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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch ein Problem. Konnte man einen Flugzeugmotor in einen Generator umbauen?
    Pater Lucius schien wirklich auf Gott zu vertrauen. Er setzte sich auf einen der Klappstühle mit dem Markisenstoffbezug, stützte den Kopf in beide Hände und schlief nach einer Viertelstunde ein.
    Er erwachte, weil es hell um ihn war, schrak hoch, sah sich von Nebelschwaden umhüllt, die vom Fluß herüber- und an den Berghängen hinaufzogen, und drehte sich mit einem plötzlich merkwürdigen Gefühl im Nacken zu der grünen Wand des Urwalds um.
    Mit einem tiefen Erschrecken starrte er auf das Bild, das sich ihm bot.
    Auf den toten Baumstämmen, diesen gebleichten Gerippen aus Holz, hockten kleine, fast schwarze Gestalten, mindestens hundert mochten es sein. Sie hockten stumm und bewegungslos da und blickten auf das Zeltlager. Ihre Gesichter waren rundum mit gelber Farbe bemalt, der Hals leuchtete rot, und Muschelketten in mehreren Reihen schlangen sich um den Nacken, Amulette aus Eberzähnen, Brustschilde aus Knochen; kunstvoll gesteckte bunte Federn türmten sich zu bizarren Gebilden auf den Köpfen. Viele hatten ihre Nasen mit dünnen langen Knochen durchbohrt, um die Hüften flatterte ein Lendenschutz aus langen, spitz zulaufenden Blättern, die von einem kunstvoll geflochtenen, bunten Bastgürtel gehalten wurden. Als Zierde hingen an diesen Gürteln größere Knochen, und um die Waden und die Unterarme hatten sie lederartige Manschetten geschnallt, zum Teil mit roter oder gelber Bemalung.
    Pater Lucius rührte sich nicht. Er kam gar nicht auf den Gedanken, seinen Knaller zu zünden – regungslos starrte er auf die ebenso regungslosen Wilden und wußte: Die dicken Knochen sind Menschenknochen, und die Ledermanschetten sind gegerbte Menschenhaut. »Gott, jetzt kommt Deine Stunde«, flüsterte er in sich hinein. »In Deine Hände lege ich unser Leben.«
    Reißner war der erste, der im Zelt aufwachte, den Kopf durch den Eingangsschlitz steckte, die bemalten und geschmückten Papuas auf den toten Baumstämmen erblickte und sofort wieder im Zelt verschwand.
    »O du Scheiße!« stöhnte er, beugte sich über Kreijsman und rüttelte ihn wach. »Fred, wachen Sie auf! Wie kann man nur so schlafen! Fred, sie sind da! Sie hocken auf den Baumstämmen wie große Hühner!«
    »Was?« Kreijsman zuckte hoch, als habe man ihn in den Hintern gestochen. Mit einem geradezu irren Blick, der die Situation noch nicht voll begreifen konnte, stierte er Reißner an. »Was sagen Sie da?«
    »Unsere Kopfabschneider warten auf uns.«
    »Wo ist Leonora, wo sind die anderen?«
    »Die schlafen noch. Ich bin der erste, der aus dem Zelt geblickt hat.«
    »Und Pater Lucius, hat der nicht Wache?«
    »Er wird jetzt niederknien und beten«, sagte Reißner mit plötzlich heiserer Stimme. Nein, du hast keine Angst, John Hannibal. Du hast eine MPi. Wo hast du sie? Bei Pater Lucius ist sie, und da kommst du jetzt nicht ran. O Scheiße, Scheiße! Nur keine Panik, hörst du, nur das nicht! Du hast keine Angst. Du mußt jetzt raus aus dem Zelt, zu Leonora hinübergehen und so tun, als seien die Wilden gar nicht vorhanden. Verdammt, warum hat der Pater keinen Alarm gegeben? Da sitzt er auf einer Kiste voller Feuerwerkskörper, und nichts geschieht. Reißner richtete sich auf und tat einen Schritt zum Zelteingang.
    Kreijsman, der noch immer in seinem Schlafsack lag, hielt ihn am Hosenbein fest. »Wo wollen Sie hin?«
    »Raus, zu Leonora.«
    »Wollen Sie sich abschießen lassen?«
    »Ob jetzt oder in zehn Minuten, das ist doch egal. Kommen Sie mit?«
    Kreijsman nickte. Er erhob sich ächzend, zog seine Hose an, strich sich über das Stoppelkinn, zog den Eingangsschlitz auseinander, sah die zum Fürchten bemalten Papuas und zuckte, wie vorher Reißner, zurück.
    »Nicht in die Hose scheißen!« sagte Reißner rauh. »Wer Diamanten suchen will, muß schon was ertragen können.«
    »Warum rührt sich Pater Lucius nicht?«
    »Was weiß ich. Vielleicht liegt er schon pfeilgespickt neben meiner MPi. Das ist ja der Mist. Wenn ich sie jetzt hier hätte, könnte ich losrattern, wenn der erste Pfeil uns entgegenfliegt. Ich frage mich nur: Worauf warten die Kerle? Warum greifen sie nicht an? Leichter, als uns im Schlaf umzubringen, bekommen sie es nie wieder.« Reißner hob den Eingangsvorhang auf.
    Kreijsman spreizte die Finger, als habe er in etwas Klebriges gegriffen. »Sie wollen wirklich hinaus?«
    »Wenn denen noch unklar ist, ob wir Menschen oder Götter sind, dann sollen sie's jetzt

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