Tal der Träume
lächelte einige Passanten strahlend an, und Myles grüßte, bevor er sie wieder anschaute.
»Du bist heute Morgen ganz besonders schön. Vermutlich aus Freude darüber, dass du ihn aus deinem Bett hast. Schade, dass ich nicht zu dir kommen konnte.«
»Bitte nicht, Myles«, flüsterte sie. »Was sollen wir nur machen? Ich kann es nicht mehr lange ertragen. Warum sprichst du nicht in aller Ruhe mit deinem Vater, damit wir es hinter uns bringen können.«
»Worüber denn?«
Sie wurde allmählich wütend. »Stell dich nicht so dumm. William muss es irgendwann erfahren. Du könntest es ihm wenigstens schonend beibringen.«
»Von wegen, er würde uns beide hinauswerfen.«
»Ich weiß, das wäre furchtbar. Aber wir könnten auf die Millford Station ziehen, davon hast du schon so oft gesprochen. Warum fahren wir nicht einfach jetzt? Ich habe solche Schuldgefühle wegen William.«
»Und du meinst, das würde helfen? Harriet, du hörst mir nicht zu. Diese Station ist derzeit an den Verwalter und seine Frau verpachtet. Ich könnte zwar dort hinfahren, aber wenn ich dich mitnehme, dürfte der Empfang nicht allzu herzlich ausfallen. Ich habe den Pachtvertrag geprüft, er läuft noch sechs Monate.«
»Sechs Monate! Nein, ich kann das hier keine sechs Monate mehr ertragen, Myles! Ausgeschlossen.« Sie war den Tränen nahe, hielt aber für Vorübergehende den Schein einer freundschaftlichen Unterhaltung aufrecht.
»Was wäre denn die Alternative? Soll ich jetzt schon abreisen? Ich liebe dich und möchte so lange wie möglich bei dir bleiben.«
»Ich weiß es auch nicht«, antwortete sie niedergeschlagen. »Vielleicht wäre es das Beste.«
»Damit du in der Zwischenzeit mit ihm turteln und mich darüber vergessen kannst«, erwiderte Myles schroff. »Bin ich dir lästig geworden?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Dann hör auf, dir Sorgen zu machen. Ich habe eine gute Entschuldigung, wenn ich bis zum Ende der Regenzeit bleibe. Danach zeige ich mich als pflichtgetreuer Sohn und lerne das Geschäft auf der Station von der Pike auf, bis ich den Besitz offiziell übernehmen kann. Sobald ich die Pacht habe, kannst du zu mir ziehen, daran wird uns niemand hindern. Ich werde auf einem Fünf-Jahres-Vertrag bestehen, bis dahin dürfte sich das Aufsehen endgültig gelegt haben.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja. Und nun ab in die Stadt mit dir, wir können nicht den ganzen Tag hier stehen.«
Er sah ihr nach, wie sie die Straße entlangging, und wünschte, er hätte sie an Ort und Stelle umarmen können. Sie war schön und hatte eine herrliche Figur. Warum hatte ihr in Perth niemand Beachtung geschenkt? Andererseits war sie damals auch nur die unscheinbare Tochter eines Bankdirektors gewesen, die sich inzwischen prächtig entwickelt hatte. Er beneidete seinen Vater, ärgerte sich über die Ungerechtigkeit, dass ein alter Mann wie William Nacht für Nacht in ihrem Bett verbringen konnte, während er selbst auf die seltenen Gelegenheiten warten musste, wenn sie allein waren. Erst vor drei Tagen hatten sie sich in einer abgeschiedenen Ecke des Botanischen Gartens geliebt, wo die tropischen Pflanzen am dichtesten wuchsen, und sie hatte gestöhnt und seinen harten, durchtrainierten Körper genossen. Er fragte sich, ob sie sich in Williams muffigem Schlafzimmer jemals so hatte gehen lassen.
Doch die Lage war nicht so einfach, wie er es dargestellt hatte. Wohin er auch schaute, William hielt überall die Zügel fest in der Hand und den Daumen auf dem Geld. Er konnte zwar auf Millford arbeiten, aber würde sein Vater ihm die Pacht jetzt noch geben? Trotz seines forschen Auftretens am Vorabend hatte Myles in den Augen seines Vaters zum ersten Mal echte Härte entdeckt, eine Erfahrung, die ihn zutiefst beunruhigt hatte. Deshalb war er zum Frühstück in das chinesische Café gegangen und hatte sich zu Hause im Billardzimmer aufgehalten, bis William sein Büro aufsuchte.
Was sollte er machen? Es gab verschiedene Möglichkeiten, die jedoch allesamt eine Trennung von Harriet bedeuteten. Doch er war in sie verliebt, geradezu verrückt nach ihr. Sein Vater hatte im Leben alles mühelos erreicht, seine glückliche Ehe mit Mutter war ihm in den Schoß gefallen. Konnte er denn nicht einmal verlieren? Würde es ihn so sehr schmerzen? Wie konnte ein Mann erwarten, sein Glück werde ewig dauern? Ohne ihn, dachte Myles boshaft, hätte Harriet sich vielleicht in einen Jüngeren verliebt, sie war doch reif für eine Beziehung gewesen.
Schließlich
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