauf Tee – Silber – Opium das Empire ruiniert gewesen wäre.
Nun, da sie freie Hand im Handel hatten, wurden Struan und Brock zu Handelsmagnaten. Ihre armierten Flotten wuchsen. Und, angeheizt von der Rivalität, haßten sie sich immer glühender.
Um das politische Vakuum zu füllen, das in Asien durch die Entmachtung der Kompanie und die Befreiung des Handels entstanden war, hatte die britische Regierung einen Diplomaten, den Ehrenwerten William Longstaff, zum Generalbevollmächtigten für den Handel ernannt, der ihre Interessen wahrnehmen sollte. Die Interessen der Krone aber bestanden darin, das Handelsvolumen immer weiter auszudehnen – und sich auf diese Weise größere Steuereinnahmen zu sichern – und alle anderen europäischen Mächte weiterhin auszuschließen. Longstaff war also für die Sicherheit des Handels und der britischen Staatsangehörigen verantwortlich. Seine Vollmachten waren allerdings nur ungenau umrissen, und er besaß keinerlei Machtmittel, um irgendwelche Maßnahmen durchzusetzen.
Armer, kleiner Willie, dachte Struan ein wenig boshaft. Trotz all meiner geduldigen Erklärungen in den letzten acht Jahren ist unsere ›erhabene‹ Exzellenz, der Generalbevollmächtigte für den Handel, noch immer nicht imstande, das Nächstliegende zu erkennen.
Struan blickte zum Ufer hinüber, als die Sonne gerade über die Berge stieg und die drüben versammelten Männer plötzlich mit Licht übergoß: Freunde und Feinde, aber alle Rivalen. Er wandte sich zu Robb um. »Willst du vielleicht behaupten, daß das ein Begrüßungskomitee ist?«
Robb Struan lachte in
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