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Tal der Träume

Tal der Träume

Titel: Tal der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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wohin sie gingen. Falls Yorkey jemals zurückkam, würde Gopiny ihn hier entlang schicken. Er diskutierte ausgiebig mit seinen Männern über die vorteilhaftesten Positionen zur Verteidigung. Das gefiel ihnen, es lenkte sie von dem langen Warten ab.
    Doch an diesem Abend ging eine regelrechte Sintflut auf sie nieder. Sie krochen zwischen Felsen und Bäume, die zwar Verstecke, aber keinen Schutz vor dem Regen boten.
    Am Morgen verlangten die Männer, hinauf zu Gopiny zu gehen, der trocken in seiner Höhle säße, doch Garradji weigerte sich mit dem Argument, der Aufstieg sei zu schwer für ihn. Die Männer murrten. Garradji nützte ihnen ohnehin nicht, er war nur ein zusätzlicher Esser, und um sie zu beschwichtigen, ging Mimimiadie auf die Forderungen ein. Dennoch behagte es ihm nicht, einem Zauberer zu widersprechen, und er erklärte dem alten Mann mit erzwungener Freundlichkeit, dass es ihm freistehe, zu gehen.
    Garradji brüllte vor Wut. »Du undankbare Ratte! Als du nach Numinga gesucht hast, brauchtest du mich, und jetzt stößt du mich beiseite. Wage es nur, mich zu verbannen, dann werden die Würmer dein Herz fressen.«
    »Nein, nein, nein, ich dachte nur, du würdest lieber nicht mitkommen. Es ist mir eine Ehre, dich dabei zu haben, dein Rat ist unschätzbar für mich. In diesem Wald gibt es Buschtruthähne, die Jungen sollen einen für dich fangen. Schau nur, die Sonne scheint, es wird schön hier.«
    Doch Garradji hörte nicht zu. Sein verwittertes Gesicht erbleichte, sein Mund klappte auf. Wie wild suchte er auf dem Boden nach einer Hand voll rotem Schlamm und schmierte ihn auf seine Zunge, hustete und würgte, als etwas davon in seine Kehle geriet.
    Mimimiadie starrte ihn an. »Was tust du da?«
    »Wiedergutmachung«, murmelte er, spuckte und klatschte sich Schlamm auf Stirn und Wangen, der wie eine Maske eintrocknete.
    »Weshalb?«
    »Weil ich den Namen des Englisch Sprechenden genannt habe.«
    »Du meinst …«
    Garradji schlug ihm die Hand vor den Mund. »Sag nichts! Sprich ihn nicht aus. Er ist tot. Auf dem Weg in die Traumzeit.«
    Seine Lider schlossen sich, er verfiel in eine Art Trance, saß mit erhobenem Kopf im Schneidersitz da und stimmte ein leises Klagelied an.
    Mimiadie kannte diesen uralten Gesang mit dem vertrauten Rhythmus: ein Trauerlied für die Toten. Er zweifelte keine Sekunde an Garradjis Worten, sondern sprang auf, packte das Seil an Oatleys Hals und führte ihn weg.
    »Was war das eben?«, fragte William, während Mimimiadie verwirrt nach einer Unterbringungsmöglichkeit für ihn suchte. Er schaute hoch und entdeckte einen schlanken Eukalyptus, der auf einem Vorsprung über ihnen wuchs. Mit grimmiger Miene zerrte er Oatley den Hang hinauf, prüfte den Baum, befand ihn für gut und band seinen Gefangenen daran fest. Er war an dieser Stelle dem Wetter ausgesetzt und für jeden Vorbeikommenden sichtbar.
    »Was zum Teufel soll das?«, fragte Oatley. »Du kannst mich nicht hier lassen, es ist zu viel zu heiß.«
    Mimimiadie beachtete ihn nicht. Er rannte hinunter und sah zu Oatley hinauf, der reglos vor dem Baum stehen musste. Er schätzte die Entfernung. Ja, falls ihn keine Kugel traf, würde ein Speer diese Aufgabe erledigen.
    Er wusste nicht, was mit Numinga geschehen war, doch er war sicher, dass keine natürliche Todesursache dahinter steckte. Wenn man sie angriff, würde auch dieser Mann keines natürlichen Todes sterben. Er wäre der Erste, den es traf. Er gab die Hoffnung auf, seinen Sohn wieder zu sehen, und der Krieger in ihm tobte vor Zorn. Die Zeit der Trauer war vorbei, nun war er bereit zum Kampf. Vergeltung! Er ergriff einen seiner Speere und rannte zu seinen Männern hinüber. Sobald sie hörten, dass Numinga tot war, bewaffneten auch sie sich mit Speeren und Gewehren und hefteten den Blick auf den schmalen Weg, der zur Hauptstraße führte. Endlich tat sich etwas.
     
    Zum Spaß hielt sich niemand in Pine Creek auf. Die Bahnarbeiter, die Mitarbeiter der Telegrafengesellschaft, einige Ehefrauen und Polizisten freuten sich alle auf den Tag, an dem sie von der Pflicht in dieser elenden Stadt entbunden wurden. Der Kolonialwarenladen verkaufte alles von Proviant bis zu Sätteln, und dem Besitzer gehörten auch die Stallungen. Er war außerdem Schmied, und seine Frau betrieb die Poststelle. Hier floss die Zeit so langsam dahin, dass man sagte, über Pine Creek flögen die Krähen rückwärts. Die einzige Entspannung bot das schäbige Pub, in dem sich alle trafen. Die Theke

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