Tal der Träume
selbst hingegen empfand den gleichen Schmerz wie damals, als er seine geliebte Emily May verloren hatte. Seine Trauer lebte wieder auf, denn Emily May hätte sich niemals so gegen ihn gewandt.
Maudie wusste also Bescheid, und andere hegten den gleichen Verdacht. Jetzt musste er, der gehörnte Ehemann, etwas unternehmen. Aber was? Sie zur Rede stellen? Und wenn sie es nun abstritten?
Und wenn nicht?
»Jesus!«, rief er, den Tränen nahe. William hatte Angst, sich vor ihnen zum Narren zu machen. Seine angegriffenen Nerven würden der Situation nicht standhalten. Er zog die Schreibtischschublade auf, wollte die Whiskyflasche herausholen und schob sie rasch wieder zurück.
»Das darf nicht wieder anfangen. Irgendwie muss ich die Sache durchstehen. Verdammt!«
Der Zorn war ungefährlicher und befreiender. Er ging die verschiedenen Möglichkeiten durch. Zorn würde den Tränen Einhalt gebieten. Er könnte nach Hause gehen und Myles hinauswerfen. Samt Harriet. Warum nicht? Dann hätte er die Sache in der Hand. Sollten sie ihre Geschichte doch erzählen. Und dann? Sollte er dabei zusehen, wie sie zusammen sein Haus verließen? Sein Haus und den erbarmenswerten Mann darin, der ein leeres Leben vor sich hatte.
Die Wände seines Büros schienen auf ihn einzudringen. Er rang nach Luft, konnte kaum atmen. Er ergriff seinen Hut und stürmte ziellos aus dem Büro. Er wollte einfach laufen und nie mehr stehen bleiben. Doch als er an der Kirche vorbeikam, schoss Reverend Walters auf ihn zu.
»Mr. Oatley, auf ein Wort bitte! Hat Zack Hamilton schon mit Ihnen gesprochen?«
»Nein. Worüber denn?«, fragte William kurz angebunden. Er war nicht in der Stimmung für ein Gespräch mit dem Geistlichen. Mit diesem Mann, der Harriet Oatley jeden Sonntag Treue predigte. Einer Heuchlerin, die sich als gute Christin ausgab. Alles Zeitverschwendung.
»Es geht um das Grundstück neben Ihrem. Wir hatten gehofft, Sie würden Ihre Einwände gegen unseren Kirchenbau noch einmal überdenken.«
William starrte ihn an, ohne wahrzunehmen, was er sagte. Dann war ihm plötzlich alles egal.
»Machen Sie doch, was Sie wollen!«, brüllte er. »Bauen Sie, was Ihnen gefällt. Ich verkaufe das Haus!«
Walters überschüttete ihn mit Dank, doch William beachtete ihn gar nicht. Er hatte sich selbst mit dieser Ankündigung überrascht, doch nun schien es ihm eine gute Idee. Er würde ohnehin nie wieder glücklich darin werden, sie hatten alles zerstört. Angetrieben von der Energie, die ihm diese Entscheidung verlieh, eilte William zurück ins Büro, um mit Leo zu sprechen.
Sein Sekretär war verblüfft. »Du willst dein Haus verkaufen? Warum denn nur?«
»Weil ich mich zurückziehe.«
»Was? Vom Geschäft?«
»Ja, aber keine Sorge, ich lasse dich nicht hängen. Ich dachte, du möchtest die Agentur vielleicht übernehmen.«
»Als was? Geschäftsführer oder Eigentümer?«
»Das liegt bei dir.«
Leo beugte sich vor und sah seinen Boss an. »Meinst du das ernst?«
»Gewiss doch.«
»Und wie passt Myles in dieses Bild?«
William schaute sich um. »Ich sehe keinen Myles. Du etwa?«
»Nein, aber …«
»Nichts aber. Myles hat kein Interesse an der Firma, sie ist für ihn nur ein Zeitvertreib, wenn er nichts Besseres zu tun hat.«
Leo nickte vorsichtig. Sicher, Myles hatte seit seiner Heimkehr nur wenig Zeit im Büro verbracht, und der Sekretär hatte sich bei den seltenen Besuchen geärgert, da er nur einen Boss anerkannte. Dennoch, Myles war der Sohn und Erbe, und die Wendung der Ereignisse überraschte ihn. Es passte nicht zu William Oatley, derart unvermittelte Entscheidungen zu treffen. Leo fragte sich, ob William von den Gerüchten über Harriet und Myles erfahren hatte, die in der Stadt kursierten, Gerüchte, die Leo empört von sich gewiesen hatte.
Er spielte auf Zeit, suchte nach seiner Pfeife und zündete sie an, während die Zahlen durch seinen Kopf wirbelten. Er konnte es nicht wagen, als Geschäftsführer tätig zu werden, solange Myles in den Kulissen wartete. Ihre Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. In diesem Fall konnte der Sohn sich jederzeit einmischen. Und wenn nun, was Gott verhüten mochte, William etwas zustieße? Leo wusste, dass Myles ihm augenblicklich den Stuhl vor die Tür setzen konnte.
»Wie viel willst du verlangen?«, erkundigte er sich, während er im Geiste sein Vermögen und sein nicht unbeträchtliches Aktienportfolio addierte.
»Das weißt du besser als ich«, sagte William. »Ich verkaufe nur
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