Tal der Träume
Christy, als Billy Chinn in der Tür erschien. »Wahrhaft köstlich! Eine Delikatesse!«
Alle waren zufrieden.
Als Christy gegangen war, ließ sich Harriet erleichtert in einen Sessel sinken. Sie hatte zu viel getrunken und fühlte sich leicht beschwipst, doch der freundliche Mann hatte sie vor einer völligen Katastrophe gerettet. Sie hatte ihm das auch ausdrücklich gesagt.
»Danken Sie nicht mir. Ich habe mich prächtig amüsiert. Ich fürchte, ich kann es mir nicht verkneifen, den Cochranes zu erzählen, was ihnen entgangen ist.«
Harriet gefiel das. Den ganzen Abend hatte sie sich gefragt, ob Mrs. Cochrane wirklich krank war oder dies nur als Ausrede vorgeschoben hatte. Sie würde es schon herausfinden, dachte sie finster.
Am nächsten Morgen schickte sie Tom Ling mit einer hübsch verpackten Keksdose zu Mrs. Cochrane und wünschte ihr baldige Genesung.
»Wenn du da bist, sprichst du mit den Dienstboten. Du musst herausfinden, ob sie wirklich krank ist oder nur nicht herkommen wollte.«
»Ha! Sie tut so was?«, grollte Tom.
»Ich weiß es nicht, das sollst du herausfinden.«
»Ha! Ja, Missy, ich finde heraus.«
Die Antwort war unerfreulich für Mrs. Cochrane, bedeutete aber einen Trost für Harriet. Die Dame lag tatsächlich mit Fieber zu Bett.
William kehrte sorgenvoll heim. Pop war noch schwach, hatte sich aber rundweg geweigert, die Station zu verlassen. Er wollte weder ins Krankenhaus nach Darwin, das ohnehin keinen allzu guten Ruf genoss, noch zu William nach Hause, wo er immerhin einen Arzt in ständiger Rufnähe hätte.
»Wenn ich schon den Löffel abgebe«, keuchte er, »dann nur in meinem eigenen Haus.«
»Du wirst nicht den Löffel abgeben«, sagte William.
»Wozu veranstaltest du dann dieses Theater? Sorge lieber dafür, dass Myles zurückkommt.«
»Ich kann den Burschen nicht finden.«
»Er wird schon auftauchen«, sagte Pop betrübt. Er vermisste seinen Enkel und befürchtete wohl, ihn nicht mehr wieder zu sehen. Dies quälte William nur noch mehr.
Er sprach mit dem Aufseher der Station, ritt meilenweit in alle Richtungen, inspizierte den Viehbestand und den Zustand der Weiden, die allmählich austrockneten, da akuter Regenmangel herrschte. Hoffentlich würde die nächste Regenzeit früh anbrechen oder das Land zwischenzeitlich in den Genuss einiger Gewitter kommen. Leider sah es nicht allzu gut damit aus, dachte er mit einem Blick zum stahlblauen Himmel.
Also kehrte William nach Darwin zurück, immer mit dem Hintergedanken, dass ihn jeden Moment ein Telegramm aus Warrawee zur Heimkehr zwingen konnte.
Dann traf endlich ein langer Brief von Myles ein, der die Telegramme offensichtlich nicht erhalten hatte. Er wollte ausgerechnet nach Argentinien reisen, um befreundete Viehzüchter zu besuchen, und konnte über die Bank von England in Buenos Aires kontaktiert werden.
»Allmächtiger Gott!«, rief William aus. »Er ist in Argentinien! Wo genau liegt das, Leo?«
Sie studierten eine Weltkarte.
»Hier, er hat sich auf den Heimweg gemacht. Braver Junge.«
»Den Teufel tut er. Er hat vor, sich bei seinen neuen Freunden für eine Weile einzunisten.«
»Aber er hat den Atlantik überquert«, meinte Leo. »Ein Ozean weniger bis hierher.«
»Verdammt, wenn er das Telegramm erhalten hätte, wäre er schon zu Hause. Hoffentlich bekommt er dieses hier. Schick es an die Bank mit dem Vermerk DRINGEND .«
Während Leo unterwegs war, versuchte William, sich die Reiseroute auszumalen, wenn Myles um Kap Horn segelte. Das Kap war ein berüchtigter Schiffsfriedhof.
Seufzend wandte er sich seiner Post zu, sortierte sie rasch und zog einen kleinen, dünnen Umschlag heraus. Er schlitzte ihn mit dem Brieföffner aus Elfenbein auf, den ihm Harriet geschenkt hatte.
Als er die Nachricht darin las, schüttelte er traurig den Kopf.
Leo kam herein.
»Abgeschickt?«
»Ja, und sie haben ganz schön gestaunt; bald weiß die ganze Stadt, wo Myles steckt.«
»Leo, ich habe soeben eine neue Vorschrift erlassen. Wir tätigen keine Geschäfte mehr mit Judah Forrest.«
»Kommt ohnehin selten vor. Wir arbeiten mit Sinclair.«
»Ich weiß, aber andere machen es, wenn es um Übertragungen, Verträge und Ähnliches geht. In Zukunft wird alles, was von Forrest eintrifft, zurückgeschickt. Wir arbeiten nicht mit ihm und ignorieren seine Korrespondenz. Falls seine Klienten mit mir ins Geschäft kommen wollen, müssen sie sich einen anderen Anwalt suchen.«
Leo stieß einen Pfiff der Überraschung aus.
Weitere Kostenlose Bücher