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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wissen. Ich werde ihnen einen tollen Gott vorspielen.«
    »Was haben Sie vor, John Hannibal?«
    »Ich will zuerst zu meiner MPi. Wenn ich die in der Hand habe, ist mir wohler. Und dann sehen wir weiter.« Er schlüpfte ins Freie, warf nicht einen Blick auf die auf den toten Bäumen hockenden Papuas, sondern ging, als sei er ganz allein, mit ruhigen Schritten hinüber zu dem Platz, wo Leonora die Küche aufgestellt hatte. Dort sah er, wie Pater Lucius regungslos neben den Lampenständern stand, die MPi zu seinen Füßen.
    »… und Lots Weib erstarrte zur Salzsäule«, sagte Reißner. »Geweihter Mann, warum haben Sie keinen Laut gegeben?«
    »Ich will alles vermeiden, was die Wilden erschrecken könnte«, antwortete der Pater.
    »Seit wann hocken sie denn da? Waren sie plötzlich da?«
    »Ich weiß es nicht.« Das klang ausgesprochen kläglich.
    Reißner sah Pater Lucius erstaunt an. »Sie haben nichts bemerkt?«
    »Nein.«
    »So lautlos waren sie?«
    »Ich … ich habe geschlafen.«
    »Warum auch nicht?« Reißner troff vor Spott. »Der liebe Gott hat sicherlich die Wache übernommen.«
    »Ihr Sarkasmus hilft uns nicht weiter. Irgend etwas müssen wir tun.«
    »Da haben Sie recht.« Reißner bückte sich und nahm seine MPi von der Erde auf.
    Pater Lucius wedelte verzweifelt mit der rechten Hand. »Um Gottes willen, schießen Sie nicht, John Hannibal! Tote haben noch nie zur Verständigung beigetragen.«
    »Ich schieße nur, wenn die Gelbgesichter zuerst anfangen. Aber eine Frage: Wozu haben Sie Ihren Kanonenschlag in der Tasche? Wenn Sie den jetzt werfen, fallen die Bemalten von ihren Baumstämmen.« Er streckte die Hand aus. »Geben Sie mir den Knaller! In zwei Minuten sind wir Götter.«
    Zögernd griff Pater Lucius in seine Hosentasche, holte das verschnürte blaue Päckchen mit der kleinen Zündschnur hervor und drückte es Reißner in die Hand.
    Reißner fingerte aus seiner Hose ein Gasfeuerzeug und hängte sich die Maschinenpistole an dem Lederriemen um den Hals.
    »Und was tun Sie, wenn sie genau entgegengesetzt reagieren und angreifen?« fragte Pater Lucius gepreßt.
    »Dann haben wir erstens Pech gehabt, und zweitens kommen sie an uns nur heran, wenn ich das Magazin leergeschossen habe. Das kostet sie eine Menge Krieger.« Reißner ließ das Feuerzeug aufschnappen, die kleine Flamme züngelte unruhig. Schon das mußte für die scharf beobachtenden Papuas ein Wunder sein: Aus den Fingern der seltsamen bleichen Gestalten wuchs Feuer.
    Reißner hielt die Flamme an den Zünder und bog sich dann beim Werfen weit in den Hüften zurück. Zischend und kleine Sterne von sich schleudernd fiel der Knaller ungefähr vier Meier vor den toten Bäumen auf die Erde, und plötzlich hatten die Papuas grell bemalte Schilde in den Händen und hielten sie vor sich hin. Von irgendwoher gellte ein Schrei. Ein Kommando für die Krieger?
    Der Donnerschlag war wirklich eine Wucht. Selbst Reißner zuckte zusammen, als der Knallkörper explodierte und sich beim Zerplatzen von der Erde abhob.
    Die Papuas waren verschwunden – es war, als seien sie nach hinten von den Baumstämmen gekippt. Zynaker, Schmitz und Kreijsman stürzten aus ihren Zelten, Samuel riß den Vorhang zu Leonoras Zelt auf und verschwand im Inneren.
    »Volltreffer«, sagte Reißner genußvoll. »Wenn ich schon erschrecke, muß bei den Wilden die Welt untergehen. Was haben Sie noch in Ihrer Zauberkiste, Pater? So einen im Zickzack herumzischenden Knallfrosch?«
    Zynaker war der erste, der Lucius und Reißner erreichte. »Seid ihr verrückt geworden?« schrie er. »Wollt ihr die Kopfjäger anlocken?«
    »Sie sind schon da.« Lucius wischte sich über die Augen. »Vielleicht hundert. Saßen auf den loten Stämmen.«
    »Und liegen jetzt dahinter auf der Erde. Der Donnergott hat zugeschlagen.«
    »Und jetzt?« brüllte Zynaker.
    »Abwarten.« Reißner nahm seine MPi wieder in Anschlag. »Wir waren uns klar darüber, daß die erste Begegnung mit den Urmenschen dramatisch wird. Und wer zuerst zuschlägt, hat meistens die besten Chancen. Meistens.«
    Nun kam auch Leonora aus ihrem Zelt, gefolgt von Samuel, der hinter ihr herschlich und nach allen Seiten sicherte wie ein verfolgtes Wildtier. Er hatte eine Machete in der Hand, aber was nutzt ein großes Haumesser gegen Pfeile und Speere?
    »Samuel sagt, wir seien umzingelt«, sagte Leonora mit völlig ruhiger Stimme. Nicht einen Funken Angst sah man ihr an, im Gegensatz zu Kreijsman, der nervös an seinem Hemd und an seinem

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