Tal der Träume
Kopfschmerzen.
Tom Ling brachte ihm wie angekündigt Tee und Kekse, dazu ein Kopfschmerzmittel, das in dünnes Papier gewickelt war. Bevor er ging, wandte er sich noch einmal mit Tränen in den Augen an seinen Herrn.
»Er lügt«, flüsterte er und verschwand mit einer entschuldigenden Verbeugung.
Die Sonne strahlte wieder vom Himmel, als habe es nie geregnet und sie müsse die letzten Wolken vertreiben, das feuchte Land trocknen und übermütig auf das blaue Hafenbecken scheinen. Leo ließ das Rouleau hinunter, um sich vor der Helligkeit zu schützen.
»Sieht nicht allzu gut aus«, meinte er. »Ich würde dieses Jahr nicht auf den Regen wetten, du etwa? Werden wohl nur die halben Einnahmen haben, wenn überhaupt.«
William schüttelte den Kopf. »Du würdest verlieren. Der Regen kommt.«
»Optimistisch wie immer«, grinste Leo.
Als sie sich wieder den Unterlagen für Leos Firmenübernahme zuwandten, gestand sich William ein, dass er nie weniger optimistisch gewesen war. Er und Leo hatten eine freundschaftliche Vereinbarung für die Übertragung der
Oatley Mercantile Company
getroffen, doch das war nur ein schwacher Hoffnungsstrahl neben den finsteren Wolken, die über seinem Heim hingen. Er hatte erwartet, dass Myles an diesem Morgen zu ihm kommen und die Entschuldigung einfordern würde, doch sein Sohn war nicht aufgetaucht. Billy Chinn berichtete, er habe das Haus zeitig verlassen. Und Harriet hatte sich beim Frühstück übertrieben fröhlich gegeben, beinahe albern, während William zu niedergeschlagen war, um ihr zu antworten. Er war froh, als er das Haus verlassen hatte.
Später am Morgen tauchte ein schüchterner Yorkey in der Tür des Büros auf.
William lehnte sich zurück. »Komm herein, Yorkey. Schön, dich wieder auf den Beinen zu sehen. Was kann ich für dich tun?«
»Ich wollte mich verabschieden, Boss. Und bedanken, dass Sie mich aufgenommen haben. Zack sagt, die Polizei will mich nicht mehr.«
»Du hast Glück gehabt. Syds Frau hat es vorgezogen, dich nicht zu verklagen. Sie hat genug von Syd und will alles hinter sich lassen.«
»Verkauft sie die Station?«, fragte Leo mit leuchtenden Augen.
»Ja, das wollte ich dir noch sagen. Sie lässt sich von dem Schweinehund scheiden und wohnt zurzeit im
Victoria
.« Er zwinkerte Leo zu. »Vielleicht solltest du das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Diese Viehzüchter in Brisbane suchen doch nach wie vor nach einem Besitz hier oben, oder?«
Leo sprang auf, griff nach seinem Hut, zögerte dann aber. »Du willst nicht mitkommen?«
»Nein, das übernimmst du von nun an allein, mein Freund.«
Nachdem er gegangen war, wandte sich William wieder an Yorkey. »Und wohin willst du?«
»Hm, zurück ins Outback. Nach Pine Creek vielleicht, oder Katherine. Mich einfach umsehen. Zack Hamilton schenkt mir ein Pferd.«
»Gut, aber halte dich fern von Syd Walsh, und es werden auch bitte keine Häuser mehr angezündet!«
»Klar, Boss.« Nachdem er seiner Pflicht Genüge getan hatte, wollte der scheue Aborigine das Büro verlassen, doch William hielt ihn zurück und fischte in seiner Tasche nach einigen Pfundnoten für den Jungen. Er gab sie ihm und bestand darauf, dass Yorkey das Geld annahm, doch dann fiel ihm noch etwas ein. Er erkundigte sich, wann der Aborigine aufbrechen wolle.
»Eigentlich heute.«
»Könntest du bis morgen warten?«
»Warum?«
»Ich wollte meinen Vater besuchen, er ist krank. Ihm gehört die Warrawee Station. Kennst du sie?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Egal, aber ich wäre froh über ein bisschen Gesellschaft. Sollen wir gemeinsam hinreiten?«
»Das wäre schön, Boss. Besser als allein.«
»Also gut, wir brechen morgen früh auf. Ich besorge heute Nachmittag den Proviant, und du gehst nach Hause und schickst Tom Ling zu mir.« William seufzte. »Ich brauche einen guten, langen Ritt, damit mein Kopf wieder klar wird. Es ist noch trocken genug, um durchzukommen.«
Yorkey nickte. »Der Regen kommt dieses Jahr spät.«
Harriet kleidete sich langsam an und wartete dabei auf Myles. Als er eintraf, setzte sie einen großen Hut auf und eilte zum Tor, damit es aussah, als begegneten sie sich zufällig.
»Er ist aus dem Schlafzimmer ausgezogen«, sagte sie drängend.
»Ich weiß. Gestern Abend hat er mich praktisch aus dem Haus geworfen.«
»O Gott, weiß er Bescheid?«
»Nicht wirklich, aber er hat so seine Vermutungen.«
»Was hat er denn gesagt?«
»Egal, wir müssen einfach vorsichtiger sein«.
Harriet
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